Hamburg. Goldene Wasserhähne und edle Suiten: Das neue Flaggschiff der Hamburger Reederei Sea Cloud verspricht Seereisen der anderen Art.

Die Einschiffung dauert lange. Ein Corona-Test muss absolviert werden, an der Sicherheitsschleuse müssen Gürtel und Armbanduhren abgelegt werden. Das Gepäck wird durchleuchtet, Laptop extra. Wer die „Sea Cloud Spirit“ besuchen will, benötigt erst einmal Geduld. Belohnt wird man mit viel Luxus. Noch eine flache Gangway hinauf – und man steht an Deck des größten von Hand gesegelten Kreuzfahrtschiffs der Welt. Edle Hölzer bedecken die Aufbauten. Die Seilwinden (Winschen in Seglersprache) sind blankgewienert, der Schiffsname prangt auf jeder.

Das Segel- und Kreuzfahrtschiff „Sea Cloud Spirit“ ist erstmals in Hamburg eingelaufen.
Das Segel- und Kreuzfahrtschiff „Sea Cloud Spirit“ ist erstmals in Hamburg eingelaufen. © dpa | Ulrich Perrey

Die „Sea Cloud Spirit“ ist das neue Flaggschiff der Hamburger Reederei Sea Cloud Cruises, und sie verspricht Seereisen der etwas anderen Art. Trotz seiner schieren Größe – der Windjammer ist 138 Meter lang – beträgt die Kapazität des Dreimast-Vollschiffs nur 136 Passagiere, die sich auf insgesamt 69 Außenkabinen verteilen. Davon haben 25 einen eigenen Balkon, was eine absolute Rarität auf Segelschiffen ist. „Klasse statt Masse“ lautet das Motto, mit dem sich die Reederei vom Rest der Branche abheben will.

„Sea Cloud Spirit“: Hamburger Hafen empfängt Segelschiff

Am Vorabend war das schneeweiße Segelschiff in Hamburg eingelaufen, und zwar mit einem feierlichen Empfang, den man sonst nur vom Erstanlauf der „Queen Mary 2“ her kennt oder von der Ankunft großer Luxusliner nach Transatlantikreisen vor 100 Jahren, mit Tausenden Schaulustigen, inklusive Blaskapelle am Pier.

Standard auf der „Sea Cloud Spirit“: Vergoldete Wasserhähne.
Standard auf der „Sea Cloud Spirit“: Vergoldete Wasserhähne. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto S

„Hamburg hat ein neues, schwimmendes Wahrzeichen“, sagt Daniel Schäfer, Geschäftsführer bei Sea Cloud, bei der Begrüßung der Gäste auf dem Lido-Deck. Er ist noch ganz berauscht von der Ankunft am Vorabend. „Wir danken Hamburg für diesen überwältigenden Empfang.“ Neben Schäfer steht still lächelnd der Vater des Erfolgs: der bekannte Hamburger Kaufmann Hermann Ebel.

Hermann Ebel spendet viel Geld für den Bau der Elbphilharmonie.
Hermann Ebel spendet viel Geld für den Bau der Elbphilharmonie. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto S M

Dieser hat wirtschaftlich sehr wechselvolle Jahre hinter sich. Einst gehörte Ebel zu den großen Reedern von Frachtschiffen in der Hansestadt, bis er im Zuge der langanhaltenden Schifffahrtskrise des vergangenen Jahrzehnts alles verlor und sogar Privatinsolvenz anmelden musste. Aber seine Kreuzfahrtreederei, die er mit dem Kauf der 1931 gebauten „Sea Cloud“ im Jahr 1994 begründet hatte, behielt er.

Flotte umfasst jetzt drei Segelschiffe

Mit der „Sea Cloud Spirit“ hat er nun nach der „Sea Cloud“ und der 2001 in Dienst gestellten „Sea Cloud II“ das dritte Kreuzfahrt-Segelschiff in seiner Flotte. Eine schöne Nachricht hat Ebel dazu: „Wir bleiben Hamburg erhalten.“ Im Februar hatte noch die Eigentümergruppe um den Investor mit der Nachricht für Schlagzeilen gesorgt, dass Sea Cloud an die US-amerikanische Ritz-Carlton Yacht Collection verkauft werden soll. Eine entsprechende Absichtserklärung war bereits unterschrieben.

Eine von drei Owner Suiten auf der Sea Cloud Spirit. Im Hintergrund der Balkon. Das Bad hat eine Badewanne.
Eine von drei Owner Suiten auf der Sea Cloud Spirit. Im Hintergrund der Balkon. Das Bad hat eine Badewanne. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Jetzt sagt er: „Die Verkaufsgespräche sind beendet. Ein Eigentümerwechsel findet nicht statt.“ Es habe einfach in zu vielen Fragen unterschiedliche Auffassungen gegeben. Vor dem Unternehmen stehen aber weiter große Herausforderungen: Denn auch bei Sea Cloud sind infolge der Corona-Krise die Buchungszahlen eingebrochen. Die Gäste müssen zurückerobert werden. Und mit dem neuen Schiff kommen 86 Prozent weitere Buchungskapazitäten hinzu. „Wir werden unseren Vertrieb ausbauen“, sagt Geschäftsführer Schäfer.

Der Durchschnittspreis liegt bei 650 Euro pro Nacht und Person

Mit Michael Baden holte das Unternehmen den langjährigen Vertriebschef von Tui Cruises an Bord. Zudem soll mit dem neuen Schiff eine etwas jüngere Zielgruppe angesprochen werden: „Wir setzen auf die 45- bis 65-Jährigen“, sagt Schäfer. „Für eine zunehmende Zahl klassischer Kreuzfahrtgäste ist das besondere Erlebnis, auf dem Meer unterwegs zu sein, wichtiger geworden als die bunten Unterhaltungsangebote an Bord großer Passagierschiffe.“

Das Sonnendeck: Im Winter fährt die
Das Sonnendeck: Im Winter fährt die "Sea Cloud Spirit" zu den Bahamas. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto S

Natürlich kann sich eine Reise auf der „Sea Cloud Spirit“ nur ein kleiner Kreis von Urlaubern leisten. Denn das Schiff bedient wie seine Schwestern das obere Luxus-Segment: Eine Nacht in einer Owner Suite kostet je nach Reise ab 1000 Euro aufwärts. Und über alle sechs Kabinenkategorien hinweg beläuft sich der Durchschnittspreis pro Person und Nacht auf 650 Euro. Dafür gibt es das Segel-Erlebnis pur. Die „Sea Cloud Spirit“ ist unter voll gesetzten Segeln – die Segelfläche ist doppelt so groß wie bei der „Gorch Fock“ – umgerechnet bis zu 25 Kilometer pro Stunde schnell.

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„Sea Cloud Spirit“ verlässt den Hamburger Hafen

Wem es draußen zu windig wird, der kann im großzügigen Wellness-Bereich entspannen oder in der bordeigenen Boutique shoppen. Bei Landausflügen warten exklusive Opernbesuche oder Konzerte. Kommt eine „Sea Cloud“, dann wird in Oslo auch das neue Munch-Haus mal exklusiv für die Passagiere geöffnet. „Windjammer sind in allen Häfen der Welt gerngesehene Gäste“, sagt Schäfer. „Wir gehören zu den wenigen Reedereien, die auch noch direkt in die Lagune von Venedig hereinfahren dürfen.“

Noch ein Blick in die Bibliothek und in die Lounge, dann ist der Kurzbesuch auf der „Sea Cloud Spirit“ schon vorbei. Am Abend verlässt sie die Stadt. Richtung Ostsee. Eine sechstägige Rundreise gibt es ab 4055 Euro pro Person.