Hamburg. Die Kultbäckerei gibt auf. Doch auf die Brotkreationen von Namensgeber Jochen Gaues müssen Hamburger nicht verzichten.
Broterbe Gaues, Bäcker Gaues – Kultbäcker Jochen Gaues hat schon in einer Reihe von Unternehmen, die seinen Namen trugen, sein Sylter Weißbrot, diverse Ciabatta-Sorten, Vinschgauer, Kirchhorster, mächtige Mohnkuchen, aber auch Käsekuchen mit Mandarinen gebacken und nach Gewicht verkauft. Jedenfalls für einige Jahre, dann kehrte der Bäckermeister mit Vorliebe für lange Teig-Ruhezeiten und T-Shirts mit Heavy-Metal-Motiven („Motörhead“) diesen Firmen den Rücken – und machte woanders weiter. Gerade geht das nächste mit dem Namen Gaues verknüpfte Kapitel Bäckereigeschichte in Hamburg zu Ende.
„Der echte Gaues“ gibt auf. „Wir haben ab Mitte der Woche geschlossen“, heißt es am Montag in der letzten verbliebenen Filiale am Lehmweg. Und auch Gastronomen und Verkaufsstellen in Hamburger Supermärkten werden spätestens zum 1. Juli nicht mehr beliefert.
Bäcker „Der echte Gaues“ schließt in Hamburg
„Das Amtsgericht Hannover wird am 1. Juli das Insolvenzverfahren über die Brot Manufaktur Gaues GmbH eröffnen“, sagt der vorläufige Insolvenzverwalter Simon Braun von der Insolvenz- und Sanierungskanzlei Münzel Böhm dem Abendblatt. Mit Jochen Gaues hat das nur insofern zu tun, als dass er auch diesem Unternehmen seinen Nachnamen lieh. Teilhaber oder Geschäftsführer der Brot Manufaktur sei Jochen Gaues nie gewesen, sagt Braun. Gaues wirkte bei ihr als angestellter Bäckermeister. „Herr Gaues hat das Unternehmen im Februar verlassen noch bevor im März der Insolvenzantrag gestellt wurde“, so Braun.
Der Grund dafür, dass das Unternehmen nun überschuldet und zahlungsunfähig ist, ist Gaues Abgang bei der Firma allerdings nicht. „Das Unternehmen war seit dem Frühjahr 2020 operativ tätig und hat seitdem in keinem Monat einen Gewinn erwirtschaftet“, sagt der vorläufige Insolvenzverwalter über seine Erkenntnisse in den drei Monaten seitdem er das Mandat angenommen hat. Braun bemühte sich während dieser Zeit nach eigenen Angaben auch um eine Nachfolgelösung, war auf der Suche nach Investoren allerdings erfolglos.
Gespräche mit Investor stehen an
„Eine Sanierungslösung ist gescheitert“, sagt der Rechtsanwalt. Bis zu allen Beschäftigten ist das offenbar noch nicht durchgedrungen. „Es gibt Gespräche mit einem Investor. Möglicherweise geht es in vier Wochen weiter. Vielleicht auch an diesem Standort“, heißt es am Montagmorgen in der Filiale am Lehmweg.
Laut der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (HAZ) hat die Brot Manufaktur Gaues GmbH etwa 60 Beschäftigte. Die HAZ hatte zuerst über das Insolvenzverfahren berichtet. Bislang erhielten die Beschäftigten Insolvenzgeld. Doch die Drei-Monats-Frist läuft am 30. Juni aus. Deshalb wird das Verfahren tags darauf eröffnet. Der Verkauf am Lehmweg endet schon etwas früher, damit die Angestellten noch aufräumen können. Immerhin: Die Insolvenzmasse ist nach Brauns Feststellungen ausreichend für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Gläubiger können also zuversichtlich sein, wenigstens einen Teil ihrer noch offenen Rechnungen an die Brot Manufaktur Gaues GmbH beglichen zu bekommen.
Lieferant des Bundespräsidenten
Gescheitert ist auch sie letztlich an der Corona-Pandemie. Denn neben dem Verkauf in eigenen Filialen und der Zulieferung an diverse andere Händler, die das Brot gerne mit dem Hinweis auf Jochen Gaues verkauften, war die Belieferung der – lange geschlossenen – Gastronomie ein wesentliches Standbein des vorerst letzten Bäckers mit Namensbezug zu Gaues. Das Brot nach seinen Rezepten wurde oder wird unter anderem bei Cornelia Poletto und Tim Mälzer mit auf den Tisch gestellt. Allergrößten Ruhm und Aufmerksamkeit erntete Jochen Gaues, als der damalige Bundespräsident Christian Wulff sich dessen Brot einst zu den Festivitäten im Schloss Bellevue liefern ließ.
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Nun wird neben der Hamburger Filiale eine weitere der Brot Manufaktur im Raum Hannover geschlossen. Die zweite Hamburger Filiale im Pöseldorf Center sei bereits seit Mitte Mai dicht, sagt der vorläufige Insolvenzverwalter. Eine weitere geplante am Tarpenbekufer sei nie eröffnet worden. Und eine Verkaufsstelle von „Der echte Gaues“ in der HafenCity habe nie zur Brot Manufaktur gehört. „Wir beliefern das Geschäft bereits seit einiger Zeit nicht mehr“, sagt Braun.
Bäcker „Der echte Gaues“ schließt in Hamburg – Rezepte bleiben
Dass die Brot Manufaktur Gaues GmbH und ihre Filiale am Lehmweg schließen und die Sanierung mit einem neuen Investor scheiterte, liege auch daran, dass es keine Fortführungsperspektive gebe. Dass wiederum hat mit der Odyssee von Jochen Gaues durch verschiedene Unternehmen zu tun. Überall, wo er ging, blieben seine Rezepte zurück. So betont „Backgeschwister“, der Nachfolger von „Bäcker Gaues“, man backe Brot nach den Rezepturen des früheren Namensgebers, der schon dort nicht Chef, sondern Angestellter war.
Was zugleich bedeutet: In Hamburg gibt es ab Donnerstag und bis auf Weiteres zwar keine Backwaren mehr bei einem Unternehmen zu kaufen, das Gaues im Namen führt. Brotkreationen nach Gaues’ Rezepten aber sind in der Hansestadt weiter zu haben.