Umfrage zeigt, dass sich das Wirtschaftsklima innerhalb von einem Jahr radikal verändert hat. Unternehmer blicken positiv nach vorn.

Weite Teile der deutschen Wirtschaft leiden unter den Folgen der Corona-Pandemie. Fehlende Rohstoffe und Vorprodukte, hohe Energiepreise und die deutliche Inflation haben die Wirtschaftsweisen dazu veranlasst, ihre Konjunkturprognosen zu drosseln. Insgesamt erholt sich die Wirtschaft aber – und es wird mit einem kleinen Wachstum von 2,5 Prozent gerechnet. Für Hamburg sieht die Handelskammer einen besonders positiven Schub. Hier erhole sich die Wirtschaft besser als im Bundesdurchschnitt, sagt die Handelsvertretung und stützt sich dabei auf eine aktuelle Umfrage.

So bewerten 83 Prozent der Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage als gut oder befriedigend. Vor einem Jahr waren das nur knapp 62 Prozent. Ein Viertel der Betriebe in der Hansestadt plant in den kommenden Monaten sogar, neues Personal einzustellen. Nur ein Sechstel plant einen Personalabbau. Das ist das Ergebnis des neuesten Konjunkturbarometers der Handelskammer.

Handelskammer Hamburg: Wirtschaftsklima hat sich gedreht

Damit hat sich das Wirtschaftsklima in der Hansestadt gedreht. Nur knapp 17 Prozent der Befragten halten ihre Geschäftslage für schlecht. Noch vor einem Jahr dominierten die negativen Antworten. Besonders gut läuft es im Baugewerbe und im Grundstücks- und Wohnungswesen. Eher verhalten äußern sich die Unternehmer aus Reisebüros, dem Gastgewerbe und aus den Bereichen Kunst und Unterhaltung.

Der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, Malte Heyne, macht mehrere Gründe für die bessere Entwicklung in Hamburg als im Bund aus: „Hamburgs Wirtschaft ist nicht wie in anderen Bundesländern von einzelnen Branchen wie etwa der Süden von der Automobilindustrie abhängig. Hamburg profitiert von seiner Branchenvielfalt und dem starken Außenhandel.“ So würden Aufschwünge nach Krisen in der Handelsstadt eher ankommen.

Fachkräftemangel größte Herausforderung für Hamburger Wirtschaft

Zugleich warnte Heyne vor Risiken: „Die Hamburger Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen, allen voran dem Fachkräftemangel.“ Sechs von zehn der befragten Unternehmen würden darin das größte Geschäftsrisiko sehen. „Bis 2035 werden uns bis zu 127.000 Fachkräfte fehlen. Die Politik ist dringend gefordert, eine ganzheitliche Fachkräftestrategie zu entwickeln.“

Auch im Hamburger Einzelhandel verbessert sich die Lage. „Wir bemerken einen deutlichen Aufschwung“, sagte beispielsweise Martina Willhoeft, am Dienstag bei der Vorstellung der Konjunkturdaten in der Handelskammer. Sie ist Geschäftsführerin des kleinen Herrenausstatters Willhoeft in Bergedorf. Seit 1837 gibt es das Unternehmen, und es hat manche Krisen überstanden. Keine habe das Unternehmen so schwer getroffen wie Corona, sagte die Unternehmerin, die das Geschäft mit gerade einmal fünf Mitarbeitern betreibt. „Durch den Lockdown, die Verlagerung der Arbeitswelt ins Homeoffice und die Absage vieler Feste und Hochzeiten hat der Verkauf von Anzügen gelitten.“

Die Lage im Einzelhandel: Traditionsunternehmen kritisiert Verkehrspolitik

Zusätzliche Schwierigkeiten hätten sich ergeben, weil das Unternehmen keinen eigenen Onlineshop betreibe. Anfangs habe sie die Ware zusammen mit ihrem Vater an die Kunden ausgefahren. Der Rest der Mitarbeiter sei in Kurzarbeit gewesen. Das sei aber längst vorbei. Besonders positiv: „Die Krise hat uns gezeigt, dass wir selbst in schwierigen Zeiten auf unsere Kunden zählen können und es viele gibt, die eben nicht nur online einkaufen wollen, sondern persönliche Beratung wünschen.“

Als Problem adressierte Willhoeft hingegen die Verkehrspolitik an den Senat. „Viele Kunden kommen aus dem Hamburger Umland zu uns nach Bergedorf. Doch zahlreiche Baustellen, die gleichzeitig eingerichtet sind, machen es den Kunden schwer. Her ist eine bessere Koordinierung notwendig.“ Problematisch sei auch der Parkplatzmangel. „In der Hamburger Innenstadt kann man vieles mit Bus und Bahn erledigen. Nach Bergedorf kommen die Kunden aus dem Umland aber mit dem Auto. Und das müssen sie abstellen können.“

Konjunkturbarometer der Handelskammer wird erweitert

Die Ergebnisse der Umfrage basieren auf den Antworten von 583 Unternehmern in Hamburg. Seit 50 Jahren erstellt die Handelskammer vierteljährlich das Konjunkturbarometer. Künftig enthält es neben der Umfrage eine Konjunktureinschätzung des Hamburgischen WeltWwirtschaftsInstituts (HWWI), das zu 100 Prozent im Eigentum der Kammer ist. Geld erhält das HWWI für seine Leistung nicht. Dennoch gewinne es dadurch, sagte Heyne. „Das HWWI kann für seine Prognosearbeit auf deutlich mehr Daten zurückgreifen, die sich durch unsere Umfragen ergeben“.

Zum 50. Jubiläum des Konjunkturbarometers, das seit 1971 erhoben wird, hat die Handelskammer eine kleine Ausstellung organisiert. Diese zeigt auf, wie viele Krisen die Hamburger Wirtschaft in der Vergangenheit überwunden hat. So, wie jetzt in der Pandemie.