Hamburg. Der Unternehmer spricht über den Verkauf der DS Gruppe, wie es für die Beschäftigten weitergeht und was er seinen Kindern empfiehlt.

Ein Senkrechtstarter aus Bad Segeberg: Nach der Realschule begann Ralf Dümmel seine berufliche Laufbahn bei Möbel Kraft, später wechselte er zur DS Gruppe in Stapelfeld, wo er bereits mit 30 Jahren Miteigentümer wurde. Das international agierende Handelshaus mit seinem Sortiment von 4000 Produkten wie Landmann-Grills oder Beem-Küchenmaschinen wurde jetzt von der Social Chain AG aus Berlin für 220 Millionen Euro übernommen.

Dümmel rückt dort in den Vorstand auf, arbeitet künftig mit Georg Kofler zusammen, Hauptaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender der Firma. Das Besondere: Es ist ein Geschäft unter Männern, die zu den medial bekanntesten Unternehmern des Landes zählen.

Höhle der Löwen: Dümmel und Kofler sind Investoren

Denn Dümmel und Kofler gehören als sogenannte „Löwen“ zu den Investoren der erfolgreichen Vox-SendungDie Höhle der Löwen“ (DHDL), in der sie um Gründer buhlen und sich an Start-ups beteiligen. Wie es nun weitergeht für die DS Gruppe mit ihren gut 550 Mitarbeitern, für die Sendung „DHDL“, und wie die Konkurrenten in der Show zu Kollegen geworden sind, schildert der 54-Jährige im Abendblatt-Interview.

Hamburger Abendblatt: Sie sind durch den Verkauf an die Social Chain AG um etliche Millionen Euro reicher geworden. Was bedeutet Ihnen Geld?

Ralf Dümmel: Natürlich geht es beim Geschäft auch um Geld, aber meine Motivation war schon immer ein Job, der mir Spaß macht, und mit dem ich auch Geld verdiene, das ist ja legitim. Bei diesem Zusammenschluss ist der Großteil der Summe in Aktien geflossen. Wir machen den Deal, weil wir überzeugt von einer gemeinsamen Zukunft der Marken und des Handels sind.

Gönnen Sie sich jetzt etwas Besonderes?

Dümmel: Nein, ich werde nicht abheben. Geld ist mir zwar nicht völlig egal, ich kann mir Wünsche erfüllen, aber ich konnte ja auch schon vorher zweimal am Tag warm essen, mehr geht ja nicht, bin ja dick genug (lacht). Wenn ich einkaufen gehe, ist der Wagen immer brechend voll, und die Kassiererin wünscht mir wegen der ganzen Chips und Süßigkeiten eine schöne Party, doch das ist dann alles nur für mich. Aber utopisch teure Wünsche habe ich nicht.

Mitarbeiter müssen nicht um Stellen fürchten

Und keine kostspieligen Hobbys?

Dümmel: Mein Hobby ist hier, in der Firma, und hier komme ich ja umsonst rein (lacht).

Bei Firmenübernahmen geht es auch um Synergieeffekte, müssen die Mitarbeiter bei der DS Gruppe in Stapelfeld nun um ihre Stellen fürchten?

Dümmel: Nein, ganz im Gegenteil. Es gibt hier und in unserem Lager in Gallin aktuell 60 offene Stellen. Schon im Geschäftsjahr 2023 wollen wir zusammen von heute 620 Millionen Euro Umsatz auf eine Milliarde Euro gewachsen sein. Und wir hatten bei DS schon vor dem Merger sehr viel zu tun. Die Synergieeffekte, allein auf das Ergebnis bezogen, haben wir auf 40 bis 50 Millionen Euro in drei Jahren beziffert, aber diese ergeben sich nicht aus Personaleinsparungen.

Auch nicht in den Rechts- oder Kommunikationsabteilungen , die es ja schließlich in beiden Firmen gibt?

Dümmel: Nein, die Juristen bei uns sind spezialisiert auf Marken- und Wettbewerbsrecht, bei der Social Chain AG dagegen ist der Bereich social-media- und börsenlastig. Und die Unternehmenskommunikation fokussiert sich bei uns auf Presse und die Marken, bei der Social Chain dagegen stark auf Investoren. Beide Standorte werden bleiben – und es wird für die Mitarbeiter durch den Verkauf eher mehr Chancen geben.

Ralf Dümmel fällt Verkauf nicht ganz leicht

Inwiefern?

Dümmel: Die Social Chain AG bietet Standorte in den USA und Großbritannien, unsere Azubis haben bereits gefragt, ob sie auch einmal dort arbeiten können.

In der Pressekonferenz, in der Sie den Verkauf angekündigt haben, sind bei Ihnen dennoch fast Tränen geflossen …

Dümmel: Ja, meine Mutter hat mich auch sofort angerufen und gefragt, ob das Ganze nicht gut für mich sei. (lacht). Mir hat die Stimme versagt, weil ich hier seit mehr als 33 Jahren arbeite, wir seit 48 Jahren bestehen. Wir haben die Firma groß gemacht, wie ein Baby, das jetzt heiratet. Das ist schon ein bewegender Moment. Geschäftlich der bewegendste Moment meines Lebens. Aber ich habe den Verkauf ja mit angestoßen, bin mit Georg Initiator, und den Merger gehen wir aus einer Situation der Stärke und voller Überzeugung heraus an.

„Die Höhle der Löwen“: Das sind die meistgesuchten Produkte
Ein weiterer emotionaler Moment war, als Ihnen Firmengründer Dieter Schwarz Anteile an seinem Unternehmen angeboten hat – ausgerechnet am Nordpol.

Dümmel: Ja, wir waren in einem Eishotel in Lappland, und dann wurde ich Gesellschafter, mit 30 Jahren.

Kofler und Dümmel kennen sich seit Jahren

Wollten Sie selbst einmal Gründer werden?

Dümmel: Nein, dafür war ich wohl nie gut genug. Ich habe ja angefangen bei Möbel Kraft, bin dann zu DS Produkte gekommen, und Dieter Schwarz wurde mein Mentor, mein Ziehvater, der mir das Geschäft beigebracht und gesehen hat, dass das so passt. Ich arbeite vor allem gerne im Team.

Und wie wird das Zusammenspiel mit Georg Kofler funktionieren? Er wirkt ja in der TV-Show deutlich rationaler, während Sie vor allem große Begeisterungsfähigkeit und Empathie ausstrahlen?

Dümmel: Wir kennen uns seit gut drei Jahren, seitdem Georg bei „DHDL“ als Löwe angefangen hat. Wir haben oft zusammengesessen, Georg bei einem Glas Wein, ich bei Cola Zero. Letztlich kam der Anstoß von den Gründern: Manche wollten uns am liebsten im Team, denn Georg steht mit der Social Chain für Social Com­merce, die digitale Welt, in der Marken bekannt werden können, wir bei DS Produkte für den gesamten Handel, wo die Produkte abverkauft werden können. Damit ergänzen wir uns sehr gut, und wir werden in der Gruppe künftig aus 1 und 1 nicht 2, sondern 11 machen.

Verkauf ging sehr schnell

Wie schnell kam der Verkauf zustande?

Dümmel: Der Prozess startete Anfang Juni, wir haben uns da positiv reingesteigert, dann ging alles sehr schnell. Das zeigt, wie unbedingt wir alle das wollten.

Sie beide gehören jetzt zu einer Firma, damit können Sie bei „DHDL“ nicht mehr mit­einander um Gründer konkurrieren …

Dümmel: Ja, die Frühjahrsstaffel 2022 ist schon abgedreht, da bleibt alles gleich. Aber für die Herbststaffel wird im November verhandelt. Wir lieben das beide, aber mit einer Firma auf zwei Stühlen wird es wohl nicht gehen.

Georg Kofler hat bereits angedeutet, dass er Ihnen den Vortritt lassen wird, denn eine Sendung „ohne dass es dümmelt“, sei kaum vorstellbar ...

Dümmel: Das ehrt mich, dass Georg so denkt, aber am Ende liegt die Entscheidung bei der Produktionsfirma Sony und dem Fernsehsender Vox.

Dümmel entscheidet mit dem Herzen

Sie sind der „König der Löwen“, haben die meisten Deals mit Gründern und ihren Produkten gemacht, die bei der DS Gruppe inzwischen 15 Prozent des Umsatzes ausmachen. Welche Art von Gründern mögen Sie besonders?

Dümmel: Ich entscheide mehr mit dem Herzen, das ist bei mir viel wichtiger als der Kopf. Die Unternehmer müssen authentisch sein, hart kämpfen, ohne dabei arrogant zu wirken. Sie sollten auch ihre Schwächen kennen, und sich über den Markt und die Zielgruppe im Klaren sein. Und sie sollten ehrlich sein.

Zehn Prozent der von Ihnen in der Sendung geschlossenen Deals kommen letztlich dann doch nicht zustande – und die Gründer bekommen auch kein Geld. Woran scheitern diese Geschäfte?

Dümmel: Unsere Abschlussquote ist mega. In der aktuellen Staffel betraf das einen Deal, mit Saatgutkonfetti (einer ökologischen Alternative zu herkömmlichem Konfetti, d. Red.), wo wir uns bisher nicht einig werden konnten. Wir hatten strategisch unterschiedliche Vorstellungen. Zudem kennen wir uns ja immer nur kurz. Ich muss mir innerhalb von einer Stunde in der Sendung ein Bild machen.

Verhältnis zu Gründern ändert sich nicht

Wie wird sich das Verhältnis zu den Gründern nach der Übernahme verändern?

Dümmel: Gar nicht. Von uns gibt es nach wie vor das Rundum-sorglos-Paket. Wir prüfen die Marke, die Verpackung, sorgen mit unserem Team, etwa mit dem Einkauf, aber auch mit Ökotrophologen und Ingenieuren für den Erfolg. Und zusammen mit der Social Chain AG gibt es noch mehr Möglichkeiten, in Sachen Social Media. Es bleibt sonst alles so, wie es ist, ich mache meinen Job, nur jetzt jeden Tag eine Stunde länger.

Sie sind auch im Verkaufssender QVC zu sehen, vor ein paar Tagen haben Sie dort eine Toilettenbürste aus Silikon angepriesen. Macht das Spaß?

Dümmel: Ja, man trifft die Gründer bei QVC, und man spürt sofort, wenn es läuft. Von den Loomaid-Bürsten haben wir mehr als 54.000 Stück verkauft. Ein Umsatz von 700.000 Euro an einem Tag. Ich freue mich, wenn ich den Gründern so helfen kann.

Wie beurteilen Sie die Gründermentalität in Deutschland, die verglichen mit den USA ja durchaus noch ausbaufähig ist?

Dümmel: Wir haben Nachholbedarf. Aber „DHDL“ beweist ja mit hohen Einschaltquoten, dass Bewegung in die Szene kommt. Das ist ein großes Kompliment, und wir sind auf einem guten Weg.

Höhle der Löwen: Dümmel bereut keinen Auftritt

Es gibt auch viele Kochshows, und immer weniger Leute kochen.

Dümmel: Ja, aber immer mehr Großkonzerne fahren Start-up-Programme, es gibt entsprechende Messen. Vor zehn Jahren musste man sich hier noch einbuddeln, wenn man Insolvenz anmelden musste, jetzt heißt es, wer einmal hinfällt, muss wieder aufstehen. Es ist noch lange nicht so wie in Amerika, aber es bedeutet auch nicht mehr ein No-Go.

Ihre Partnerin Anna Heesch ist Fernseh­moderatorin. Gibt sie Ihnen Tipps für Ihre Fernsehauftritte, oder läuft das am Ende ganz von selbst?

Dümmel: Am Anfang musste sie mich ermutigen. Vor dem ersten Mal bei „DHDL“ konnte ich nicht schlafen. Aber eigentlich sagt sie, sei so, wie du bist. Denn sie mag mich ja auch so, wie ich bin.

Haben Sie schon einmal einen TV-Auftritt bereut?

Dümmel: Bei „DHDL“ nicht. Aber jetzt beim „Quiz-Duell“ (ARD-Show, d. Red.) Da war ich peinlich schlecht (lacht).

Durch das Fernsehen kennen Sie inzwischen Millionen Menschen. Genießen Sie die Prominenz?

Dümmel: Ich kann nicht mehr so leicht durch die Straßen gehen, ohne angesprochen zu werden, die Privatsphäre wird weniger. Aber die Menschen sind so nett. Gerade saß ich in Hamburg auf einer Außenterrasse im Restaurant, und es gingen zwei ältere Damen vorbei. Dann noch einmal und noch einmal. Beim dritten Mal haben Sie mich angesprochen: „Das glauben wir ja nicht, dass Sie hier essen.“ Ich habe dann gesagt, dass ja auch ich mal essen muss. Und wir haben ein Selfie gemacht.

Sie haben drei erwachsene Söhne, was raten Sie ihnen beruflich?

Dümmel: Einen Job zu finden, in dem sie Erfüllung finden. Nicht nach dem Motto „Papa hat eine Firma, da muss ich hin.“