Hamburg. Der doppelstöckige Luftgigant war nahezu komplett vom Himmel verschwunden. Doch nicht nur die Lufthansa setzt wieder auf das Modell.

Trotz des vorzeitigen Produktionsendes hat der Airbus A380 noch immer viele Fans – und die haben derzeit Grund zur Freude: Nachdem der doppelstöckige Luftgigant zu Beginn der Corona-Pandemie nahezu komplett vom Himmel verschwunden war, sind Ende Juni nach Informationen des Londoner Luftfahrt-Datenspezialisten Cirium bereits 106 Maschinen dieses Typs wieder im Liniendienst aktiv gewesen.

In den nächsten Monaten wird diese Zahl noch weiter steigen. Asiana aus Südkorea will nach eigenen Angaben einige ihrer sechs A380 demnächst wieder einsetzen und die australische Qantas hat angekündigt, bis 2024 immerhin zehn ihrer zwölf A380, die zwischenzeitlich in der kalifornischen Wüste geparkt waren, zu reaktivieren. Bei Singapore Airlines soll die Nutzung des Großjets laut Cirium bis Ende 2022 wieder nahezu das Vor-Corona-Niveau erreicht haben.

Airbus: Lufthansa holt vier bis fünf A380 zurück

Selbst bei der Lufthansa kehrt das einstige Flaggschiff zurück (das Abendblatt berichtete). Dabei hatte sich Konzernchef Carsten Spohr zuvor recht eindeutig über den Flieger geäußert. Man habe die 14 Jets „dauerhaft aus dem Betrieb genommen“, hieß es Anfang März 2021. Auf eine Analystenfrage antwortete Spohr im vergangenen August mit den Worten: „Der A380 kommt natürlich nicht zurück.“

Infografik zum Airbus A 380.
Infografik zum Airbus A 380. © HA Grafik, HA Infografik, F. Hasse | Frank Hasse

Nun hingegen sehen die Planungen des Unternehmens vor, im Sommer 2023 vier bis fünf dieser Flugzeuge wieder einzusetzen. Sie werden nach Angaben von Lufthansa-Sprecher Michael Lamberty in München stationiert sein. Das ist so entschieden worden, um einen effizienten Personaleinsatz sicherstellen zu können. Denn die Lufthansa hat derzeit nicht mehr genug Pilotinnen und Piloten, die eine noch gültige Lizenz für den A380 besitzen. Wegen der Ähnlichkeit der Cockpits dürfen jedoch Piloten des etwas kleineren Langstreckenjets A350 nach einer Zusatzschulung auch den A380 fliegen. Alle A350 der Lufthansa werden von München aus eingesetzt.

A380-Comeback: Gestiegene Passagierzahlen erfordern große Flugzeuge

So manchem Kenner der Luftverkehrsbranche mag es geradezu paradox erscheinen, dass ein vierstrahliges Schwergewicht wie der A380 jetzt bei etlichen Fluggesellschaften ein Comeback feiert. „Er ist für diese Zeiten unangemessen durstig“, sagt dazu der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt aus Hamburg. Dabei müsste dieses Argument zuletzt sogar noch an Bedeutung gewonnen haben, denn Flugtreibstoff ist aktuell mehr als doppelt so teuer wie vor Ausbruch der Pandemie.

Warum also holt Carsten Spohr den A380 nun dennoch zurück? Einer der Gründe dafür ist die zuletzt sprunghaft gestiegene Passagierzahl. Nach Daten des globalen Airlineverbandes IATA hat der Luftverkehr im Mai um 83 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zugelegt, auf internationalen Strecken lag das Wachstum sogar bei 326 Prozent. „Die Lufthansa braucht ein größeres Flugzeug als den A350“, sagt Großbongardt. Die Rolle des neuen Flaggschiffs sollte nach den Plänen von Spohr eigentlich die Boeing 777-9 spielen. Die zweistrahlige Maschine ist für rund 400 Passagiere ausgelegt, während die bei Lufthansa eingesetzten A350 um die 300 Fluggäste befördern können.

Doch aufgrund von diversen Verzögerungen bei der Entwicklung und der Zulassung wird die erste 777-9, die ursprünglich schon 2020 den Dienst aufnehmen sollte, nicht vor 2025 ausgeliefert. Andere Jets, die deutlich größer sind als ein A350, gibt es am Markt für Neuflugzeuge nicht. Zwar betreibt die Lufthansa auch vierstrahlige Boeing 747 „Jumbo-Jets“ mit 360 bis 370 Passagierplätzen, aber deren Produktion ist wie die des Airbus A380 eingestellt worden.

A380: Nur eine Notlösung für Lufthansa

„Die Reaktivierung des A380 bei der Lufthansa ist eine Notlösung“, sagt Großbongardt. Er geht davon aus, dass der große Airbus nur als „Lückenfüller“ vorgesehen ist und nicht noch lange nach Indienststellung der ersten 777-9 in den Jahren 2025/2026 in der Flotte bleiben wird. Denn nach einigen Betriebsjahren stünden wieder aufwendige Überholungen der A380-Jets an, in die der Lufthansa-Vorstand wohl nicht mehr investieren wolle. Für diese Einschätzung des Experten spricht auch, dass die Lufthansa nach Angaben von Lamberty nicht vorhat, reaktivierte A380, die noch das alte Farbkleid mit der gelben Sonnenscheibe am Leitwerk tragen, auf das neue Erscheinungsbild in Dunkelblau und Weiß umzulackieren. An der Kabinenausstattung werde man ebenfalls nichts ändern.

Allerdings ist die Rückholung eines langzeitgeparkten A380 mit erheblicher Arbeit verbunden. Die Flugzeuge werden sorgfältig überprüft und Teile, die ihr Haltbarkeitsdatum überschritten haben – etwa Notrutschen – muss man ersetzen. Dann steht eine mehrwöchige Überholung an. „Insgesamt kostet das 10 bis 15 Millionen Euro pro Jet“, schätzt Großbongardt. Sechs der 14 Lufthansa-A380, die alle im spanischen Teruel stehen, hat Airbus zurückgekauft, sie gehen ab Oktober an den Hersteller. Welche der übrigen acht Maschinen reaktiviert werden, steht noch nicht fest – es könnte durchaus auch die „D-AIML“ mit dem Taufnamen „Hamburg“ dabei sein.

Der Airbus A380 verbraucht mehr Treibstoff

Schon vor der Lufthansa haben mehrere andere Fluggesellschaften wie die japanische ANA, Korean Air Lines und British Airways ebenfalls eingelagerte A380-Jets zurückgeholt. British Airways setzt inzwischen neun der zwölf Flieger wieder ein und hat zudem den Wartungsvertrag mit Lufthansa Technik aus Hamburg bis mindestens 2027 verlängert. Dass gerade die Briten so treu zum A380 stehen, dürfte damit zu tun haben, dass ihr Luftdrehkreuz London-Heathrow im Hinblick auf die Flugbewegungen häufig nah an der Kapazitätsgrenze agiert – größere Jets bringen da Entlastung.

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Während es nach Angaben von Cirium im Juni weltweit knapp 4000 Linienflüge mit A380-Maschinen gab, sind für Januar 2023 bereits rund 6000 geplant. Ausgerechnet Air France, die nationale Fluggesellschaft eines Airbus-Gründerlandes, hat dagegen keine Pläne, den Großjet zu reaktivieren. „Der A380 verbraucht 20 bis 25 Prozent mehr Treibstoff pro Sitzplatz als Langstreckenflugzeuge der neuen Generation und stößt entsprechend mehr CO2 aus“, hieß es von Air France. Schon Ende 2019 sagte Anne Rigail, die Chefin der Fluggesellschaft, der A380 sei zu teuer, zu groß und „einfach überholt“.