Hamburg. Ukraine-Krieg und hohe Treibstoffkosten werden Hamburger Reederei nur wenig treffen. Vorstandschef Habben Jansen soll bis 2027 bleiben.

Die Hamburger Traditionsreederei Hapag-Lloyd hat ein außergewöhnliches Jahr mit exorbitantem Gewinn abgeschlossen. Die Zahlen für 2021 stellte das Unternehmen am Donnerstag in seiner Bilanzpressekonferenz vor. Gleich anschließend erhielt der Unternehmensvorstand seine Belohnung: Der Aufsichtsrat hat die Verträge des Vorstandsvorsitzenden Rolf Habben Jansen und des Finanzvorstands Mark Freese vorzeitig um gleich fünf Jahre bis 2027 verlängert.

Zuvor hatten die beiden in einer etwa 40-minütigen Show zu erklären versucht, was eigentlich gar nicht zu erklären ist: Trotz eines stagnierenden Frachtaufkommens und stark gestiegener Transportpreise hat die Reederei 2021 ihren Gewinn gegenüber dem Vorjahr praktisch verzehnfacht. Nach Abzug von Zinsen, Steuern und Abgaben stand am Ende ein Konzernergebnis von annähernd 9,1 Milliarden Euro, nach 935 Millionen Euro im Jahr 2020.

Hafen Hamburg: Umsatzerlöse wuchsen stark an

Positive Jahresabschlüsse hat Deutschlands größte Linienreederei schon in den vergangenen Jahre präsentiert. Schaut man aber auf den sprunghaften Gewinnanstieg in den vergangenen zwei Jahren, dann liegt die Schlussfolgerung nahe, dass dieser Geldsegen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie steht. „Die Verbraucherausgaben haben sich durch Corona verschoben. Weg von Dienstleistungen hin zu Gütern“, sagt Habben Jansen. Zudem seien Schiffskapazitäten knapp geworden, weil Transportketten abrissen und es vor Häfen zu großen Schiffsstaus kam.

In der Folge hat die Nachfrage nach Schiffstransporten deren Kapazitäten deutlich überstiegen, was die Transportpreise in die Höhe getrieben habe. So betrug die durchschnittliche Frachtrate 2003 US-Dollar pro transportiertem 20-Fuß-Standardcontainer (TEU). Das sind umgerechnet 1815 Euro. Im Vorjahr waren es nur 1115 Dollar pro Box. Im Zuge dieses Preisanstiegs um 79,7 Prozent wuchsen auch die Umsatzerlöse um 74,4 Prozent auf 22,3 Milliarden Euro. 2020 waren es 12,8 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis stieg auf 9,4 Milliarden Euro an. Unterm Strich bleiben eben jene 9,1 Milliarden Euro.

Hapag-Lloyd will 70 Prozent des Gewinns ausschütten

Der verzehnfachte Gewinn führt auch zu einer verzehnfachten Dividende. Wie Finanzvorstand Mark Freese am Donnerstag bekräftigte, will Hapag-Lloyd 70 Prozent des Gewinns ausschütten. Nach 3,50 Euro im Vorjahr entfallen damit in diesem Jahr 35 Euro auf jede Aktie. Da Hamburg mit seiner Beteiligung von 13,9 Prozent drittgrößter Aktionär ist, kann sich die Hansestadt, wie das Abendblatt berichtete, über einen Geldsegen von 860 Millionen Euro freuen. Mehr als 1,6 Milliarden Euro streicht der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne ein, der als größter Anteilseigner 30 Prozent an der Reederei hält.

Wie außergewöhnlich langanhaltend die Hochkonjunktur von Hapag-Lloyd ist, zeigt sich daran, dass das Haus trotz des Krieges in der Ukraine auch für dieses Jahr mit Milliarden-Einnahmen rechnet. Habben Jansen erwartet ein operatives Ergebnis vor Zinsen und Steuern in einer Bandbreite von 10 bis 12 Milliarden US-Dollar. Das wären 8,9 bis 10,7 Milliarden Euro.

Hapag-Lloyd rechnet auch 2022 mit hohem Gewinn

„Wir gehen davon aus, dass sich die sehr starke Ergebnisentwicklung im ersten Halbjahr 2022 fortsetzt. Erst in der zweiten Jahreshälfte sollte sich die angespannte Situation in den globalen Lieferketten verbessern und dies zu einer beginnenden Ergebnisnormalisierung führen“, sagte der Vorstandschef. Vor dem Hintergrund der andauernden Covid-19-Pandemie sowie der derzeitigen Entwicklungen in der Ukraine sei die Prognose jedoch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.

Allerdings rechnet Habben Jansen mit nicht allzu hohen Einbußen. Wie berichtet, hat Hapag-Lloyd für Ladung nach Russland aufgrund der Sanktionen eine Buchungsstopp verhängt. Etwas weniger als 10.000 Container, die bereits auf dem Weg waren, müssen nun zwischengelagert werden. Der Handel mit Russland und der Ukraine mache aber weniger als zwei Prozent des Gesamtgeschäfts aus, betonte der Vorstandschef.

„Die Bunkerpreise haben sich verdoppelt"

Nicht einmal die stark steigenden Energiekosten ändern etwas an der robusten Prognose. „Die Bunkerpreise haben sich verdoppelt. Das bedeutet zwei bis zweieinhalb Milliarden Euro mehr an Treibstoffausgaben“, sagte Habben Jansen. Andere Unternehmen könnte so etwas in die Knie zwingen – nicht so Hapag-Lloyd. Das Unternehmen hat nebenher seine Nettoverschuldung auf Null zurückgefahren, wie Freese mitteilte.

Die Reederei nimmt jetzt erst einmal Geld in die Hand, um zu investieren. Anders als die Konkurrenzreedereien MSC und CMA CGM, die verstärkt in die Luftfracht einsteigen wollen, und Branchenprimus Maersk, der in der gesamten Logistikkette Unternehmen dazukauft, bleibt Hapag-Lloyd aber bei seinem Kerngeschäft, dem Transport auf dem Wasser. Im besonderen Fokus der Hamburger steht der Verkehr nach Afrika, weil hier die Kaufkraft in den kommenden Jahre am stärksten wachsen werde, so Habben Jansen.

Hafen Hamburg: Hapag-Lloyd kauft Südafrikageschäft

Aus diesem Grund gab der Manager am Donnerstag nicht nur die Geschäftszahlen 2021 bekannt, sondern gleich noch die Übernahme einer alteingesessenen Hamburger Reederei: Hapag-Lloyd kauft das Südafrikageschäft der Deutschen Afrika-Linien mit Sitz an der Palmaille. Die Übernahme umfasst zwar nur ein Containerschiff, aber vier profitable Liniendienste zwischen Europa und dem afrikanischen Kontinent und mehr als 100 Mitarbeiter. Erst im vergangenen Jahr hatte Hapag-Lloyd die Reederei NileDutch übernommen und damit die Präsenz und das Serviceangebot von und nach Westafrika verstärkt.

Auch seine Hafenbeteiligungen in Afrika will Hapag-Lloyd nach Informationen des Abendblatts ausweiten: Nach dem Einstieg in den marokkanischen Hafen von Tanger will die Reederei zusammen mit Eurogate demnächst ein Terminal im ägyptischen Hafen von Port Said betreiben. Die Transaktion soll in der ersten Jahreshälfte erfolgen.