Hamburg. Erstmals äußern sich Lars und Melanie Breuer exklusiv im Abendblatt zu dem Konflikt um den Betrieb von Bauer Jaacks.
Das Haus der Breuers liegt in einer idyllischen Wohnstraße in Rissen. Ein Metalltor, das sich automatisch öffnet, gepflegter Rasen mit Spielgerät vor einem großzügigen Backsteinbau. Auf der Auffahrt steht ein Pferdetransporter. Nicht mal drei Kilometer sind es von hier bis zum Moorhof.
Das Gehöft im Klövensteen haben Lars und Melanie Breuer vor gut zwei Jahren gekauft, um dort einen Pferdepensions- und zuchtbetrieb aufzubauen. Dort wollen sie künftig auch leben. „Wir haben lange nach einem passenden Hof gesucht“, sagt Lars Breuer und spricht von einem Lebenstraum. Seine Frau ist passionierte Reiterin. Die Familie mit drei Teenagerkindern besitzt fünf Pferde.
Milchviehbetrieb in Rissen: Jaacks kämpfte um seinen Hof
Aber was sich nach einem Immobilienkauf in der Nachbarschaft anhört, ist inzwischen ein hoch emotionaler Konflikt mit Auswirkungen bis ins Hamburger Rathaus. Im Mittelpunkt Milchbauer und Pächter Hauke Jaacks, der wortgewaltig und mit großer Unterstützung um seinen Hof mit 300 Tieren kämpft. Die neuen Eigentümer haben sich in der Öffentlichkeit bislang weitgehend zurückgehalten. Jetzt äußern sie sich im exklusiven Gespräch mit dem Abendblatt erstmals zu ihren Zukunftsplänen und zu dem Verlauf des Konflikts. „Wir hätten nie erwartet, dass so eine große Sache daraus werden würde“, sagt Melanie Breuer.
Ihr Mann rollt eine große Karte auf dem Esstisch aus, den Bebauungsplan Rissen 44/Iserbrook 26. Der Moorhof mit einer Fläche von 16 Hektar ist farbig markiert. „Es ist ein optimaler Standort für einen modernen Pferdebetrieb“, sagt Melanie Breuer. Das Grundstück am Babenwischenweg grenzt an ein weiträumiges Reitwegenetz. Auf dem Hofgelände wollen die Breuers neue Wirtschaftsgebäude, Stallungen und ein Wohnhaus für die Familie bauen.
„Theoretisch könnten wir hier 60 Pferde unterstellen"
Auf den zugehörigen Weiden soll Futterheu angebaut werden. Zwei Jahre hat das Ehepaar an dem Konzept gefeilt. „Theoretisch könnten wir hier 60 Pferde unterstellen. Aber wir haben uns bewusst für ein Konzept mit rund 45 Stellplätzen mit geräumigen Boxen und kleinen Ausläufen entschieden“, sagt die 45-Jährige. Als Mieter stellt sie sich Familien mit mehreren Pferden vor, die in autarken Bereichen wirtschaften.
Melanie Breuer hat die Planungen für den Neubau maßgeblich vorangetrieben. Die gebürtige Schenefelderin reitet seit ihrer Kindheit, hat sich in einem landwirtschaftlichen Fernstudium zur Spezialistin für Pferdehaltung und zertifizierte Fütterungsmanagerin weitergebildet und einen sogenannten Sachkundenachweis von der Landwirtschaftskammer in Schleswig-Holstein. „Wir wollen keinen Luxus bauen, sondern fokussieren uns auf tiergerechte Haltung. Es soll ein tragfähiger Familienbetrieb mit vier bis fünf Mitarbeitern werden, in dem Pferde ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten werden und der nachhaltig geführt wird.“
Pachtvertrag von Milchbauer Jaacks lief schon 2021 aus
Wenn sie über die Organisation auf dem neuen Moorhof spricht, geht es auch um Maschinen mit Elektroantrieb und automatisierte Abläufe. Auch wenn die Breuers über die Kosten schweigen. Es ist ein Millionenprojekt. Nach ihren Angaben gibt es bereits viele Interessenten, die ihre Pferde einstellen wollen.
Eigentlich hätten nach dem ursprünglichen Zeitplan in diesem Frühjahr die ersten Bauarbeiten beginnen können. Aber die Situation ist kompliziert. Der Pachtvertrag von Milchbauer Jaacks war Ende 2021 ausgelaufen. Aber der Landwirt wirtschaftet weiter auf der Hofstelle, die er 2004 gepachtet hatte und produziert dort täglich 3300 Liter Milch. Er hatte immer gesagt, dass er auf dem Moorhof bleiben wolle. Die Rechtmäßigkeit der Genehmigung für den Verkauf der Immobilie an die Breuers zweifelt er an, wirft den Behörden Verfahrensfehler vor und fordert Unterstützung vom rot-grünen Senat.
Onlinepetition mit mehr als 128.000 Unterschriften
Hintergrund ist das Grundstücksverkehrsgesetz, das sicherstellen soll, dass landwirtschaftliche Flächen nicht anderweitig genutzt werden sollen. Deshalb geht es auch um die Frage, ob ein Pferdehof Landwirtschaft ist. Der Widerspruch des Pächters gegen den Verkauf war 2020 abgelehnt worden. Im Herbst wurde eine Klage vor dem Landgericht Hamburg gegen die Stadt abgewiesen.
Damit könnte die Sache erledigt sein, aber der vertrackte Fall ist inzwischen zum Symbol für die Verteilung von Bauernland geworden – mit anonymen Briefen und aggressiven Angriffen in den sozialen Medien auch persönlich gegen die Breuers. Eine Onlinepetition für den Erhalt des Milchhofs haben inzwischen mehr als 128.000 Menschen unterschrieben. Beim Senat liegt eine Petition, die unter anderem eine Überprüfung des Genehmigungsverfahrens und einen runden Tischen fordert. Eine Antwort steht aus. Rechtlich würde es nichts ändern.
„Mit uns hat Herr Jaacks nicht gesprochen“
Inzwischen ist es für die Landwirtsfamilie fünf nach zwölf. In der vergangenen Woche hatten sie überraschend per Mitteilung an die Presse angekündigt, dass sie auf der Suche nach einem Ersatzbetrieb sei und den Hof verlassen wolle – und ihr Bedauern geäußert, dass die Breuers „Opfer von Drohungen und Beleidigungen im Zusammenhang mit dem Kauf des Hofes und der öffentlichen Auseinandersetzung darüber geworden sind“.
Trotzdem ist weiterhin offen, wie es weitergeht. „Mit uns hat Herr Jaacks nicht gesprochen“, sagt Lars Breuer. Schon im vergangenen Jahr hätten er und seine Frau sich um eine Übergangslösung bemüht. Auf dem Küchentresen hat er Dokumente und Schriftwechsel mit Rechtsanwälten gestapelt, die das untermauern sollen. Mitte Dezember hatten sich demnach die beiden Parteien mit ihren Rechtsanwälten getroffen.
„Es gibt nach wie vor keinen Terminplan"
In einer „Vereinbarung zur Vollstreckungsvermeidung“ waren unter anderem mehrere Szenarien mit unterschiedlichen Auszugsterminen über den bestehenden Pachtvertrag hinaus festgelegt worden. So sollte der Pachtvertrag um mehr als ein Jahr bis April 2023 verlängert werden, sollte die Landwirtsfamilie eine Baugenehmigung für einen neuen Hof bekommen. „Wir haben längere Fristen eingeräumt, als Herr Jaacks selbst vorgeschlagen hatte“, sagt der 51-Jährige, der als selbstständiger Berater Immobilienbesitzer berät und auch einen eigenen Immobilienbestand hat. „Für uns ist wichtig, dass wir Planungssicherheit haben. Außerdem wollten wir stets eine Konfrontation vermeiden.“
Gut zwei Monate später sagen die Breuers, dass diese Vereinbarung gescheitert ist. Auch die Ankündigung, dass die Familie den Hof verlassen wolle, ändere daran erst mal nichts. „Es gibt nach wie vor keinen Terminplan und keine Sicherheiten, wann was passieren soll“, sagt Lars Breuer. Bauer Jaacks habe seit 2019 Zeit gehabt, einen neuen Hof zu finden.
Milchviehbetrieb in Rissen: Jetzt droht die Räumung
„Wir wollten ihn von Anfang an unterstützen, können jedoch nicht die Verantwortung dafür übernehmen, dass Herr Jaacks sich nicht um einen Plan B gekümmert hat“, sagt Breuer. „Wir haben einen Kaufvertrag samt behördlicher Genehmigung, stehen im Grundbuch und möchten unser Vorhaben zeitnah umsetzen.“
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Es ist schwer vorstellbar, wie der Konflikt noch gelöst werden kann. Ein Weiterverkauf ist nach Worten der Breuers keine Option. „Vieles, was in den vergangenen Jahren in der Öffentlichkeit gesagt und geschrieben wurde, entspricht schlicht nicht der Wahrheit“, sagt Lars Breuer. „Aber mit uns hat nie jemand geredet.“ Inzwischen droht die Räumung des Milchviehbetriebs. Der Gerichtsvollzieher habe einen Auftrag erhalten, und die Landwirtsfamilie sei über den Rechtsanwalt seit Anfang Februar informiert. Etwas, was sie unbedingt vermeiden wollten. Aber in den nächsten Wochen soll der Bauantrag einreicht werden.