Hamburg. Die Corona-Jahre waren für Kreuzfahrtfans und Reedereien schwer. Nun plant die Kreuzfahrtindustrie das dritte Comeback.

Fast alle Schiffe unter Dampf und mehr als 800 Anläufe allein in Deutschland: Nach zwei Katastrophenjahren bietet die Kreuzfahrtindus­trie ihren Fans im dritten Corona-Jahr wieder das volle Programm. Die vier großen Kreuzfahrthäfen Hamburg, Kiel, Warnemünde und Bremerhaven haben durchweg doppelt und dreifach so viele Abfahrten auf dem Plan wie noch 2021. In einzelnen Häfen übersteigt die Zahl der Anläufe sogar 2019, das letzte Jahr vor der Pandemie, die den jahrelangen Boom dieser bei einer treuen Fangemeinde beliebten Urlaubsart unterbrach.

Dabei werden die Schiffe zusehends auch voller. Tui Cruises beispielsweise will im Laufe des Jahres schrittweise zur normalen Auslastung zurückkehren. Auch in Häfen geht man aufgrund von Gesprächen mit Reedereien davon aus, dass es an Bord wieder gen Vollauslastung gehen soll.

Urlaub: In Hamburg sind über 300 Anläufe geplant

Für die Erfolgsrechnung der Reedereien wäre das dringend nötig, denn die oft Hunderte Millionen Euro teuren und mehrere Tausend Passagiere fassenden Schiffe rechnen sich nur, wenn sie möglichst voll belegt sind. Das war aus Sicherheitsgründen 2020 und 2021 nicht der Fall, wenn die Schiffe überhaupt fuhren.

Im Jahr 2020 gab es in Deutschland 112 Anläufe, im Jahr darauf immerhin 326. Nun sind es deutlich mehr: Allein in Hamburg mit seinen drei über die Stadt verstreuten Kreuzfahrtterminals sind mehr als 300 Anläufe geplant. In Kiel sind es rund 250, in Warnemünde knapp 150 und in Bremerhaven mehr als 110. Von dort geht es zumeist in die Ostsee und gen Westeuropa.

Sonnengebiete im Mittelmeer werden angesteuert

Hinzu kommen die klassischen Sonnengebiete im Mittelmeer. Neben den großen Marken – der Carnival-Tochter Aida Cruises, Tui Cruises, einer Tochter von Tui und Royal Caribbean, sowie MSC Cruises – mischen praktisch alle namhaften Kreuzfahrt­anbieter wieder mit.

Zwar mag sich kein Unternehmen dazu äußern, wie sich das Geschäft 2021 auf dem deutschen Markt entwickelte. Einen groben Anhaltspunkt liefert aber die Jahresbilanz des Deutschen Reiseverbands (DRV). Demnach betrug der Umsatz der Hochsee- und Flusskreuzfahrten 1,1 Milliarden Euro und damit 52 Prozent weniger als im ersten Corona-Jahr.

Vorausbuchungen spiegeln Reiselust wieder

„Verglichen mit der Zeit vor Corona ist der Umsatz innerhalb von zwei Jahren um über 80 Prozent eingebrochen“, heißt es beim DRV. Global betrachtet war das vergangene Jahr für die Branche ähnlich desaströs wie 2020. Die großen Vier – Carnival, Royal Caribbean, Norwegian und MSC – fuhren zusammen gut 20 Milliarden Dollar Verlust ein, nach 21 Milliarden im Jahr zuvor, wie aus den Geschäftsberichten hervorgeht.

Dass es 2022 besser werden soll, liegt aus Sicht der Branche an der aufgestauten Reiselust, die sich laut DRV auch bei Kreuzfahrten in steigenden Vorausbuchungen niederschlägt. „Die Unternehmen sind sehr zuversichtlich, dass das Geschäft anzieht und vom Sommer an und im nächsten Winter auch wieder deutlich mehr Ziele angesteuert werden können.“ Auch einzelne Reedereien berichten von einem hohen und wachsenden Interesse der Kundschaft, die der Kreuzfahrtindustrie bis 2019 einen Dauerboom beschert hatte.

Urlaub: Zielländer lockern Corona-Regeln

Weiteren Rückenwind erhält die Branche aus Berlin. So verzichtet das Auswärtige Amt inzwischen auf den pauschalen Rat an Reisende, wegen der schwer vorhersehbaren Entwicklung der Pandemie Kreuzfahrten zu meiden. Wie Deutschland Anfang April haben auch viele Zielländer ihre Corona-Regeln heruntergefahren. Dass ein Restrisiko bleibt, hat sich allerdings um den Jahreswechsel herum gezeigt. So musste MSC winterliche Reisen ab Hamburg in europäische Metropolen aussetzen, weil Zielländer wie Großbritannien und die Niederlande scharfe Omikron-Regeln erlassen hatten. Tui Cruises musste wegen Covid-Fällen an Bord „einige wenige Reisen“ verkürzen oder absagen.

Gemessen an den vielen Gästen halten sich solche Vorfälle in Grenzen. Die Reedereien verweisen auf den Erfolg ihrer im Sommer 2020 branchenweit eingeführten Corona-Regeln. Und sie bleiben vorsichtig. Ohne doppeltes negatives Testergebnis kommt kein Erwachsener an Bord. Ohne Maske geht bei An- und Abreise und an Bord weiter nichts.