Hamburg. Erdbeeren gibt es dieses Jahr zwar früher, doch die Liebhaber der roten Früchte sind noch zögerlich. Wie die Landwirte darauf reagieren.
Viel Sonne, wenig Regen, kein Bodenfrost – die Erdbeerernte in Norddeutschland läuft gut an. Nachdem in den ersten Maiwochen die roten Früchtchen aus Pflanztunneln angeboten wurden, kommt jetzt die Freilandware auf den Markt. Was Erdbeerliebhaber freuen dürfte: „Die Qualität ist geschmacklich hervorragend“, sagt Enno Glantz, der mit Erdbeerplantagen in Delingsdorf (Kreis Stormarn) sowie in Hohen Wieschendorf in Nordwest-Mecklenburg und 135 Verkaufsständen in und um Hamburg als eine Art Erdbeerkönig gilt. Zum Himmelfahrtswochenende hat Glanz jetzt auch seine Selbstpflückfelder geöffnet (aktuelle Infos unter glantz.de).
Erdbeersaison: Kunden zögerlich
Doch was sich nach guten Nachrichten anhört, könnte sich für die Erdbeerbauern zum Bumerang entwickeln – mit drastischen Folgen. Durch die guten Wetterbedingungen ist die Ernte früher als sonst und die Reifung der Sorten, die eigentlich nacheinander kommen sollen, hat sich zusammengeschoben. Es ist mehr Ware auf dem Markt als geplant mit Auswirkungen auf die Preise, die trotz gestiegener Kosten etwa für Energie in diesem Jahr ähnlich sind wie 2021. Dass sich die Nachfrage dennoch langsamer entwickelt als in den Vorjahren, bereitet den Produzenten zunehmend Sorgen. „Die Verbraucher sind angesichts der allgemeinen Lage verunsichert und weniger konsumfreudig“, sagt Erdbeerproduzent Glantz.
In Nordrhein-Westfalen, wo die Ernte aufgrund der geografischen Lage mindestens eine Woche weiter ist, haben jetzt Meldungen für Schlagzeilen gesorgt, nach denen die ersten Landwirte ihre Erdbeerfelder nicht mehr abernten, sondern unterpflügen, weil es sich unternehmerisch nicht lohnt. Die Proteste in den sozialen Medien kamen postwendend. „Mancherorts ist ein Punkt erreicht, an dem eine Erntevernichtung die betriebswirtschaftlich bessere Entscheidung ist“, kommentierte ein Sprecher der Landwirtschaftskammer die Situation.
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Erdbeerpreise sinken
So weit ist es im Norden nach Abendblatt-Recherchen nicht. „Wir pflügen nichts unter, sondern ernten alles ab“, sagt etwa Felix Löscher vom Erdbeer- und Spargelhof Löscher in Winsen (Landkreis Harburg), der seine Produkte vor allem über eigene Verkaufsstände vermarktet. Probleme hätten im Moment vor allem Anbieter, die große Handelsketten belieferten und mit den Preisen von Importware aus Spanien oder Italien konkurrieren müssten.
Bei Discountern wird eine 500-Gramm-Schale mit deutschen Früchten teilweise unter zwei Euro angeboten. Bei Löscher sind es aktuell 4,90 Euro. In der Pfingstwoche will er auf 4,50 Euro reduzieren. Ähnlich liegen die Preise bei Glantz. Dass es jetzt kühler geworden ist, verschaffe Luft bei der Ernte, sagt der gewiefte Landwirt und empfiehlt angesichts des guten Jahrgangs eine Erdbeerkur.