Hamburg. Die Inflationsrate steigt weiter: Nicht nur an der Tankstelle, auch in der Gastronomie wird es für Kunden teurer. Die Hintergründe.
Monatelange Lockdowns, verschärfte Hygiene- und Abstandsmaßnahmen und jetzt neue Einschränkungen durch die 2G-Regel – die Corona-Pandemie setzt der Gastronomie zu. Viele Restaurants und Cafés in Hamburg stehen trotz staatlicher Hilfen inzwischen unter Druck. Nicht nur kleine, inhabergeführte Betriebe, sondern auch die großen der Branche in Hamburg haben inzwischen mit Preiserhöhungen reagiert.
Und so wird sich mancher Stammgast beim Besuch in einem der Block-House-Restaurants in den vergangenen Tagen die Augen gerieben haben. Ob Klassiker wie Mr. und Mrs. Rumpsteak, Block Burger oder Rote-Bete-Carpaccio – alles ist teurer geworden. Besonders auffällig ist das bei Mrs. Rumpsteak, einem der Bestseller auf der Speisekarte der Hamburger Steak-Brater: Glatt 20 Euro kostet das Stück Rindfleisch mit Backkartoffel, Salat und Brot jetzt. Zuvor betrug der Preis 19,50 Euro.
Block House hebt wieder Preise an
„Es ist richtig, dass wir Ende November die Preise angehoben haben“, sagt Block-House-Chef Stephan von Bülow. Durchschnittlich wurden 2,9 Prozent bei Speisen und Getränken aufgeschlagen. Der Classic Block Burger kostet jetzt 12,90 Euro, ein kleines Bier vom Fass 3,60 Euro und die Tasse Kaffee zum Abschluss drei Euro.
Das Plus sind nur wenige Cent, aber es summiert sich. Die Rechnung für einen Restaurantbesuch mit vierköpfiger Familie kann da schnell mal bei 100 Euro und mehr liegen. Zudem ist es nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass die Preise für Steaks & Co im Block House gestiegen sind. Zuletzt waren im April wie jedes Jahr 1,7 Prozent aufgeschlagen worden. Dass es jetzt zwei Preiserhöhungen in einem Jahr gibt, ist eine Premiere in der mehr als 50-jährigen Geschichte der von Eugen Block gegründeten Steakhaus-Kette.
Inflation erreichte Sechs-Prozent-Marke
Das Leben wird teurer, das merken die Verbraucher gerade in allen Bereichen. Der Lebensmitteleinkauf im Supermarkt, Tanken oder Heizen – überall muss man mehr bezahlen. Im November hat die Inflationsrate bundesweit sogar die Sechs-Prozent-Marke erreicht. Angeheizt wird die Inflation, die im vergangenen Jahr besonders niedrig war, vor allem von steigenden Energiepreisen und vorübergehenden Sonderfaktoren infolge der Corona-Krise wie etwa der Rückkehr zu den üblichen Mehrwertsteuersätzen.
Aber auch viele Rohstoffe sind teurer geworden, genau wie die Transportkosten. Das schlägt sich unter anderem in der Gastronomie nieder. Laut Preismonitor des Statistik-Bundesamts liegt der Durchschnittspreis für den Verzehr einer Hauptspeise aktuell um 5,3 Prozentpunkte über dem im März 2020. Dabei ist der Sprung von 2,5 Prozentpunkten von Mai auf Juni dieses Jahres – also direkt nach dem zweiten Lockdown – besonders deutlich.
Warum Restaurants teurer werden
Das hat mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu tun, aber nicht nur. „Es gibt mehrere Gründe für die Preiserhöhung “, sagt Stephan von Bülow, der als Vorsitzender der Geschäftsführung für die gesamte Block Gruppe zuständig ist und zudem im Vorstand des Dehoga Bundesverbands sitzt. Ganz oben auf der Liste steht nach seinen Worten der Fachkräftemangel in der Gastronomie, der sich infolge der Pandemie massiv verschärft hat.
„Wir haben 300 offene Stellen im Unternehmen“, sagt der Betriebswirt. Viele Beschäftigte seien während des Lockdowns in andere Branchen abgewandert, weil sie dort sicherere und besser bezahlte Arbeitsplätze gefunden hätten. „Die Gastronomie hat ein schlechtes Image, viel Arbeit und wenig Lohn. Das ändern wir, weil wir im Wettbewerb um gutes Personal erfolgreich sein wollen.“
Restaurants: Fleischpreise steigen enorm
Schon jetzt zahle die Block-Gruppe mehr als die meisten – und im unteren Lohnsegment auch bis zu einem Euro über dem aktuellen Mindestlohn von 9,60 Euro. Weitere Anhebungen seien geplant, sobald klar ist, wie es mit der beschlossenen Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro genau laufe. „Für die Attraktivität der Gastronomie ist es wichtig, dass unsere Mitarbeiter von ihrer Arbeit gut leben können“, erklärt der Block-Chef.
Parallel machen die gestiegenen Preise für Rohstoffe dem Unternehmen zu schaffen. „Die Fleischpreise auf dem Weltmarkt gehen drastisch in die Höhe“, sagt von Bülow. Trotz erster regionaler Aufzuchtprogramme kommt der Großteil des Rindfleisches, das zu Steaks und Burgern verarbeitet wird, aus Südamerika. Für die Gruppe mit bundesweit 43 Block-House-Restaurants schlügen Mehrkosten in Höhe von 20 und 30 Prozent zu Buche.
Warum Block House die Preise erhöht
Dahinter stecken zwei Entwicklungen: Die Nachfrage nach Rindfleisch ist weltweit gestiegen, zugleich stellen die großen Erzeugerländer weniger Ware für den Export zur Verfügung. Das hat in den vergangenen Monaten zu einer Preisspirale geführt. „Auch, dass wir dem Tierwohl zunehmend Rechnung tragen wollen, kostet Geld“, sagt Stephan von Bülow. Dazu kämen höhere Fracht- und Energiekosten und die Mehrkosten für Corona-Hygienekonzepte und Kontrollen, das alles gepaart mit den Umsatzeinbußen durch Corona hätten die Preiserhöhungen für die Block-House-Kunden notwendig gemacht.
„Gerade im Vergleich zum Ausland sind die Preise in deutschen Restaurants oft noch niedriger“, sagt auch Jens Stacklies. Der Unternehmer ist Chef der Stacklies-Gruppe, zu der unter anderem die Privatbrauerei Gröninger und die Fischauktionshalle gehören, und vertritt als stellvertretender Dehoga-Vorsitzender etwa 6000 Gastronomie-Betriebe in Hamburg.
Restaurants müssen Preise anpassen
„Es ist überfällig, dass die Gastronomen ihre Preise anpassen.“ Nach Stacklies’ Schätzung haben etwa 50 Prozent der Hamburger Gastronomen in den vergangenen Monaten die Preise angehoben. „Auch die anderen 50 Prozent werden nachziehen, sonst kommen sie nicht zurecht.“ Er attestiert der Branche ein neues Selbstbewusstsein. „Uns als Gastgebern wird mehr Wertschätzung entgegengebracht, weil die Menschen während des Lockdowns gemerkt haben, was ohne die Gastronomie fehlt.“
„Nach dem langen Mangel an Dienstleistungen gibt es derzeit ein hohes Bedürfnis, gastronomische Angebote zu nutzen“, beobachtet Professor Henning Vöpel, bis Oktober Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) und jetzt Leiter des Berliner Centrums für Europäische Politik. Löhne und Gehälter seien während der Pandemie bei vielen relativ stabil geblieben. „Das gibt der Gastronomie bei eingeschränkter Nutzung der Kapazitäten Spielräume für Preissteigerungen, die jetzt genutzt werden.“
Restaurants in Hamburg bleiben teuer
Gerade auch Menschen mit höheren Einkommen seien bereit, mehr Geld im Restaurant auszugeben. Dabei sieht Vöpel aktuell mehrere Gründe auf der Kostenseite, die die Preissteigerungen nachvollziehbar machten, wie höhere Rohstoff- und Energiepreise sowie mehr Personalausgaben. „Aber selbst wenn die Preissteigerungsfaktoren wegfallen, werden die Preise nicht wieder runtergehen“, sagt er und nennt als Vergleich die Preissteigerungen nach der Umstellung von D-Mark auf Euro im Jahr 2002.
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Sperrklinkeneffekt heißt das in der Fachsprache. Mit einem Konsumverzicht rechnet der Volkswirt trotzdem eher nicht. „Die Menschen werden die Preise akzeptieren, weil ihnen der Restaurantbesuch als Teil des Lebens außerhalb der Wohnung wichtig ist.“
Block-House-Chef fordert Umdenken
Block-House-Chef von Bülow fordert ein Umdenken bei den deutschen Verbrauchern – und macht ein Rechenbeispiel auf: In den vergangenen fünf Jahren seit 2016 sei der Preis für Mrs. Rumpsteak um 2,10 Euro gestiegen. Das entspreche 11,7 Prozent und gut zwei Prozent im Jahr. „Für ein gutes Stück Fleisch muss man auch bereit sein, einen angemessenen Preis zu zahlen.“