Hamburg. Die Gewerkschaft zeigte sich mit dem Streik am Dienstag zufrieden: Fast alle Lufthansa-Flüge wurden gestrichen.

Beim Warnstreik bei Lufthansa Technik in Hamburg streikte auch ganz buchstäblich die Technik: Während der Kundgebung vor dem Haupteingang des Unternehmens hatte der Lautsprecher der Gewerkschaft Ver.di einige Aussetzer. Der Stimmung unter den rund 500 Teilnehmern tat das keinen Abbruch. Mira Ball, Gewerkschaftssekretärin für den Bereich Luftverkehr bei Ver.di Hamburg, zeigte sich zufrieden mit der Wirkung, die der bundesweite ganztägige Warnstreik des Bodenpersonals auf den Konzern hatte: „Heute läuft nichts.“

Zu der Kritik an der Gewerkschaft, schon nach nur zwei Tarifverhandlungsrunden derart umfängliche Arbeitsniederlegungen angesetzt zu haben, sagte Ball: „Wir hatten schon drei Jahre lang keine Lohnerhöhung. Wir haben genug Geduld gehabt – da muss man nicht ewig reden.“ Wenn die Lufthansa in der nächsten Woche nicht ein „anständiges Angebot“ vorlege, „können wir noch anders.“

Flughafen Hamburg: „Die Hallen sind ziemlich leer“

Ver.di fordert 9,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 350 Euro mehr pro Monat, was für niedrigere Lohngruppen ein Plus im deutlich zweistelligen Prozentbereich bedeuten würde. „Ständig hört man, das sei eine viel zu hohe Forderung“, sagte Tanja Chawla, Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Hamburg, „aber wenn wir sehen, wie teuer die Butter geworden ist, dann ist doch ganz klar, dass die Forderung gerechtfertigt ist.“ Chawla sprach den Streikenden Mut zu: „Nur das, was ihr hier tut, scheint irgendwie zu wirken.“

Ein Unternehmenssprecher von Lufthansa Technik räumte ein, der Werkstättenbetrieb werde durch den Warnstreik erheblich beeinträchtigt: „Die Hallen sind ziemlich leer.“ Bestenfalls 20 Prozent des Personals seien am Arbeitsplatz. Akute Störungen gibt es beim Versand von Ersatzteilen an Airline-Kunden, weil auch die Tochterfirma Lufthansa Technik Logistik in den Streik einbezogen war.

Demonstranten zogen weiter zum Flughafen

Nach der Kundgebung vor dem Eingangstor der Luftwerft zogen die Demonstranten weiter zum Flughafen. Zwar hat die Lufthansa dort kaum noch Beschäftigte, weil die Station in Hamburg – so wie auch an anderen Flughäfen außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München – bereits im vorigen Jahr geschlossen wurde und zum Beispiel der Check-in an externe Dienstleister ausgelagert worden ist. Ver.di wollte aber offenbar auch gegenüber den Passagieren unmittelbar Flagge zeigen.

Nur einer der regulär vorgesehenen 21 Lufthansa-Flüge nach Frankfurt und München sollte am Mittwoch laut dem Sonderflugplan der Kranich-Airline in Hamburg abheben können. „Die Lage ist ruhig – die Lufthansa-Passagiere wurden gut informiert“, sagte die Flughafensprecherin Janet Niemeyer.

Reisende auf Alternativen angewiesen

Nicht alle Betroffenen empfanden das so. So hatte der 28-jährige Felix aus Montreal am Dienstag eine Stornierungs-Mail erhalten, mit dem Hinweis auf weitere Optionen, die in Kürze folgen würden – doch die seien nicht gekommen, sagt er. Telefonisch habe er niemanden erreichen können und die Lufthansa-Internetseiten seien nicht hilfreich gewesen. Deshalb sah er sich gezwungen, am Mittwoch persönlich vor Ort zu erscheinen. Mit Erfolg: Er kann am Sonnabend einen Flieger nach Montreal nehmen – ohne Extrakosten.

Catherine Whitehead dagegen kam noch am Mittwoch trotz des Warnstreiks an ihr Ziel. Eigentlich wollte sie mit Lufthansa nach München und von da aus weiter nach Sevilla fliegen. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, die Airline am Dienstag telefonisch zu erreichen, wurde ihr nach einigen Stunden eine Alternative mit mehreren Zwischenstopps ange­boten. Die so entstandene Verspätung nimmt sie entspannt: „It’s not the end of the world“ – es sei nicht das Ende der Welt.

Ersatzflug kann deutlich später ankommen

Grundsätzlich sind Fluggesellschaften nach Angaben des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) verpflichtet, bei streikbedingt gestrichenen Flügen eine Ersatzbeförderung anzubieten. Alternativ können die betroffenen Kundinnen und Kunden auch auf den Flug verzichten und sich den Preis für das bereits bezahlte Ticket erstatten lassen. Dafür hat die Airline sieben Tage Zeit.

Wünschen Reisende eine Ersatzbeförderung, sollten Betroffene demnach beim Unternehmen auch aktiv darauf drängen. Die Verbraucherschützer weisen zugleich darauf hin, dass diese Option bedeuten kann, wesentlich später als geplant abzuheben. Es kann durchaus dazu kommen, dass ein Ersatzflug erst einen oder mehrere Tage später organisiert werden kann.

1000 Flüge in Frankfurt und München gestrichen

Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im vergangenen Jahr kann eine Fluggesellschaft, wenn ihr eigenes Personal streikt, zwar unter Umständen zur Zahlung einer Entschädigung für die Verspätung verpflichtet sein. Der Anspruch auf die Ausgleichszahlung entfällt jedoch, wenn die Airline nachweislich alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Nachteile für Passagiere so gering wie möglich zu halten.

Insgesamt hatte die Lufthansa für den Mittwoch gut 1000 Flüge in Frankfurt und München gestrichen. 134.000 Passagiere mussten ihre Reisepläne ändern oder aufgeben. Am Flughafen Frankfurt wurden 725 von insgesamt 1160 geplanten Flügen abgesagt, sagte ein Sprecher des Betreibers Fraport. Es waren auch Flüge anderer Gesellschaften betroffen, die vom Lufthansa-Bodenpersonal mitbetreut werden. Einzelne Ausfälle und Verspätungen sind laut Lufthansa auch am Donnerstag noch möglich. Für Hamburg waren aber vorerst keine Streichungen bekannt.

Flughafen Hamburg: Verhandlungsrunde für Mittwoch angesetzt

Bis zur nächsten Verhandlungsrunde am kommenden Mittwoch will Ver.di nach Angaben der Verhandlungsführerin Christine Behle zu keinem weiteren Warnstreik aufrufen. Aus dem Umfeld des Lufthansa-Konzerns hieß es, die Tarifforderung und das Angebot des Unternehmens lägen gar nicht so weit auseinander, es werde in jedem Fall ein für die Beschäftigten guter Abschluss herauskommen. Dennoch sei die Taktik der Gewerkschaft nachvollziehbar: Sie könne dann behaupten, das Resultat durch den Warnstreik erstritten zu haben.