Hamburg. Der Hamburger Nivea-Konzern steigert sein Ergebnis um zehn Prozent. Allerdings schwächt sich das Wachstum etwas ab.

Die Bedrohung durch Russlands Krieg in der Ukraine reicht natürlich auch bis in die Beiersdorf-Zentrale in Eimsbüttel. „Wir alle wissen, wie falsch es sich anfühlt, in diesem Tagen über Geschäftszahlen zu sprechen“, sagte Vorstandschef Vincent Warnery zu Beginn der digitalen Bilanz-Pressekonferenz am Dienstag.

Seine Gedanken und sein tiefes Mitgefühl seien bei den Menschen in der Ukraine. 57 Beschäftigte arbeiten in dem osteuropäischen Land für den Nivea-Hersteller. „Wir sind jeden Tag in Kontakt“, sagte der 53-Jährige auf Nachfrage. Produktionsstandorte gibt es in der Region nicht. Bereits am Sonntag hatte Beiersdorf eine Soforthilfe in Höhe von zwei Millionen Euro an Hilfsorganisationen bereitgestellt.

Hamburger Konzern: Umsatzplus bei Beiersdorf erwartet

Es war ein harter Übergang, als Warnery zu den Zahlen für 2021 kam. Für den Topmanager war es eine Premiere, nachdem er im vergangenen Mai überraschend als Nachfolger von Stefan de Loecker an die Spitze des DAX-Konzerns berufen worden war. Die Erwartungen in Sachen Innovation, Digitalisierung und Internationalisierung an den neuen Chef des 1882 in Hamburg gegründeten Unternehmens sind hoch. Da wirkte es fast schon wie ein Statement für die angestrebte globalere Ausrichtung, dass der gebürtige Franzose seine Präsentation auf Englisch vortrug – bislang war es üblich, dass der Vorstandschef Deutsch spricht. Auch die Redeanteile waren anders verteilt: Neben Finanzvorständin Astrid Hermann war Patrick Rasquinet, der im Juli den Vorstandsbereich Pharmacy & Selective von Warnery übernommen hatte, mit von der Partie.

Nach dem schwierigen ersten Corona-Jahr 2020 mit hohen Verlusten bei Umsatz und Gewinn konnte das Trio deutlich bessere Ergebnisse verkünden. „2021 war für Beiersdorf nicht nur ein finanziell erfolgreiches Geschäftsjahr, sondern auch ein Jahr, in dem wir vielversprechende Weichenstellungen für unsere Zukunft vorgenommen haben“, sagte Vincent Warnery. Der Hersteller von Nivea, Eucerin und Hansaplast erzielte trotz anhaltender Turbulenzen um Covid-19 ein organisches Umsatzwachstum von 9,7 Prozent auf 7,6 Milliarden Euro und liegt damit 3,2 Prozent über dem Vorkrisenniveau.

Beiersdorf will vor allem nach China und in den USA expandieren

Das Konzernergebnis (nach Steuern und ohne Sondereffekte) stieg auf 699 Millionen Euro. Der Wert liegt deutlich über dem Wert 2020 in Höhe von 636 Millionen Euro, aber deutlich unter dem Vor-Corona-Wert von 795 Millionen Euro. Der Klebebandspezialist Tesa ist nach vorübergehender Schwäche mit einem Umsatzplus von fast 14 Prozent auf knapp 1,5 Milliarden Euro wieder eine wichtige Säule. Nicht verändern soll sich die Dividende, die erneut auf 70 Cent festgelegt wurde.

Warnery hat in den ersten Monaten an der Konzernspitze das Innovationstempo spürbar erhöht. Schon 2019 hatte Beiersdorf ein Investitionsprogramm in dreistelliger Millionenhöhe aufgelegt. So positioniert sich Beiersdorf zusätzlich zu der Luxusmarke La Prairie mit der Anfang 2022 übernommenen pflanzen­basierten US-Marke Chantecaille im Premiumsegment – und setzt auf Expansion vor allem in den USA und China. Auch Nivea soll wieder stärker im Fokus stehen. Nach dem Vorbild anderer Marken will Warnery die Markenikone „neu erfinden“.

„Wir bauen unser E-Commerce-Geschäft weiter aus“

Globaler, digitaler und nachhaltiger lauten die Schlagworte. Im Januar war Grita Loebsack in die neue Position President Nivea in den Vorstand berufen worden. „Wir wollen weniger, aber bessere und größere Produkteinführungen und Kampagnen umsetzen“, sagte der Beiersdorf-Chef. Als Beispiel nannte er die weltweit erfolgreiche Anti-Piment-Gesichtspflege Nivea Luminous630, die mit Preisen um 20 Euro auch das teuerste Produkt des Nivea-Sortiments ist.

Neben Investitionen in neue nachhaltige Produkte und Verpackungen soll die Digitalisierung künftig eine noch größere Rolle spielen. „Wir bauen unser E-Commerce-Geschäft weiter aus und sorgen dafür, dass wir unsere Verbraucherinnen und Verbraucher digital und überall erreichen“, sagte der Vorstandschef. Als Beispiel nannte er die USA, wo das Unternehmen mittlerweile immer mehr über Social-Media-Kanäle wie TikTok kommuniziere. Insgesamt ist der Online-Verkauf im Consumer-Bereich trotz eines Anstiegs um 32 Prozent bei zehn Prozent des Umsatzes.

Enges Rennen bei der Behauptung des DAX-Platzes erwartet

Für das laufende Jahr bleibt der Ausblick von Finanzchefin Astrid Hermann wegen anhaltender Unsicherheiten vorsichtig. Steigende Rohstoff-, Energie und Logistikkosten würden den Konzern stärker belasten als in Aussicht gestellt. Beiersdorf will dem Einsparungen, Preiserhöhungen und der Einführung teuerer Produkte entgegensetzen. Hermann rechnet mit einem „mittleren einstelligen“ Wachstum und einer EBIT-Umsatzprognose auf dem Niveau von 2021 in Höhe von 13 Prozent. Noch nicht enthalten ist darin eine Vorhersage zu den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. Der Umsatzanteil in der Ukraine und in Russland liegt zusammen bei unter drei Prozent. Derzeit liefert Beiersdorf noch nach Russland. „Wir prüfen im Moment die Lage und die Auswirkungen der Sanktionen“, hieß es.

An der Börse kamen die Profitabilität der Konsumgütersparte und die Wachstumsprognose gut an. Die vorgelegten Zahlen seien solide, sodass der Markt sie positiv aufnehmen sollte, schrieb Analystin Emma Letheren von der Bank RBC (Kanada). Die Aktie stieg bis zum Nachmittag um fast vier Prozent auf knapp 94 Euro. Trotzdem könnte es für Beiersdorf laut Experten ein enges Rennen bei der Behauptung des DAX-Platzes werden. Der Konzern war nach dem Abstieg in den M-DAX im Herbst 2021 erst im März in den Leitindex zurückgekehrt. Mögliche Wechsel werden am Donnerstag bekannt gegeben.