Hamburg. Um 2700 Prozent ging es für den DAX seit 1980 in die Höhe. Hamburger Werte entwickeln sich dabei besonders gut.
Die Aktienkultur in Deutschland entwickelt sich – wenn auch langsam. Dazu beigetragen hat auch die Tatsache, dass es auf Sparguthaben so gut wie keine Zinsen mehr gibt, die Bundesbürger deshalb gezwungen sind, nach alternativen Geldanlagen Ausschau zu halten. Und dennoch sind die Deutschen im internationalen Vergleich eher Aktienmuffel.
Dabei zeigt die Historie, dass man mit Aktien in der Vergangenheit eine viel höhere Rendite als zum Beispiel mit Immobilien erzielen konnte. Doch es gibt auch einiges zu beachten am Aktienmarkt, der nicht nur eine Richtung – nämlich nach oben – kennt. Die fünf Wahrheiten des Abendblatts über die Börse untermauern dies und geben sowohl langjährigen Anlegern als auch Menschen, die sich das erste Mal mit dem Thema Aktien auseinandersetzen, wertvolle Hilfestellungen.
Aktien sind historisch betrachtet deutlich lukrativer als Immobilien
Wer derzeit auf die in die Höhe schießenden Immobilienpreise schaut, kann kaum glauben, dass zumindest auf längere Sicht Aktien eine weitaus lukrativere Geldanlage als Immobilien sind. Doch die Statistiken lügen nicht. Wer zu Beginn des Jahres 1980 DAX-Aktien im Wert von umgerechnet 100.000 Euro (195.583 D-Mark) gekauft hat, durfte sich Anfang des Jahres 2021 über Papiere im Gegenwert von mehr als 2,7 Millionen Euro freuen. Vor 41 Jahren stand der DAX, der damals offiziell noch ein Index der Börsen-Zeitung war, bei 485 Zählern, Anfang 2021 waren es 13.890 Punkte – ein Plus von mehr als 2700 Prozent!
Da können sogar die Immobilienpreise nicht mithalten. So zahlte man Anfang 2021 rund 170 Prozent mehr für ein Eigenheim in Deutschland als 1980. Angenommen, damals kostete ein Haus umgerechnet 250.000 Euro, so wäre es Anfang 2021 immerhin 675.000 Euro wert gewesen. Dabei sind aber weder Instandhaltungs-, Renovierungskosten, Maklercourtage, Notargebühren noch Steuern berücksichtigt.
Die auf den ersten Blick im Vergleich zu Aktien eher geringen Renditen bei Immobilien ergeben sich daraus, dass die extremen Preissteigerungen für Wohnungen und Häuser erst in den vergangenen Jahren zu verzeichnen waren. Gerade in den 1980er-Jahren dümpelte der Markt vor sich hin, in einigen Regionen kam es sogar zu massiven Preisrückgängen. So schrieb das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ im Jahr 1986: „Häuser, Wohnungen und Grundstücke zu Ramschpreisen; Schlußverkaufstimmung auf einem Markt, der jahrzehntelang als Garant für Werteerhalt und Vermögenssicherung galt.“ Erst mit der deutschen Wiedervereinigung ging es langsam aufwärts, und mit der extremen Niedrigzinspolitik der Zentralbanken begann ein regelrechter Run auf billiges Baugeld und Immobilien.
„Wenn man allein auf die mögliche Rendite abzielt, sind Aktien tatsächlich lukrativer als Immobilien“, sagt Carsten Klude, Chefvolkswirt von M.M. Warburg, im Gespräch mit dem Abendblatt. Allerdings müssten Anleger auch die höheren Kursschwankungen von Aktien aushalten können. Aktienanleger benötigten in der Regel bessere Nerven als Käufer von Immobilien. Die konkrete Höhe der Aktienquote am Gesamtvermögen sollte deshalb von der persönlichen Risikobereitschaft abhängig gemacht werden.
Hamburger Aktien schneiden besser ab als der DAX
Seit 1996 gibt es den HASPAX: ein Aktienindex, der die wichtigsten börsennotierten Unternehmen aus der Metropolregion Hamburg abbildet. Mit dabei sind unter anderem der Kupferhersteller Aurubis, der Kosmetikkonzern Beiersdorf und auch die Optikerkette Fielmann. In den vergangenen 25 Jahren hat der HASPAX eine Erfolgsgeschichte geschrieben, legte bis Januar 2021 um satte 1500 Prozent zu. Da kommt der DAX mit einem Plus von 470 Prozent seit 1996 schon beinahe bescheiden daher. Auch die Einzelwerte können sich sehen lassen. So stand zum Beispiel die Beiersdorf-Aktie im Jahr 1996 bei umgerechnet 8,56 Euro, mittlerweile hat sie einen Wert von rund 90 Euro erreicht.
Und auch die Fielmann-Aktie notierte vor 25 Jahren bei umgerechnet rund neun Euro, nun sind es fast 60 Euro. Anleger, die sich langfristig an die Hamburger Aktien gebunden haben, dürfen sich folglich heute über einen immensen Vermögenszuwachs freuen. „Der HASPAX profitiert von seiner Ausrichtung auf kleinere und mittlere Unternehmen, die in vielen Jahren besser abschneiden also sogenannte Large Caps“, sagt Klude. Zudem fehlten Branchen wie Banken, Versicherungen und Versorger, die im DAX vertreten sind und diesen in der Vergangenheit häufig ausgebremst haben.
Mit dividendenstarken Papieren fährt man besonders gut
Dividenden sind vor allem in den vergangenen Jahren zum neuen Zins der Anleger geworden. Denn auf dem Sparbuch gibt es längst keine Zinsen mehr, im Gegenteil: Die Banken und Sparkassen verlangen flächendeckend ab einer bestimmten Einlagenhöhe sogenannte Verwahrentgelte, die rechtlich allerdings weiter höchst umstritten sind. Schaut man sich zum Beispiel den börsennotierten Volkswagen-Konzern an, so stellt man fest, dass der Autobauer seit Jahrzehnten zu den großzügigen Dividenden-Zahlern gehört.
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Mit Ausnahme weniger Krisenjahre (unter anderem im Zuge des Dieselskandals) haben die Wolfsburger fast immer eine Dividendenrendite von mindestens zwei Prozent erreicht. 2003 gab es sogar mit mehr als sechs Prozent einen Rekordwert. Und seit 1996 lag die Rendite immerhin in zehn Jahren bei mehr als drei Prozent – da konnten selbst in der ferneren Vergangenheit die Zinsen auf den Sparbüchern zumeist nicht mithalten. Ein besonders interessantes Beispiel mit Blick auf die Dividende ist die Deutsche Telekom, deren Kurs sich zwar seit Börsenstart 1996 seitwärts entwickelt hat, aber die Dividendenrendite konnte sich stets sehen lassen – sie lag mit wenigen Ausnahmen bei mindestens drei Prozent, erreichte 2009 sogar mehr als neun Prozent.
„Wenn Großeltern für ihre Enkel Aktien kaufen wollen, also auf eine langfristige Wertentwicklung setzen, sind dividendenstarke Qualitätswerte die richtige Wahl“, sagt der Chef-Investment-Stratege der Hamburger Sparkasse (Haspa), Bernd Schimmer. Allerdings seien diese in bestimmten Phasen auch schwankungsanfälliger als der breite Aktienmarkt. Vor allem, wenn die gesamte Wirtschaft sich in einem fundamentalen Strukturwandel befinde, sollte man als Anleger aufpassen, dass man die neuen Trends – zum Beispiel die Digitalisierung oder Dekarbonisierung – nicht verschläft.
„Mit einem Fokus auf hohe und regelmäßige Ausschüttungen konnten sich Anleger in der Vergangenheit fast immer über eine gute Wertentwicklung freuen“, ergänzt Carsten Klude von M.M. Warburg. Das liege daran, dass Unternehmen, die hohe Dividenden zahlen, über gute und etablierte Geschäftsmodelle verfügen würden, die sich auch in schwierigen Zeiten bewährt hätten.
Lieber aktiv handeln als abwarten
Wie die Langfristvergleiche gezeigt haben, lohnt sich durchaus ein Festhalten an einst gekauften Aktien. Doch Experten raten dazu, das eigene Depot unbedingt im Blick zu behalten und sich kontinuierlich mit den Nachrichten rund um die gekauften Aktien zu beschäftigen. Zwei Beispiele machen dies deutlich. Zum einen hätten Käufer von Volkswagen-Aktien den großen Verlust des Papiers im Zuge des Dieselskandals durch einen rechtzeitigen Verkauf zumindest minimieren können. So stürzte der Kurs 2015 von fast 260 auf weniger als 100 Euro ab.
Experten raten dazu, sich sogenannte Stopp-Loss-Kurse zu setzen, diese könnten zum Beispiel 20 oder 30 Prozent unter dem einstigen Kaufkurs liegen. Die nächste Herausforderung ist es allerdings, dann zu entscheiden, zu welchem Preis man wieder einsteigt. Ein nicht immer einfaches Unterfangen. Aber wer sein Depot selbst managt, kommt nicht darum herum, sich mit den aktuellen Börsennachrichten und den Kursentwicklungen auseinanderzusetzen.
„Bei Einzelaktien sollte man wachsam sein, vor allem mit Blick auf Strukturbrüche in der Wirtschaft und Managementfehler“, sagt Haspa-Experte Schimmer. Zum Beispiel an Firmen festzuhalten, die hohe Dividenden versprechen, aber zum Beispiel aktuell den Klimaschutz nicht ernst nehmen, bringe nichts. Hier könnten Stopp-Loss-Kurse Sinn machen. Bei Fonds, die den Gesamtmarkt abbilden, wären nach Schimmers Meinung solche Verkäufe weniger angebracht, weil – so zeigt es die Vergangenheit – sehr häufig der Wiedereinstieg nicht gelinge. „Aktives Handeln schützt insbesondere bei nachhaltigen Kursabschwüngen vor Verlusten und schont damit sowohl das Vermögen als auch das Nervenkostüm“, weiß Klude von M.M. Warburg. Allerdings sollte man Stopp-Loss-Marken nicht zu eng setzen, weil man dann Gefahr laufe, regelmäßig „ausgestoppt“ zu werden. Klude: „Hier gilt die alte Börsenwahrheit: Hin und her macht Taschen leer.“
Die US-Börse darf man nicht außer Acht lassen
Die international bekannten Börsen-Shootingstars der vergangenen Jahre kommen aus den USA. So hat sich der Aktienkurs des Onlinehandels-Giganten Amazon allein seit 2016 versechsfacht. Das Papier des Elektroauto-Pioniers Tesla ist innerhalb von nicht einmal zwei Jahren das Zehnfache wert geworden. Und auch viele andere kleinere Unternehmen, die die Trends der Zeit erkannt haben, kommen aus den Vereinigten Staaten. Gerade mit Blick auf Technologietitel sind die USA ein wichtiger Bestandteil für das eigene Depot. Hier kann Deutschland nicht mithalten.
„Die US-Wirtschaft wächst strukturell stärker, wovon die amerikanischen Unternehmen natürlich profitieren“, sagt Klude. So sei die Dynamik der Unternehmensgewinne in den USA in den vergangenen Jahren deutlich höher gewesen als in Europa. Klude: Das liegt auch daran, dass viele US-Unternehmen innovativer und wettbewerbsfähiger sind.“ Auch für Schimmer gehören US-Aktien ins Depot. „Die gesamte Digitalisierung ist geprägt von Silicon Valley“, sagt der Haspa-Experte. Wer an diesem Trend verdienen wolle, komme an US-Werten nicht vorbei, auch wenn diese schon teuer seien.