Hamburg. Steakhauskette Block House verhandelt mit der Stadt wegen eigener Teststationen. Andere schlagen flächendeckende Schließungen vor.
Am nächsten Montag befürchtet Stephan von Bülow einen ähnlichen Effekt wie nach dem 20. November 2021. Damals hatte der Hamburger Senat die 2G-Regelung in der Gastronomie eingeführt. Es durften also nur noch Geimpfte oder Genesene in die Gaststätten. „In der darauffolgenden Woche sind die Umsätze dramatisch eingebrochen“, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung der Block Gruppe, zu der neben dem Hotel Grand Elysée die Block-House-Kette gehört. Etwa halb so viel wie zuvor sei in den Steakhäusern noch erlöst worden – und das Niveau habe schon weit unter der Vor-Corona-Zeit gelegen.
„Ab Montag rechnen wir erneut mit einem kräftigen Umsatzeinbruch von etwa 50 Prozent“, sagt von Bülow. Dann gilt in Hamburg die 2G-plus-Regelung. Geimpfte und Genesene brauchen also zusätzlich einen aktuellen Test. Davon ausgenommen sind nur Personen, die eine Auffrischungsimpfung erhielten. „Viele unserer Gäste dürften sagen: ,Ich bin geimpft, warum soll ich jetzt noch einen Test machen?‘“, sagt von Bülow.
Gastronomie Hamburg: Vincent Vegan befürchtet Einbußen
Eine ähnliche Reaktion erwartet Christian Kuper, Gründer der veganen Fast-Food-Kette Vincent Vegan mit drei Restaurants in Hamburg und zwei in Berlin. „Wenn jetzt noch der Test hinzukommt, überlegen sich die Leute, ob sie noch weiter essen gehen“, sagt Kuper. Das bisherige Prozedere mit Zeigen der Covpass-App und des Personalausweises stoße bei einigen Kunden ohnehin auf Ablehnung. In seinen Läden sei der Umsatz nach der Einführung von 2G um 30 bis 40 Prozent runtergegangen. Ab Mitte Dezember lief es dann wieder besser.
Von Bülow machte die Erfahrung, dass nach einer Woche der Großteil des (reduzierten) Umsatzes wieder da war. Einige Gäste dürften sich unter den neuen Rahmenbedingungen sicherer gefühlt haben und kehrten zurück in die Block Häuser. Ob das nun wieder so sein wird, ist für den Geschäftsführer allerdings offen. Aus seiner Sicht gibt es auch zu wenige Testmöglichkeiten.
„Wir könnten Tests vor unseren Restaurants anbieten"
Daher plant er, selbst aktiv zu werden. „Wir könnten Tests vor unseren Restaurants anbieten – gegen einen Selbstkostenpreis von etwa 3 Euro“, sagt von Bülow. „Da sind wir aber noch in Klärung mit der Stadt, ob das genehmigungsfähig ist. So könnten unsere Gäste spontan einen Test machen und im Anschluss essen. Das würde unseren Restaurants helfen.“
Von Bülow fordert von der Politik mehr Unterstützung: „Wir brauchen eine Aufstockung der Wirtschaftshilfen. Die Hilfen sind aktuell gedeckelt, das hilft so großen Unternehmen wie uns nicht mehr, weil wir sie bereits in Anspruch genommen haben.“ Zwar soll die Überbrückungshilfe von zwölf Millionen Euro um 2,5 Millionen Euro aufgestockt werden. Aber auch das reiche nicht. Man könne der Branche nicht immer neue Einschränkungen auflegen, die zu Umsatzrückgängen führen, und dann blieben die Hilfen auf dem Niveau stehen.
Chef der Block Gruppe fordert einheitliche Regelungen
Der Chef der Block Gruppe macht sich zudem für eine weitere Maßnahme stark. „Die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Speisen sollte entfristet werden“, so von Bülow. Bisher gilt, dass bis zum Ende 2022 nur sieben statt 19 Prozent erhoben werden. Aber bis dahin habe sich die Gastronomie mit Sicherheit noch nicht erholt. Zudem wünscht er sich bundeseinheitliche Regelungen. Schließlich ist das Block House mit 44 Filialen – davon 14 in Hamburg – und 1200 Mitarbeitern deutschlandweit aktiv. Eine Mitarbeiterin sei nur dafür abgestellt, sich um die unterschiedlichen Länderregelungen zu kümmern, die sich zudem fast täglich ändern würden.
Eine klare und dauerhaft verbindliche Richtlinie aus der Politik wünscht sich Jens Stacklies (Fischauktionshalle), der im Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Hamburg Vizepräsident ist. „Wenn sie mich persönlich fragen, wäre es am sinnvollsten die Gaststätten für einen Monat komplett zu schließen. Alles andere ist ein Herumdoktern und Sterben auf Raten. Für die Mitarbeiter müsste Kurzarbeitergeld bezahlt werden, für die Unternehmen der Umsatzausfall“, sagt Stacklies, der auch eine Vereinfachung der Hilfen fordert.
„Ich bin ein wenig rat- und machtlos"
In der Branche ist der Unmut über die sich ständig ändernden Vorgaben aus der Politik während der nun fast schon zwei Jahre dauernden Pandemie groß. Eigentlich sei statt der Sieben-Tage-Inzidenz die Hospitalisierungsrate als neuer Maßstab auserkoren worden, die nicht wesentlich steigt, sagt Kuper. Trotzdem gibt es Regelverschärfungen. „Ich bin ein wenig rat- und machtlos. Ich kann als Unternehmer derzeit so viel Arbeit reinstecken wie ich will. Ich bin von fremden Händen bestimmt – und ich habe mich selbstständig gemacht, weil ich genau das nicht wollte.“
Einen Anspruch auf Wirtschaftshilfen habe sein Unternehmen nicht, weil Vincent Vegan nicht weniger Umsatz macht als 2019. „Das liegt aber daran, dass wir mehr Läden haben als damals“, sagt Kuper, der in der Pandemie investierte und in Berlin und im Hamburger Hauptbahnhof neue Restaurants eröffnete.
Schönes Leben könnte schließen
Stacklies öffnet seine Privatbrauerei Gröninger hingegen seit fast einem Jahr nur für Außer-Haus-Verkauf. Im September fand in der Fischauktionshalle die letzte Veranstaltung statt. Danach wurde die Halle nur noch für Filmdrehs vermietet. Für Januar und Februar sind alle Veranstaltungen abgesagt, der März hänge in der Warteschleife. Allerdings hingen an großen Events auch Flüge und Hotelbuchungen.
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Das ist momentan nur schwer planbar, entsprechend sind Großveranstaltungen unwahrscheinlich. Geöffnet haben derzeit nur noch Schönes Leben in der Speicherstadt und Schönes Leben auf dem Lande in Neuendeich bei Uetersen. Ob das noch lange so bleibt, sei mehr als fraglich, sagt Stacklies. „Wir werden uns 2G-plus anschauen. Aber die Konsequenz wird sehr wahrscheinlich sein, dass wir die Läden schließen.“ Weitere seiner insgesamt 250 Mitarbeiter müssten in Kurzarbeit gehen oder Urlaub nehmen. Im schlimmsten Fall drohen Stellenstreichungen.
Gastronomie Hamburg: Vorbereitungen auf Kurzarbeit
Die Vorbereitungen für Kurzarbeit laufen bei Block House und bei Vincent Vegan – auch wenn beide Unternehmen versuchen, dies zu verhindern. Denn die Gastronomie hat durch die Corona-Krise bereits zigtausende Mitarbeiter an andere Branchen verloren. Kurzarbeit erhöhe stets die Mitarbeiterfluktuation, sagt von Bülow: „Besonders die Servicemitarbeiter verlieren durch das fehlende Trinkgeld einen Teil ihres Einkommens.“ Und Kuper will derzeit höhere Verluste in Kauf nehmen und versuchen, das Personal zu halten, „in der Hoffnung, dass sich die Lage im Frühling ändert“.