Hamburg. Kupferkonzern hat am Mittwoch eine 85 Millionen Euro teure Anlage eingeweiht und will bis 2050 klimaneutral werden.

Wenn in früheren Zeiten etwas Neues eingeweiht wurde, dann drückten die Protagonisten symbolisch einen roten Knopf. Bei Aurubis läuft dieses Prozedere am Mittwoch bei der Vorstellung einer neuen Anlage digital ab. In der Alten Schlosserei ist ein Flachbildschirm aufgebaut. Drei kleine Quadrate sind zu sehen. Sie symbolisieren Regler. Aurubis-Produktionsvorstand Heiko Arnold, Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) und Werksleiter Jens Jacobsen schieben jeweils einen Regler per Hand auf dem Touchscreen nach oben.

Musik und Lichtshow setzen ein, auf der Leinwand erscheint der Schriftzug „Started“, und es läuft ein Video mit Bildern der Bauarbeiten ab. Am Schluss des Films sind drei große Buchstaben zu lesen: „RDE“. Und darunter: „Reduzierung Diffuser Emissionen“ – es steht laut Unternehmen für die größte Umweltschutzmaßnahme, die der MDAX-Konzern seit 1980 in Hamburg umgesetzt hat.

Aurubis: 18 Monate dauerten die Bauarbeiten für die Anlage

85 Millionen Euro hat Aurubis für die Anlage in der Primärkupfererzeugung investiert. In den vergangenen 18 Monaten seien bei laufendem Betrieb die umfangreichen Bauarbeiten durchgeführt worden. Das habe einer Operation am offenen Herzen geglichen, sagt Arnold. 1780 Tonnen Stahl und 2500 Kubikmeter Beton seien verbaut worden, unter anderem, um 480 Pfähle für Fundamente in den Boden zu setzen.

„RDE ist ein klares Signal an die Stadt Hamburg und auch die ganze Metropolregion, dass man sauber und nachhaltig in einer Stadt industriell produzieren kann“, sagt Werksleiter Jacobsen. Man wolle den gestiegenen Anforderungen an den Umweltschutz gerecht werden und diesbezüglich weiterhin besser werden.

Und so soll das Absaug- und Filtersystem funktionieren: Die Dachöffnungen auf dem Gebäude der Primärhütte sind nun verschließbar. Die sogenannten Dachreiterlamellen werden im Bedarfsfall geschlossen – das heißt: Wenn in der Abluft der Produktionshalle Restemissionen von Feinstaub erwartet werden. Automatisch wird dann die angeschlossene Absauganlage aktiviert. Die Dachreiter sind an eine zentrale Rohrleitung angeschlossen, die ein Innenmaß von 4,50 Meter Durchmesser hat. Die Anlage kann bis zu 540.000 Normkubikmeter pro Stunde absaugen.

Feinstaubausstoß soll um bis zu 70 Prozent reduziert werden

Damit sich auch Laien darunter etwas vorstellen können, zieht Manager Arnold folgenden Vergleich: „Wir können mit diesem System so viel Luft absaugen, wie notwendig wäre, um in einer Minute drei Heißluftballons zu füllen.“

Der Kupferkonzern Aurubis hat 85 Millionen Euro in eine neue Filteranlage für Abgase investiert.
Der Kupferkonzern Aurubis hat 85 Millionen Euro in eine neue Filteranlage für Abgase investiert. © dpa | Marcus Brandt

Die abgesaugte Luft wird durch ein 185 Meter langes Rohrsystem in die Filtereinheit geleitet. Dort sorgen mehr als 6300 einzelne Filterelemente für die Reinigung der Luft. Partikel, die kleiner als zehn Mikrometer (also 0,01 Millimeter) sind, sollen aus der Luft geholt werden. Im Gespräch mit dem Abendblatt erläutert Vorstandschef Roland Harings, dass viele Metalle wie Kupfer, Nickel, Blei, Silber und Gold auf diese Weise wieder eingesammelt und später in den Produktionskreislauf erneut eingebracht werden können.

Die sehr feinen, nanogroßen Staubpartikel werden mithilfe von Kalk gebunden und in den Filtertrichtern aufgefangen. Die gereinigte Abluft soll mit einer Temperatur von maximal gut 50 Grad Celsius über die 110 Meter hohe Esse – landläufig Schornstein genannt – wieder in die Umwelt gelangen. Der Feinstaubausstoß soll um bis zu 70 Prozent reduziert werden. Das werde messtechnisch überwacht.

Aurubis will bis 2050 klimaneutral sein

Man starte nun den Test der Anlage unter Realbedingungen, sagt Arnold und ergänzt: „Wir sind uns bereits heute sicher, wir werden alle Ziel- und Grenzwerte in der Zukunft noch deutlicher unterschreiten.“ Vom nächsten Jahr an sollen auch Zwischenprodukte aus der Primärkupfererzeugung nahezu emissionsfrei aufgearbeitet werden. Denn dann soll die neue große Halle an das Abluftsystem angeschlossen sein.

Man habe den Umweltschutz auf ein neues Niveau gehoben, die Kombination der Technologien sei einzigartig. „Ich bin stolz auf die Ingenieure der Aurubis, dass sie diesen Traum wahr gemacht haben“, sagt Professor Fritz Vahrenholt, Aufsichtsratschef von Aurubis und früherer Umweltsenator. Das Feinstaubproblem bei der Kupfererzeugung sei damit gelöst.

Insgesamt will das Unternehmen bis 2050 klimaneutral sein. Momentan liege der Kohlendioxid-Fußabdruck des Unternehmens etwa bei der Hälfte des Branchendurchschnitts, sagt Arnold: „Unsere Hütten sind bereits heute die saubersten und effizientesten der Welt.“ Das liege auch daran, dass man seit dem Jahr 2000 konzernweit rund 650 Millionen Euro in den Umweltschutz gesteckt habe. Allein in Hamburg sei es mit rund 300 Millionen Euro fast die Hälfte der Gesamtsumme gewesen.

Kerstan hält Aurubis für Vorreiter beim Umweltschutz

Auch der amtierende Hamburger Umweltsenator lobt das Engagement des MDAX-Konzerns und spricht ihm eine Vorreiterrolle beim Umweltschutz zu. Dieser werde für immer mehr Unternehmen eine unabdingbare Standortsicherung und somit eine wichtige Investition in die Zukunft, sagt Kerstan. Mit lediglich vier Kilometer Entfernung zum Rathaus habe Aurubis als große Kupferhütte eine einmalige Lage und eine besondere Verantwortung.

Und der Standort Hamburg sei ein „modernes Werk, das wirklich weltweit Standards setzt“ und RDE ein „beeindruckendes Industrieprojekt“, so Kerstan. „Die neue Filteranlagentechnik ermöglicht eine massive Reduzierung von Feinstaub und Staubniederschlag – und das ist gut für die Umwelt, für die Nachbarschaft, für die Mitarbeitenden.“ Mit diesem Projekt sichere man den Standort Hamburg.