Hamburg. Bei Blohm + Voss liegen im Hafen drei Luxusschiffe, die superreichen Russen gehören sollen. Die Werft gibt sich schweigsam.
Sie sind die Statussymbole der Superreichen auf den Weltmeeren, haben Hunderte Millionen Dollar gekostet, sind oft mit Hubschrauberdeck, ausgedehnten Pools und allerlei anderen Annehmlichkeiten für die Passagiere ausgestattet. Mancher Eigner geht eher selten an Bord, um sich einige Tage Entspannung vom Milliardärs- oder Oligarchendasein zu gönnen. Damit ihm das jederzeit möglich ist, liegt die persönliche Super-Yacht meist mit voller Mannschaft und vorbereitet für das sofortige Auslaufen im Hafen bereit.
Die Schiffe selbst sind unübersehbar, das sollen sie auch sein. Doch zugleich wird bisweilen ein großes Geheimnis darum gemacht, wem sie denn nun gehören. Besonders die Oligarchen aus Russland und den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, die nach dem Zerfall des Riesenreichs oft binnen weniger Jahre und unter zuweilen dubiosen Umständen ein Milliardenvermögen angehäuft haben, legen sehr viel Wert auf Diskretion.
Ukraine-Krieg: Was passiert mit den russischen Yachten im Hamburger Hafen?
Sicher aber ist: Im Hamburger Hafen liegen derzeit allein drei Luxusschiffe, die allesamt im Oligarchenbesitz sein sollen. Alle drei hat Blohm+Voss teils schon vor Monaten in Obhut genommen – vermutlich für technische und kosmetische Verjüngungskuren. Was genau dort an Bord von „Luna“, „Solandge“ und „Dilbar“ geschieht, ist eine der vielen Fragen, die die Werft auf Anfrage des Abendblatts nicht beantwortet. Von außen zu erkennen ist es meist auch nicht. Nur die „Luna“ liegt gut sichtbar in Dock 11. „Dilbar“ und „Solandge“ dagegen werden durch mit Planen abgehängte Gerüste auch vor unerwünschten Blicken geschützt.
Vergleichsweise viel ist über die „Luna“ bekannt: Die knapp 115 Meter lange Mega-Yacht wurde 2010 auf der Lloyd-Werft in Bremerhaven für den Oligarchen Roman Abramowitsch gebaut. Vier Jahre später gab der sie nach übereinstimmenden Berichten an Farchad Achmedow weiter, der mit Gasförderung in Sibirien ein Milliardenvermögen angehäuft hatte. Seit 2018 indes ist die „Luna“ Teil eines erbittert geführten Scheidungsverfahrens zwischen Achmedow und Ex-Gattin Tatjana. Anfang November traf die Yacht bei Blohm+Voss ein.
Blohm+Voss-Mutterkonzern Lürssen wollte sich nicht äußern
Kurz zuvor hatte die „Dilbar“ die Werft erreicht. Mit 156 Metern Länge gehört sie zu den größten motorgetriebenen Yachten der Welt. 2016 gebaut bei Lürssen in Bremen für Alischer Usmanow. Der Russe usbekischer Herkunft hat ein Vermögen mit Unternehmen im Bergbau, Metallindustrie, IT und Telekommunikation gemacht. Nach gut fünf Jahren erhält die „Dilbar“ in Dock 17 offenbar eine umfangreiche Überarbeitung. In Dock 6 am Wendemuthkai liegt seit Anfang Dezember die „Solandge“. 85 Meter lang, vor zehn Jahren ebenfalls bei Lürssen gebaut, hatte diese Mega-Yacht schon mehrere steinreiche Eigner. Derzeit soll es Suleiman Kerimow sein.
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Der Blohm+Voss-Mutterkonzern Lürssen wollte sich zu alldem auf Abendblatt-Anfrage nicht äußern. Die Werft lässt im Dunkeln, wer ihre Auftraggeber sind und ob russische Eigentümer wegen der Sanktionen nach Beginn des Kriegs gegen die Ukrainer ihre Schiffe nun entfernen müssen. Auch ob die Werft angesichts des eingeschränkten Zahlungsverkehrs mit Russland um ihre Bezahlung bangt, blieb offen. Ein Lürssen-Sprecher sagte lediglich: „Wir bitten um Verständnis, dass wir hierzu keine Stellungnahme abgeben.“ Unmittelbare Gefahr im Verzug ist für Blohm+Voss offenbar nicht. Keiner der Männer, denen die Super-Yachten gehören sollen, steht auf der Sanktionsliste der EU.
Überraschender Aufbruch von Luxus-Yacht „Graceful“
Gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin dagegen wurden Sanktionen verhängt. Auch ihm wird eine Luxus-Yacht zugeschrieben, die vor Kurzem noch in Hamburg war. Vor einigen Wochen jedoch verließ die „Graceful“ Blohm+Voss nach einem mehrmonatigen Werftaufenthalt. Der Aufbruch, heißt es, sei überraschend gekommen. Die Arbeiten seien noch gar nicht abgeschlossen gewesen.
Anmerkung der Redaktion: Inzwischen steht ein Yachtenbesitzer auf der Sanktionsliste der EU. Lesen Sie hier: Verwirrspiel: Bekommen Oligarchen ihre Megayachten zurück?