Hamburg. Kraftstoffpreise an Tankstellen liegen fast auf Rekordniveau und treiben Inflationsrate nach oben. Dafür gibt es vor allem einen Grund.

Für eine Tankfüllung zahlen Autofahrerinnen und Autofahrer am Jahresende 30 Prozent mehr als im Januar. Warum ist das so? Warum können sich Kunden in der Hansestadt trotzdem glücklich schätzen?; Wie geht es weiter mit den Preisen? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie haben sich die Benzinpreise in diesem Jahr entwickelt?

Die Preise für Super und Diesel an den deutschen Tankstellen kannten im Laufe dieses Jahres fast nur eine Richtung – aufwärts. Abgesehen von einigen kleinen Rücksetzern zwischendurch wuchs der Eurobetrag pro Liter Kraftstoff auf den Preistafeln der gut 14.000 Stationen hierzulande von Woche zu Woche.

In der ersten Januarwoche wurde für den Superkraftstoff E10 durchschnittlich gut 1,33 Euro aufgerufen, für Diesel waren es etwas mehr als 1,22 Euro. Als Mitte November die Preiskurven ihren bisherigen Höhepunkt des Jahres erreichten, waren es knapp 1,69 und gut 1,56 Euro. Ein Plus von annähernd 30 Prozent binnen elf Monate. Nur im Spätsommer 2012 war Benzin hierzulande noch ein bisschen teurer gewesen, für Diesel wurde gar ein neuer Rekordpreis ermittelt.

Ab Mitte November gingen die Tankstellenpreise dann zwar drei Wochen lang spürbar und um insgesamt etwa 10 Cent pro Liter zurück, doch zuletzt stiegen sie wieder leicht an. Die fast schon explosionsartige Entwicklung der Energiepreise auf Jahressicht ist der wohl wichtigste Grund für die derzeit ungewöhnlich hohe Inflationsrate.

Hinzu kommt: Gefühlt ist sie sogar noch stärker. Autofahrer erinnern sich noch gut an die sensationell niedrigen Preise Ende April und Anfang Mai 2020. Damals kostete E10 im bundesweiten Schnitt gerade einmal 1,13 Euro, Diesel lediglich 1,04 Euro – und war an Tankstellen in Hamburg zeitweise sogar für weniger als einen Euro pro Liter zu haben.

Welche Gründe gibt es dafür?

Für die Entwicklung gibt es eine ganze Reihe von Ursachen, zwei davon waren Besonderheiten, die Anfang dieses Jahres wirksam wurden. So stieg am 1. Januar der zuvor wegen der Corona-Pandemie für sechs Monate auf 16 Prozent gesenkte Mehrwertsteuersatz wieder auf den alten Wert von 19 Prozent. Einen größeren Effekt auf den Kraftstoffpreis hatte die Einführung der sogenannten CO2-Abgabe, die helfen soll, den Klimawandel einzudämmen. Pro Liter Super müssen Verbraucher in diesem Jahr sieben Cent Abgabe zahlen, bei Diesel sind es knapp acht Cent.

Der Hauptgrund für die hohen Kraftstoffpreise aber ist, dass der Rohstoff Erdöl deutlich teurer geworden ist. So betrug der Monats-Durchschnittspreis eines Barrels (159 Liter) der für Europa besonders wichtigen Sorte Brent im Januar noch 54,77 US-Dollar, im Oktober aber bereits 83,54 und im November 81,54 Dollar. Der Rohstoff verteuerte sich in der Spitze damit um etwa 50 Prozent. Und: Sowohl Erdöl als auch die fertigen Kraftstoffe aus den Raffinerien werden in US-Dollar gehandelt. Der Euro aber hat sich gegenüber der US-Währung verbilligt. Auch dieser Währungseffekt trägt zu den hohen Preisen an den Tankstellen bei.

Wie ist die Situation in Hamburg im Vergleich zu anderen Bundesländern?

Für Autofahrer, die an einer Station in Hamburg den Tank ihres Wagens auffüllen, gibt es eine gute Nachricht: Sie bekommen den Sprit in der Regel vergleichsweise günstig. Das zeigen die regelmäßigen Erhebungen des ADAC. Der Automobilclub ermittelt einmal im Monat zu einer bestimmten Tageszeit die Preise an allen Tankstellen in Deutschland, errechnet daraus den jeweiligen Durchschnittspreis in den 16 Bundesländern und erstellt daraus eine Rangliste der günstigsten Standorte. Egal ob Super oder Diesel – die Hansestadt liegt dabei regelmäßig auf den vorderen Plätzen.

Bei der jüngsten dieser Preiserhebungen im Dezember stand Hamburg sowohl bei E10 als auch bei Diesel auf Platz eins. „Bei Produkten wie Benzin und Diesel, bei denen es keine großen Qualitätsunterschiede gibt, ergibt sich der Preis aus Angebot und Nachfrage. Wahrscheinlich ist in Hamburg das Angebot sehr groß“, sagt Prof. Manuel Frondel vom RWI Leibnizinstitut für Wirtschaftsforschung in Essen, der regelmäßig Benzinpreis-Untersuchungen durchführt.

Tatsächlich ist die Tankstellendichte pro Quadratkilometer nur in Berlin noch etwas höher als in Hamburg. Und wenn die Konkurrenz nur wenige hundert Meter entfernt ist, setzen die Tankstellenbetreiber auf niedrige Preise, um Kunden zu gewinnen und möglichst viel zu verkaufen. Dass es auch anders geht, war beim jüngsten ADAC-Preisvergleich allerdings nur knapp 100 Kilometer von Hamburg entfernt zu sehen. In Bremen, wo es nach Berlin und Hamburg die drittgrößte Tankstellendichte gibt, waren die E10- und Dieselpreise die mit Abstand höchsten aller Bundesländer.

Wie werden sich die Preise voraussichtlich weiterentwickeln?

Viel spricht dafür, dass sich der Anstieg der Kraftstoffpreise tendenziell fortsetzt, wenn auch wahrscheinlich nicht mehr so stark wie im zu Ende gehenden Jahr. Klar ist: Die Steuern und Abgaben auf die Autokraftstoffe, die ohnehin schon den größeren Teil des Verbraucherpreises ausmachen (siehe Grafik), erhöhen sich zum 1. Januar erneut. Bei der CO2-Abgabe kommen weitere 1,4 bis 1,6 Cent pro Liter hinzu, in den Folgejahren sind weitere Erhöhungen der Abgabe geplant. Entscheidend aber wird sein, wie sich der Rohöl-Preis entwickelt.

Er wird seit mittlerweile fast zwei Jahren ganz wesentlich von der Corona-Pandemie bestimmt: Als im Frühjahr 2020 ein massiver Einbruch der Weltwirtschaft erwartet wurde, stürzte erst der Rohstoff-, dann der Spritpreis ab. Auch, weil die Nachfrage an den Tankstellen so gering war. Im April des ersten Coronajahres etwa wurden fast 35 Prozent weniger Ottokraftstoffe und fast 22 Prozent weniger Diesel verkauft als ein Jahr zuvor. Als vor wenigen Wochen die neue Omikron-Variante des Virus auftauchte, gab es erneut die Sorge vor einem Einbruch der Weltkonjunktur mit der Folge, dass weniger Öl benötigt wird – der Preis fiel. Zuvor hatten mehrere Staaten einen Teil ihrer Ölreserven auf den Markt geworfen, um den Preis zu dämpfen.

Die Ölförderländer in der OPEC+-Gruppe beschlossen kürzlich, die tägliche Fördermenge zu erhöhen. Auch das soll helfen, die Preise nicht zu stark steigen zu lassen. Weil aber der Rohstoffpreis von vielen nicht vorhersehbaren Faktoren bestimmt wird, weichen die Prognosen voneinander ab. Die Internationale Energie-Agentur glaubt, dass es zu einer „Pause bei der Preisrallye“ kommen könnte.

Die französische Bank Société Generale erwartet einen Rückgang auf 75 Dollar pro Barrel. Die US-Bank Morgan Stanley, die zuvor 90 Dollar im ersten Quartal 2022 vorausgesagt hatte, glaubt nun, dass es eher 82 Dollar sein werden. Wie auch immer: Ein möglicher neuer Lockdown hierzulande dürfte die Nachfrage und die Preise an den Tankstellen einbrechen lassen.

Welche Spartipps gibt es?

Zwischen fünf- und siebenmal pro Tag erhöhen die Tankstellen in Deutschland ihre Preise – zumeist kräftig. Danach gehen sie in vielen kleineren Schritten wieder zurück. Die Differenz zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Preis binnen 24 Stunden beträgt zumeist zwischen zehn und zwölf Cent. Das zeigen die Preisstudien des ADAC und der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-K) beim Bundeskartellamt.

Wer zur richtigen Tageszeit tankt, kann also viel sparen. Die Abendstunden nach 18 Uhr gelten als günstigste Zeit, der Morgen gegen 7 Uhr als die teuerste. Wie entscheidend für Pendler die Tageszeit, aber auch die Wahl der Fahrtstrecke zwischen Wohn- und Arbeitsort sein kann, fand die MTS-K bei einer Preisermittlung an zwei alternativen, je zehn Kilometer langen, Routen in München heraus. Am Nachmittag war der Preis für Super an der günstigsten Station dabei 12 Cent niedriger als der Preis an der teuersten Tanke am Morgen. Eine Ersparnis von sechs Euro bei einer Tankfüllung von 50 Litern.

Mehr noch: Mit einem kleinen Umweg konnte der Pendler eine besonders günstige Station erreichen. Die Preisdifferenz betrug dann sogar 19 Cent pro Liter, also 9,50 Euro pro Tankfüllung. Wann und wo das Tanken gerade billig oder eben teuer ist, lässt sich über eine Vielzahl von Benzinpreis-Apps – etwa vom ADAC. Die Seite Benzinpreis-Blitz.de zeigt zudem, wie und zu welcher Tageszeit die Stationen die Preise verändert haben – und was auf den Preistafeln in den kommenden Stunden voraussichtlich stehen wird.