Hamburg. Bis zu 41 Prozent der Angebote bei Einfamilienhäusern gelten als energetischer Sanierungsfall. Darauf müssen Käufer achten.

Zu den steigenden Preisen und Bauzinsen kommt auf Immobilieninteressenten in Hamburg ein drittes Problem zu: Sie finden auf den einschlägigen Immobilienportalen immer mehr Häuser, die einen besonders schlechten Energieeffizienzwert haben, also zu viel Gas oder Öl verbrauchen.

Zum einen führt diese Tatsache zu exorbitant hohen Heizkosten – vor allem wegen der extrem gestiegenen Energiepreise. Zum anderen drohen beim Kauf einer solchen Immobilie kostspielige Sanierungsmaßnahmen, weil die Politik immer strengere Vorgaben macht, wie Immobilienbesitzer mit Blick auf den Klimawandel ihr Zuhause künftig umbauen müssen.

Immobilien Hamburg: Es drohen schärfere Vorgaben

Bei einem aktuellen Preis von 16 Cent je Kilowattstunde Erdgas liegen allein die Kosten für Heizung und Warmwasser bei einem 140 Quadratmeter großen Einfamilienhaus zwischen 2620 Euro (Effizienzklasse F) und rund 6000 Euro (Effizienzklasse H). Viel Geld, dass am Ende fehlt, um etwa Fenster auszutauschen oder die Fassade zu dämmen.

Außerdem drohen noch schärfere gesetzliche Vorgaben, um den Energiebedarf und damit den CO2-Ausstoß zu senken. Aber wer auf Immobiliensuche ist, kommt an diesen Energiefressern kaum vorbei. Sie fallen in die Energieeffizienzklassen F bis H und verbrauchen zwischen 175 und mehr als 250 Kilowattstunden (kWh) Energie je Qua­dratmeter Wohnfläche und Jahr.

Viele Einfamilienhäuser in Hamburg sind Energiefresser

Doch 41 Prozent der Immobilienangebote bei Einfamilienhäusern in Hamburg und dem Umland fallen bei der Vermittlungsplattform Hausgold, die mit 4000 Maklern zusammenarbeitet, in diese schlechteste Kategorie, wie eine exklusive Auswertung für das Abendblatt ergab. Bei den Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern sind es sogar 73 Prozent. Hier weisen die Kreise Lüneburg und das Herzogtum Lauenburg mit 87 Prozent die schlechtesten Werte auf.

Hamburg kommt bei den Eigentumswohnungen in der Region zwar auf den niedrigsten Wert in der schlechtesten Kategorie, der aber mit 65 Prozent immer noch deutlich höher als bei den Einfamilienhäusern ausfällt. Bei Einfamilienhäusern ist im Landkreis Stade jedes zweite zum Verkauf stehende Objekt ein Energiefresser. Den niedrigsten Wert weist der Landkreis Harburg mit 35 Prozent auf.

Immobilien in Hamburg: 21 Prozent in Effizienzklassen A+ bis B

Auch bei der Vermittlungsplattform McMakler fallen im Schnitt 34 Prozent der angebotenen Einfamilienhäuser in Hamburg und den Umlandkreisen in die drei schlechtesten Energieklassen. Hamburg kommt auf einen Anteil von rund 30 Prozent. Den niedrigsten Wert erreicht – wie auch bei den Zahlen von Hausgold – der Landkreis Harburg mit 25 Prozent. Die meisten zum Verkauf stehenden Einfamilienhäuser mit den schlechtesten Energieklassen befinden sich nach den Daten von McMakler im Landkreis Lüneburg mit rund 45 Prozent.

Mit Blick auf die künftigen hohen Anforderungen zur Energieeffizienz können aber nur Immobilienbesitzer weitgehend entspannt bleiben, deren Objekte in die Effizienzklassen A+ bis B fallen. Das sind in Hamburg 21 Prozent. Zusammen mit dem Umland liegt der Durchschnitt bei 17 Prozent. Fasst man aber die beiden Kategorien C bis E und F bis H zusammen, so gibt es kaum noch Unterschiede zwischen den Daten von Hausgold und McMakler. Rund 80 Prozent aller Verkaufsofferten entfallen in Hamburg und den meisten Landkreisen in diese beiden Kategorien, die künftigen Energieeffizienzanforderungen nicht genügen werden.

Hausgold hat auch untersucht, wie sich die Energieeffizienzklassen auf die geforderten Verkaufspreise auswirken. Danach ist ein Einfamilienhaus in der schlechtesten Energieeffizienz-Kategorie (also F bis H) rund 1100 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche günstiger als in der besten Energieeffizienz-Kategorie (A+ bis B). So werden in Hamburg für die Energiefresser im Schnitt 6200 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche verlangt, während es bei den energieeffizientesten Häusern 7300 Euro sind.

Bei Eigentumswohnungen fallen die Preisunterschiede deutlich höher aus. Im Schnitt, also für Hamburg und die Landkreise, müssen für ein Eigenheim auf der Etage 1600 Euro mehr pro Quadratmeter Wohnfläche im Vergleich zur schlechtesten Kategorie bezahlt werden. Gut gedämmte Eigentumswohnungen kosten so in Hamburg 8900 Euro je Quadratmeter Wohnfläche, aber für Energiefresser werden immer noch 6800 Euro nach den Daten von Hausgold verlangt.

Preislicher Unterschied könnte noch wachsen

Auffällig ist die schlechte Energieeffizienz im Geschosswohnungsbau. In Hamburg wurden über 75 Prozent der Wohnungen vor 1979 errichtet. In der Vergangenheit erforderten Modernisierungen die Zustimmung aller Eigentümer. Dabei ist zu beachten, wer seine Wohnungen vermietet, kann den Großteil der Nebenkosten auf den Mieter abwälzen. Folglich gibt es bei den Eigentümern in ein und demselben Haus oft sehr unterschiedliche Interessen. „Die Eigentümergemeinschaften müssen sich erst einmal einigen, bevor überhaupt irgendwas erneuert oder saniert werden kann“, sagt Sebastian Wagner, Gründer und Geschäftsführer von Hausgold.

Im Schnitt sind die schlecht gedämmten Einfamilienhäuser in der Region rund um Hamburg 20 Prozent günstiger als Objekte mit den Effizienzklassen A+ bis B. In Hamburg selbst beläuft sich dieser Preisvorteil aber nur auf 14 Prozent, wahrscheinlich wegen der höheren Nachfrage. „Aufgrund der anhaltenden Ukraine-Krise und den deutlich höheren Energiepreisen erwarten wir, dass dieser preisliche Unterschied in den kommenden Monaten noch wachsen wird – unabhängig von der generellen Entwicklung der Immobilienpreise“, sagt Wagner.

Energieeffizienz wird Wert des Objektes beeinflussen

Denn nach seiner Einschätzung ist bei vielen Käuferschichten das Bewusstsein über die Energieeffizienz innerhalb eines Jahres entscheidend gewachsen. „Die Neubau-Objekte mit guter bis sehr guter Energieeffizienz werden sich wertmäßig besser entwickeln als der klassische Altbau.“

Das sieht auch Felix Jahn, Gründer und Geschäftsführer von McMakler so. Die Themen Klimaschutz und Energieverbrauch würden bei Kaufinteressenten immer präsenter. „Infolgedessen wird eine schlechte Energieeffizienz langfristig den Wert eines Objektes negativ beeinflussen – die Kaufpreise für diese Objekte werden also tendenziell sinken“, sagt er. „Bei einer in unserem Auftrag durchgeführte YouGov-Umfrage unter Immobilieneigentümern stuften 64 Prozent die Energieeffizienz als wichtig ein. Über ein Drittel findet diese sogar wichtiger als die Lage. Allerdings kennt nur rund jeder Vierte die Energieklasse seiner eigenen Immobilie.“

Heizsysteme mit erneuerbaren Energien wenig umgesetzt

Wunsch und Wirklichkeit klaffen allerdings oft weit auseinander. So schätzen zwar 94 Prozent der Bauherren ökologische Bauweisen wegen geringerer Betriebskosten, wie aus einer repräsentativen Umfrage des Baugeldvermittlers Baufi24 hervorgeht. „Das Bewusstsein dafür hat sich in den letzten zwei Jahren sehr gewandelt“, sagt Baufi24-Vorstand Stephan Scharfenorth. 34 Prozent der Befragten würden nach der Umfrage für den Umbau Mehrkosten von bis zu zehn Prozent in Kauf nehmen, 33 Prozent sogar bis zu einem Viertel des Preises drauflegen.

Doch der Widerspruch zwischen Wunsch und Wirklichkeit zeigt sich vor allem darin, welche Ausstattung Immobilienbesitzer bei einem Neuerwerb sehr schätzen und was sie davon selbst in ihrer Immobilie bereits umgesetzt haben. Einige Beispiele: Heizsysteme mit erneuerbaren Energien finden 86 Prozent attraktiv, aber nur 21 Prozent haben das in ihrer Immobilie bereits umgesetzt.

Eine ähnliche große Diskrepanz besteht auch für eine Fotovoltaikanlage. Selbst Maßnahmen, die nicht viel kosten und keine Handwerker erfordern wie Durchlaufbegrenzer für Wasserspareinrichtungen, wurden nur von 29 Prozent der Immobilienbesitzer umgesetzt, aber 82 Prozent hätten diese gerne. „Aber darüber zu reden ist ja eine Vorstufe zur Tat“, hofft Scharfenorth.

Immobilien Hamburg: Komplettsanierung geht ans Geld

Die meisten Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz gehen allerdings ins Geld. Das Beratungsunternehmen Caala hat errechnet, was die Komplettsanierung eines Einfamilienhauses aus den 1980er-Jahren mit Ölheizung aktuell kostet. Austausch der Fenster, Fassadendämmung, Dämmung der Kellerdecke, Ersatz der Ölheizung durch eine Pelletheizung und eine Fotovoltaikanlage summieren sich auf insgesamt 210.000 Euro. Pro Quadratmeter Nutzfläche des Hauses sind das Kosten von rund 720 Euro. Unter Berücksichtigung von Fördergeldern verbleiben für den Immobilienbesitzer rund 160.000 Euro.

„Wir haben die Kosten unter Berücksichtigung der gestiegenen Preise und auch mit einem Sicherheitsabschlag kalkuliert“, sagt Samuel Ebert von Caala. Mit diesen Investitionen sinkt der Energiebedarf für Wärme und Strom von 274 kWh je Quadratmeter Wohnfläche auf 124 kWh. Der Bedarf an Wärmeenergie wird um rund 50 Prozent reduziert. „Die verbleibenden Emissionen sind mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens kompatibel“, sagt Ebert. Im unsanierten Zustand verursacht das Haus 27,6 Tonnen CO2 im Jahr. Nach der Komplettsanierung sind es 1,23 Tonnen.