Hamburg. Der Pizzalieferdienst wächst auch im zweiten Corona-Jahr kräftig. Deutschland-Chef Thijs spricht im Abendblatt über seine Pläne.
Stoffel Thijs sitzt in seinem Zuhause in Amsterdam. Wie weite Teile seiner Beschäftigten arbeitet der 40 Jahre alte Deutschland-Geschäftsführer von Domino’s Pizza wegen der derzeit angespannten Pandemie-Lage nur selten in der Zentrale in der Hamburger HafenCity. Das Abendblatt spricht mit ihm per Video.
Herr Thijs, Sie sind als Niederländer Chef vom Pizzalieferdienst-Marktführer in Deutschland. Was gab es Weihnachten bei Ihnen zu essen?
Stoffel Thijs: Ich koche sehr gerne – wollte eigentlich auch mal Koch werden – und habe eine vegetarische Suppe aus Linsen, Möhren und Tomaten als Vorspeise gemacht. Als Hauptspeise gab es Blätterteigtaschen, zum Beispiel gefüllt mit Gorgonzola. Und am zweiten Weihnachtstag habe ich für meine Schwiegermutter und deren Schwester ein Risotto mit Erbsen, Sellerie, Zwiebeln, Pilzen, Parmesan und Rucola gemacht. Meine Frau sagt, die Familie war zufrieden mit meinen Kochkünsten (lacht).
Also haben Sie sich überwiegend vegetarisch ernährt. Den Januar beginnen viele Menschen als Veganuary, indem sie sich einen Monat lang vegan ernähren – Sie auch?
Stoffel Thijs: Ja. Auch die Mitarbeiter unserer Zentrale in der HafenCity sind dazu aufgerufen, sich im Januar freiwillig vegan zu ernähren. Zu Hause koche ich ohnehin nur ab und an Fleisch für die Kinder, aber nicht für meine Frau und mich. Ich bin Flexitarier, esse also nur selten Fleisch. Das ist eine große, stark wachsende Gruppe, insbesondere bei jungen Leuten.
Für die Domino’s neue vegane Produkte auf den Markt bringen wird?
Stoffel Thijs: Jede neunte verkaufte Pizza in Deutschland ist eine klassische Salami-Pizza. Sie ist unser Verkaufsschlager. Ab dem 5. Januar gibt es bei uns nun erstmals eine vegane Salami-Pizza. Das war eine ziemliche Herausforderung, unsere Produktentwicklung hat daran lange getüftelt. Nun sind wir aber begeistert. Der Belag besteht aus veganem Sojaaufschnitt Typ Salami und stammt vom Unternehmen The Vegetarian Butcher, das mittlerweile zu Unilever gehört. Zudem verkaufen wir neu ein veganes Cinnamon Bread (Zimtbrot) und veganes Ben & Jerry’s-Eis Cookie on Cookie Dough. Insgesamt bieten wir mittlerweile 16 vegane Produkte an – von fünf verschiedenen Pizzen über Pizzabrötchen, Röstisticks, Dips, Desserts bis hin zu Getränken.
Im Corona-Jahr 2020 gehörten Lieferdienste zu den Gewinnern. Auch Domino’s meldete mit 290 Millionen Euro einen Rekordumsatz hierzulande. Wie sieht es 2021 aus?
Stoffel Thijs: Der Umsatz ist erneut kräftig gewachsen, im zweistelligen Prozentbereich. Unser Gewinn und der unserer Franchisepartner ist ebenfalls gestiegen – aufgrund der Börsennotierung unseres Mutterkonzerns in Australien können wir aktuell keine konkreten Zahlen nennen. Trotzdem war es ein spannendes und herausforderndes Jahr. Beispielsweise hatten wir zwischenzeitlich mit Lieferschwierigkeiten unserer Hauptlieferanten zu kämpfen. Unser Einkauf musste also flexibel reagieren und auf andere Lieferanten zurückgreifen. Oder weil es zu wenige Container gab, um unsere neuen Backöfen aus Amerika zu transportieren. Es kam zu Verzögerungen beim Schiffstransport – und er wurde teurer. Zudem haben auch wir Schwierigkeiten, unsere offenen Stellen zum Beispiel in der IT und bei Fahrerjobs zu besetzen. Und die Zahl der Krankmeldungen steigt derzeit, auch weil Mitarbeiter sich mit Corona infizieren oder als Vorsichtsmaßnahme in Quarantäne müssen. Im Vergleich zu vielen stationären Gastronomen können wir uns aber nicht über das vergangene Jahr beschweren.
Spürten Sie Einbußen, als Restaurants nach dem Lockdown 2021 wieder öffneten?
Stoffel Thijs: Wir hatten damit gerechnet, dass die Leute wieder verstärkt ihre Lieblingsrestaurants besuchen. Ich würde das auch begrüßen, wenn ihnen der Rücken gestärkt wird. Umsatzrückgänge erlitten wir aber nicht. Wir wuchsen nur weniger stark. Auch für dieses Jahr erwarten wir ein sehr starkes Liefergeschäft. Die Geschäftsentwicklung hängt aber stark vom – neben dem Personal – zweiten zentralen Thema ab: der Inflation.
Das hört sich nach Preiserhöhungen an ...
Stoffel Thijs: Das ist nicht unsere favorisierte Strategie, aber wir kommen nicht drum herum. Wir werden sehr genau hinschauen und die Preise nur dort erhöhen, wo wir auch höhere Einkaufskosten spüren. Darüber hinaus passen wir Rezepturen zum Vorteil unserer Kunden an, verbessern konstant die Qualität unserer Produkte. Um wie viel die Preise steigen, entscheiden aber letztlich unsere Franchisepartner. Sie legen diese für jedes Geschäft innerhalb eines definierten Rahmens fest. Wir wollen die Abläufe noch effizienter gestalten, um den Endpreis für den Kunden attraktiv zu halten. Entscheidend ist letztlich auch die Größe des Liefergebietes. Je kleiner es ist, desto mehr Bestellungen können die Fahrer ausliefern und der Anteil der Lieferkosten sinkt.
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Wie lange dauert es denn von der Bestellung bis zur Lieferung?
Stoffel Thijs: Im vergangenen Frühjahr lagen wir im Schnitt bei 23,5 Minuten. Nun sind wir bei 25 Minuten. Das liegt aber an der Jahreszeit. Wie gesagt, es meldet sich mehr Personal krank. Es gibt Regen, Schnee, die Straßen können glatt sein. Unsere Fahrer sollen lieber etwas Gas rausnehmen, vorsichtig sein und die Pizza sicher liefern. Für uns steht die Sicherheit unserer Fahrer immer an erster Stelle. Dazu kommt, dass der Dezember ein Topmonat ist mit vielen Bestellungen. Möglichst bis Ende 2022 wollen wir im Schnitt bei weniger als 20 Minuten sein. In gut zugeschnittenen Geschäftsgebieten wie in der HafenCity und Rotherbaum unterschreiten wir diese Grenze deutlich. Am schnellsten erreichen wir unser Ziel, wenn wir neue Standorte eröffnen. Dann werden die Wege aus den Backstuben zu den Kundinnen und Kunden kürzer, die Lieferzeiten sinken.
Damit sprechen Sie die Expansion an. Was sind Ihre Pläne für dieses Jahr?
Stoffel Thijs: Ich habe weiterhin das ambitionierte Ziel, dass wir bis Ende 2022 zehn neue Geschäfte in Hamburg aufmachen möchten. Längerfristig sollen es 80 sein, derzeit sind es 40. Allerdings ist im Vorjahr nur ein neues hinzugekommen. Es ist in Hamburg äußerst schwierig, geeignete Standorte zu finden. Immerhin zwei Mietverträge sind unterzeichnet, aber Genaueres kann ich dazu jetzt noch nicht sagen. Schließlich brauchen wir noch die Genehmigung der Stadt dafür, dass wir dort ein Liefergeschäft eröffnen dürfen. Die müssen wir für jeden Store neu beantragen.
Wie sieht es deutschlandweit aus?
Stoffel Thijs: Im vergangenen Jahr haben wir 40 Stores eröffnet, den letzten übrigens in Husum. Nun betreiben wir und unsere Franchisepartner 384 Betriebe in Deutschland. In diesem Jahr sollen es deutlich mehr als 40 Neueröffnungen werden – sonst bin ich unzufrieden (schmunzelt). Den nächsten Meilenstein von 400 Stores wollen wir in jedem Fall bald erreichen. Die Marke Domino’s beschäftigt rund 10.000 Menschen bundesweit, viele davon natürlich auch in Teilzeit. In Hamburg dürften es geschätzt zwischen 800 und 900 Beschäftigte sein.
Wenn Sie so stark wachsen, bauen Sie auch Ihre Zentrale am Sandtorkai aus?
Stoffel Thijs: Im vergangenen Jahr sind wir dort von 120 auf 150 Mitarbeiter gewachsen. In zwölf Monaten sollen es mindestens 175 Beschäftigte sein – inklusive rund 30 Außendienstlern. Gesucht sind vor allem Mitarbeiter für das Marketing oder im Store Development, um neue potenzielle Standorte zu finden. Unser Produkt funktioniert, wir wollen perspektivisch 1000 Stores in Deutschland betreiben. Dazu müssen wir Mitarbeiter aufbauen. Derzeit haben wir acht offene Stellen in der Zentrale zu besetzen und viele weitere in den Stores deutschlandweit.