Hamburg. Nicht nur auf Urlaubsinseln wie Mallorca macht sich der Lieferengpass für Autos bemerkbar – immer mehr Fahrzeugvermieter nutzen das aus

Mit dem Flugzeug in den Süden, die Sonne am Strand oder am Pool genießen und zwischendurch Ausflüge mit dem Mietwagen zu attraktiven Städten oder Wandergegenden im Hinterland unternehmen – so sieht für viele Hamburger der ideale Urlaub aus.

Wer aber jetzt um Ostern herum am Ferienort ein Auto bucht, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine unangenehme Überraschung erleben: Nachdem die Mietpreise bereits im vergangenen Jahr kräftig angezogen haben, sind sie noch einmal drastisch gestiegen. In einigen der bei Hamburgern beliebten Urlaubsregionen haben sie sich sogar ungefähr verdreifacht (siehe Tabelle).

Urlaub: Weniger Mietwagen verfügbar

Marktbeobachtern zufolge ist das schlicht eine Folge der aktuellen Angebotsknappheit bei wieder zunehmender Nachfrage. „Es sind zum jetzigen Zeitpunkt, nach zwei Jahren Pandemie, deutlich weniger Mietwagen im Angebot als vor Ausbruch von Corona“, sagt Frieder Bechtel vom Reise-Onlineportal billiger-mietwagen.de, nach eigenen Angaben Deutschlands Marktführer in diesem Segment: „Um nicht pleitezugehen, mussten die Vermieter zunächst einen großen Teil ihrer Flotte verkaufen.“ Jetzt könnten die Anbieter bei zunehmender Reisetätigkeit erst langsam wieder ihre Flotten vergrößern.

„Selbst wenn Geld da ist, ist der Kauf von Autos gerade gar nicht so einfach“, so Bechtel: „Die Autohersteller liefern wegen Chipmangels insgesamt weniger Autos aus als vor der Pandemie.“ Laut dem europäischen Branchenverband ACEA wurden im vergangenen Jahr 25 Prozent weniger Neuwagen in der EU ausgeliefert als 2019. Wegen der steigenden Verkaufspreise sei es für die Hersteller zudem nicht mehr so attraktiv, die Autos an Vermieter abzugeben, erklärt Bechtel. Denn diese verlangten hohe Mengenrabatte, schon weil sie die Fahrzeuge nach drei bis sechs Monaten dann als „junge Gebrauchte“ wieder verkaufen müssten. „Vor der Pandemie gingen zehn Prozent der Neuwagen zu den Autovermietern, jetzt nur noch sechs Prozent“, so Bechtel.

„Es geht leider weiter mit den Preiserhöhungen"

Nach seiner Beobachtung hat das unangenehme Konsequenzen für Urlauber: „Es geht leider weiter mit den Preiserhöhungen. Eine Woche Mallorca zu Ostern mit einem Kompaktwagen bei Abholung im Flughafen-Terminal kratzt schon an der Marke von 1000 Euro.“ Gerade auf Ferieninseln wie Korsika, Mallorca und Sardinien verschärfe sich die Situation noch, da es sich für die Mietwagen-Anbieter nicht lohne, für Nachfragespitzen wie die Oster- und Pfingsttage und die Sommerferien ihre Fahrzeuge in größerer Stückzahl auf die Inseln hinüberzuschaffen und nach der Saison wieder zurückzuholen.

„Wenn Sie mich fragen, waren die Preise für Mietwagen in den vergangenen Jahren gerade in Urlaubsgebieten angesichts der Flottenkosten und des Serviceumfangs viel zu niedrig“, sagt dazu Wolfgang Neumann, Geschäftsführer der Europcar Mobility Group Germany mit Sitz in Hamburg und 500 Beschäftigten in der Hansestadt: „Eine E-Bike-Miete kostete deutlich mehr als eine Automiete.“ Dennoch gebe es „natürlich eine Grenze, was unsere Kunden bereit sind zu bezahlen.“

Europcar rechnet auch 2022 mit steigenden Preisen

Da Europcar wie die gesamte Branche nach wie vor von „Lieferproblemen und langen Lieferzeiten“ betroffen sei und die Beschaffungs- sowie Unterhaltskosten deutlich zulegten, rechnet Neumann mit auch im Jahr 2022 weiter steigenden Preisen. Sein Tipp: „Buchen Sie rechtzeitig, und achten Sie auf Rabatte.“ Wenn die Kunden frühzeitig buchten, könne das Unternehmen besser planen: „Damit profitieren beide Seiten.“

Wie die Europcar-Zentrale in Paris mitteilte, hat im Geschäftsjahr 2021 das Volumen der Vermietungen weltweit um knapp elf Prozent zugenommen, der Umsatz aber um gut 28 Prozent auf 2,27 Milliarden Euro – der Konzern konnte also erheblich höhere Preise durchsetzen. Allerdings lag der Umsatz im Vor-Corona-Jahr 2019 noch um fast eine Milliarde Euro höher. Trotz der kräftigen Preissteigerungen rechnet die Branche weltweit nach Daten des Statistikportals Statista.com damit, dass die Umsätze der Mietwagen-Firmen auch 2022 noch nicht wieder das Niveau von 2019 (knapp 69 Milliarden Euro) erreichen.

Urlaub: Dienstreisen werden kein Comeback haben

Für viele Vermieter lohne sich eine so große Flotte wie vor der Pandemie auch gar nicht mehr, sagt Branchenkenner Bechtel: „Die Autovermieter haben vor Corona ihre Fahrzeuge mit einem Mix aus Firmen- und Privatreisenden ausgelastet. Die Urlaubsreisen erholen sich nach Corona langsam, aber die Dienstreise wird vermutlich nie wieder auf dem Vor-Pandemie-Niveau ankommen, da viele Firmen sich an die kostensparenden Online-Meetings gewöhnt haben.“ Damit werde es erheblich schwieriger, die Fahrzeuge auch an Wochentagen und in der Nebensaison auszulasten.

Tatsächlich hat sich der Europcar-Umsatz in der Bundesrepublik, dem wichtigsten Einzelmarkt des Konzerns, 2021 auch nur um zwei Prozent erholt, in Spanien aber um 77 Prozent. „In Deutschland versuchen wir, so viele Fahrzeuge zu bekommen, wie es auf dem Markt möglich und für uns sinnvoll ist“, sagt Neumann. Wann die Flottengröße jedoch wieder das Niveau des Jahres 2019 erreichen werde, sei „derzeit noch nicht sicher absehbar“.