Hamburg. Zeichnen, Programmieren, Jonglieren – über die Plattform Buya soll außerschulisches Lernen gefördert werden. So teuer sind die Kurse.
In einem Theaterstück mitspielen, ein eigenes Computerspiel programmieren oder ein Stirnband stricken – es gibt viele Dinge, für die Kinder sich interessieren und die sie gerne lernen wollen. Aber nicht immer gibt es die Möglichkeit, das selbstständig, auch mal ohne Eltern zu tun. Weil es das passende Angebot gerade nicht in der Nähe gibt, es zu teuer ist oder wegen Corona vieles ausfällt. Zwei Hamburger Väter wollen sich damit nicht zufriedengeben.
„Um die Vielfalt des Bildungsangebots abzubilden und unkompliziert zugänglich zu machen, braucht es neue Konzepte“, sagen Moritz Otterbach und Björn Schmuck. Gemeinsam haben sie die Internetplattform Buya entwickelt, über die sie mehrere Hundert Online-Kurse für Kinder und Jugendliche anbieten – spielerische Wissensvermittlung statt Paukerei als Ergänzung zur Schule. Die Mission: „Unser Bildungssystem wird heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht, wie Pisa-Studien und auch die Pandemie gezeigt haben. Es fehlen qualifizierte webbasierte Angebote.“
Online-Kurse für Kinder: Buya-Gründer sind voll ins Risiko gegangen
Spätestens seit im Lockdown Millionen Schüler monatelang am Computer zu Hause gelernt haben, ist E-Learning im Kinderzimmer angekommen. Auch die Buya-Gründer beschäftigen sich jeden Tag damit, wie und was Kinder lernen und Talente gefördert werden können – oder aus Sicht von Eltern sollten. „Die Idee für eine Online-Bildungsplattform war schon vor Corona entstanden“, sagt Schmuck. Anfang 2020 haben die Gründer ihr Projekt gestartet.
Dafür sind sie voll ins Risiko gegangen. Schmuck, 40 Jahre alt und gelernter Banker, kündigte seinen Job, in dem er zuletzt in Frankfurt ein Fintech-Start-up für die Sparkassen mit aufgebaut hatte. Otterbach, ebenfalls 40 Jahre alt und Banker, investierte Teile seiner Elternzeit. Zusammen haben sie einen hohen fünfstelligen Betrag in ihr Geschäftsmodell gesteckt. Seit August 2021 ist Buya online. Nach Abschluss einer Finanzierungsrunde, bei der die Neuunternehmer gerade zwei Millionen Euro eingesammelt haben, soll es jetzt richtig losgehen. Unter anderem hat der Hamburger und FinanzCheck-Mitgründer Moritz Thiele investiert.
Buya: Bis zu 50 Kurse für Kinder laufen parallel
Die Schaltstelle des neuen Lernportals ist ein kleines Büro im 15. Stock einer Coworking-Fläche im Kallmorgentower an der Willy-Brandt-Straße. Von hier aus managen Schmuck und Otterbach das Kursangebot für Kinder von drei bis 18 Jahren. Man kann eine Glückswerkstatt buchen, lernen, wie das Internet funktioniert, einen Crashkurs für binomische Formeln belegen und sich Nachhilfe in Mathe oder Chemie besorgen. Es geht ums Forschen, Entdecken, Ausprobieren und manchmal auch nur darum, Zeit zu überbrücken – als Alternative zu Instagram & Co.
Bis zu 50 verschiedene Kurse laufen parallel, die meisten am Nachmittag und am Wochenende. Über einen Filter können Eltern für ihre Kinder nach Alter, Kategorie und Termin passende Angebote suchen und buchen. Zu Hause braucht man einen Computer mit Kamera und Mikrofon und einen sicheren Internetzugang. Hilfestellung gibt zudem das Merkmal „Vorteile für dein Kind“ mit Aspekten wie „fördert Teamfähigkeit“, „erweitert Vorstellungskraft“ oder „fördert Körpergefühl und Fitness“. „Es gibt kaum Grenzen, was die Themen und Inhalte angeht, solange sie kindgerecht aufbereitet sind“, sagt Otterbach.
Einheiten in der Gruppe kosten zwischen 10 und 15 Euro
Dabei versteht das Gründerduo Buya als Marktplatz. „Wir arbeiten inzwischen mit mehr als 1000 Online-Dozenten zusammen“, sagt Björn Schmuck. Darunter sind Pädagogogen, Künstler, Sporttrainer, Wissenschaftler, Schauspieler und Influencer. Wer für ein Lernangebot über den Livestreamingdienst freigeschaltet werden will, muss Lebenslauf und Zeugnisse einreichen, auch ein Bewerbungsvideo gehört zur Prüfung der Qualifikation.
Bei der Gestaltung ihrer Kursinhalte sind die Tutoren frei, entscheiden selbst über Termine, Kurszeiten und Preise. In der Regel kosten die Einheiten zwischen 10 und 15 Euro pro Kind in einer Gruppe. Die günstigsten Angebote gibt es ab 5 Euro. Einzelstunden, in denen sich ein Lehrender allein mit einem Teilnehmer vor dem Bildschirm trifft, sind teurer und können schon mal 40 Euro kosten.
Die Anmeldung für das Portal, das über Zoom läuft, ist kostenfrei, gezahlt wird pro gebuchtem Kurs. Von den Gebühren gehen 30 Prozent an Buya. „Wir machen Stichproben bei den Live-Angeboten, um die Qualität zu kontrollieren“, sagt Otterbach. Außerdem werde jede Einheit aufgezeichnet und erst nach sieben Tagen gelöscht – falls es Beschwerden gibt.
Education-Start-ups liegen im Trend
Sogenannte Education-Start-ups liegen im Trend. Die Bildungswirtschaft wächst in Deutschland seit Jahren und hat mit 133 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung eine größere ökonomische Bedeutung als die Tourismus- und Sportbranche zusammen. Nach Angaben Statistischen Bundesamts liegen die Konsumausgaben für Kinder im Bereich Bildung bei monatlich 102 Euro plus weitere 96 Euro für Freizeit, Kultur und Unterhaltung (Familien mit einem Kind). Die Palette der Online-Bildungsangebote für die Zielgruppe reicht von Nachhilfe-Unterricht über Sprach- und Musik-Lernprogramme bis zu monothematischen Kursen etwa zu Geld oder Aufklärung.
Schon länger auf dem Markt ist etwa der Anbieter Silicon Valley Kids aus Berlin, der sich stark an schulischen Lerninhalten orientiert. Auch die Haba Digitalwerkstatt macht am Hamburger Standort ein Online-Angebot.
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Buya zählt schon 10.000 registrierte Kunden
Ein halbes Jahr nach dem Start haben sich 10.000 Kunden bei Buya registriert. „Das Bildungsangebot, das wir machen, ist in dieser Form einzigartig in Deutschland“, sagt Schmuck. Besonders beliebt war kurz vor Weihnachten ein Online-Adventstheater, bei dem die Gruppenhöchstzahl von 18 Kindern erreicht wurde. Auch ein Kursus, bei dem die Teilnehmer mit einem Autobauer über Wochen ein Auto am Bildschirm designen, gehört zu den Favoriten genau wie das Angebot von Schauspielerin Mirya Kalmuth („Großstadtrevier“), die Lesekurse für Grundschüler anbietet. Die Zahl der Kurse soll deutlich steigen. Parallel wächst die Zahl der Lehrenden. Aktuell stünden mehrere Hundert Bewerber auf der Warteliste, sagt Otterbach.
Für dieses Jahr haben sich die Gründer vorgenommen, das Wachstum ihres Start-ups voranzutreiben. „Unser Ziel sind vier Millionen Unterrichtsminuten bis Ende 2022“, sagt Schmuck. Aktuelle Zahlen nennen die Gründer nicht. „Der Digitalisierungsschub durch Corona hat ganz neue Chancen und Möglichkeiten eröffnet“, sagt Otterbach. Einen weiteren Lockdown wünschen sich die Väter von insgesamt vier Kindern trotzdem nicht. „Wir sehen auch ohne Pandemie ein Riesenpotenzial für unser Angebot.“