Hamburg. Harald Vogelsang wagt einen Blick in die Zukunft und verrät, dass sich die Kundschaft auf weitere Neuerungen einstellen muss.
Seit fast vier Jahren verlangt die Hamburger Sparkasse Strafzinsen von Privatkunden, auch wenn zunächst nur große Vermögen ab 500.000 Euro betroffen waren. Doch jetzt steht nach Einschätzung von Haspa-Chef Harald Vogelsang ein Ende des Negativzinses kurz bevor.
„Die Anzeichen verdichten sich, dass die Europäische Zentralbank im Juli oder September in einem Schritt ihren Einlagenzinssatz von minus 0,5 Prozent auf null setzt“, sagt Vogelsang im Gespräch mit dem Abendblatt. „Dann schaffen wir den Negativzins umgehend ab.“ Seit Mai 2021 liegt die Freigrenze für Haspa-Kunden bei 50.000 Euro, damit sind nun deutlich mehr Sparer betroffen als bei der Einführung des Strafzinses.
Auf die am Geldmarkt gestiegenen Langfristzinsen hat das Institut bereits reagiert: Seit Ende April gibt es bei der Haspa für zehnjähriges Festgeld 1,70 Prozent Zinsen, bei einem Anlagezeitraum von drei Jahren sind es 0,70 Prozent – damit liegt die Haspa im bundesweiten Vergleich mit vorne. „Es ist nicht so, dass wir Geld brauchen“, sagt Vogelsang. „Wir hatten ohnehin immer einen höheren Einlagenzuwachs, als uns wegen des Negativzinsumfeldes lieb war. Wir haben die Zinsen jetzt so weit angehoben, weil langfristiges Sparen aus unserer Sicht wertvoll ist und einen attraktiven Zins verdient.“
Neben dem Thema Strafzinsen stehen weitere Änderungen auf der Agenda
Nach Auffassung des Haspa-Chefs sind nicht die vor der Abschaffung stehenden Negativzinsen das eigentliche Problem für die Sparer, sondern die Inflation, die bei knapp acht Prozent liegt. Zwar werde sich die Teuerungsrate in absehbarer Zeit wieder reduzieren. „Wir werden es aber noch in den nächsten drei oder vier Jahren mit Preissteigerungsraten von bis zu vier Prozent zu tun haben“, erwartet Vogelsang. „Damit bleiben die Realzinsen negativ. Das trifft besonders die Deutschen, denn sie haben meist zu wenig Geld in Immobilien und Aktien angelegt.“
Allerdings steigen auch die Bauzinsen. Sie liegen derzeit im Schnitt bei 2,8 Prozent für die zehnjährige Zinsbindung, werden aber nach Einschätzung von Vogelsang weiter auf 3,5 Prozent klettern. „Es deutet sich an, dass Immobilieninteressenten vor einem Kauf länger nachdenken“, sagt er. „Aber auf der anderen Seite sind auch gar nicht mehr so viele Objekte auf dem Markt, weil manche Haus- oder Wohnungsbesitzer angesichts der Inflation und des Krieges in der Ukraine lieber an ihrer Immobilie festhalten wollen.“
Warum Häuser aus den 1950er bis 1970er Jahren an Wert verlieren
Für Verunsicherung bei Immobilienbesitzern sorgen allerdings die Klimaschutzauflagen-Pläne der Bundesregierung. Vogelsang hält die bisher diskutierten Vorgaben für zu pauschal: „Ich hoffe, dass man darüber noch einmal nachdenkt.“ Denn wenn die neuen Bestimmungen dazu führen sollten, dass ein energetisch immer noch wertvolles Haus von 1910 mit guter Bausubstanz abgerissen und ein neues gebaut werden müsste, nur weil es nicht den allerhöchsten Standard erreicht, sei das eine „energetische Katastrophe“. Aus Sicht des Haspa-Chefs sind Einfamilienhäuser aus den Jahren 1900 bis etwa 1935 mit ihrem doppelwandigen Mauerwerk so wertvoll, dass ihr Wert nicht gefährdet sein sollte. Schwieriger sei es bei Objekten aus den 1950er- bis 1970er-Jahren: „Da wird es Preisabschläge geben.“
Für die Haspa-Filialen kündigte Vogelsang eine Änderung der Öffnungszeiten an. Ab dem 20. Juni entfällt die wegen der Corona-Pandemie eingeführte Mittagsschließung zwischen 13 und 14 Uhr. Außerdem werden die Geschäftszeiten, die bisher je nach Lage der Zweigstelle sehr unterschiedlich sind, weitgehend vereinheitlicht: In „zentralen Lagen“ – das betrifft etwa 40 Prozent aller Filialen – wird künftig am Montag, Mittwoch und Freitag von 9 bis 16 Uhr geöffnet sein, in Wohnlagen von 9 bis 13 Uhr. Am Dienstag und Donnerstag schließen alle Geschäftsstellen erst um 18 Uhr. „Beratungsgespräche nach Terminvereinbarung sind aber überall im Zeitraum zwischen 8 und 20 Uhr möglich und auch herzlich willkommen“, fügt Vogelsang an. Im Vergleich zu der Situation vor Beginn der Pandemie seien die neuen Öffnungszeiten etwas kürzer. Dies soll aber keinen Einfluss auf die Mitarbeiterzahl haben.
Vogelsang kündigt weitere Filialschließungen an
Gegen Jahresende wird eine weitere der aktuell 106 Zweigstellen geschlossen – Vogelsang verrät noch nicht, welche das sein wird. Er legt jedoch Wert auf die Feststellung, dass die Sparkasse ihr Geschäftsstellennetz in den zurückliegenden Jahren deutlich weniger kräftig ausgedünnt habe als Wettbewerber wie die Commerzbank, die Deutsche Bank oder die Hamburger Volksbank. Somit verfüge die Sparkasse heute über das mit Abstand dichteste Netz in der Stadt. „Wir können uns das leisten, weil wir so viele Kunden haben und unsere Filialen noch gut besucht sind“, so Vogelsang.
Zwar werden einfache Bankdienstleistungen inzwischen weit überwiegend via Internet erledigt, wobei man ältere Kunden unterstütze, sagt der Haspa-Chef. Schon wegen der hohen Inflationsrate werde der Bedarf nach ausführlicher Beratung, die am besten im direkten Gespräch erfolge, noch zunehmen.
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90 Filialen sind bisher schon auf das sogenannte Nachbarschaftskonzept umgestaltet worden, zehn sollen noch folgen. Alle umgebauten Zweigstellen will man für mindestens zehn Jahre weiter im Bestand halten. Diese Sicherheit bringe sogar zusätzliches Geschäft, so Vogelsang: „Wir bekommen tatsächlich neue Kunden von anderen Banken, weil die sich aus vielen Quartieren der Stadt komplett zurückgezogen haben.“
Ende 2023 werden rund 1500 Haspa-Beschäftigte in das neue „Deutschlandhaus“ am Gänsemarkt umziehen, die bisherigen Bürostandorte am Adolphsplatz und am Wikingerweg gibt man auf. „Für uns war entscheidend, dass wir an einem Standort einfacher zusammenarbeiten und ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl entwickeln können“, sagt Vogelsang. „Außerdem steigern wir unsere Attraktivität als Arbeitgeber. Ich bin mir sicher, das wird sich rechnen.“ Auch wenn immer ein Teil der Beschäftigten im Homeoffice arbeite, nehme der Flächenbedarf nicht ab, weil man heute attraktivere Räumlichkeiten bieten müsse. Am Adolphsplatz wird die Haspa nur als Immobilieneigentümer engagiert bleiben: „Wir wollen diesen prominenten Standort behalten und vermieten. Aktuell prüfen wir, wie wir diesen weiterentwickeln können.“