Hamburg. In 30.000 Betrieben steht die Überprüfung der erhaltenen Leistungen an – mit schweren Konsequenzen, wenn man nicht kooperiert.
Es war einer der größten Posten der Corona-Hilfen: Seit Beginn der Pandemie hat die Agentur für Arbeit Hamburg mehr als 2,7 Milliarden Euro an Kurzarbeitergeld ausgezahlt. In der Spitze wurden gut 200.000 Arbeitsplätze damit gesichert. Rund 30.000 Hamburger Betriebe konnten dieses Kapitel inzwischen für sich abschließen – aber nur vermeintlich.
Denn nun erhalten sie Post von der Arbeitsagentur. Es geht um die so genannte Abschlussprüfung zum Kurzarbeitergeld. Die Betriebe werden aufgefordert, innerhalb einer Frist von drei Wochen eine Reihe von Unterlagen wie etwa Arbeitszeitnachweise, Lohnabrechnungen und Urlaubslisten einzureichen.
Kurzarbeitergeld: Hamburger Firmen werden überprüft
Denn um die Leistungen möglichst unbürokratisch innerhalb von höchsten 15 Tagen auszahlen zu können, hatte die Agentur für Arbeit zu Beginn der Corona-Pandemie das Antragsverfahren vereinfacht und auf die sonst üblichen Nachweise verzichtet. Sie werden jetzt nachträglich stichprobenweise für einzelne Arbeitnehmer geprüft: Bei Firmen, in denen bis zu 20 Personen in Kurzarbeit waren, wählt die Agentur einen von ihnen aus, dessen Daten nun unter die Lupe genommen werden.
„Das kann als umständlich und belastend empfunden werden, zumal Unternehmen sich heute um neue Aufträge bemühen und nicht mit der Abschlussprüfung herumschlagen wollen“, weiß Sönke Fock, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hamburg.
Wer nicht kooperiert, dem drohen harte Sanktionen
„Meine Sorge ist daher, dass man dieses Verfahren nicht so ernst nimmt.“ Denn die Folgen wären drastisch: „Verweigern sich Betriebe oder ignorieren die Aufforderung, Unterlagen beizubringen, riskieren sie, dass die rettenden Hilfen komplett zurückgezahlt werden müssen. Komplett.“
Hintergrund der nun angelaufenen Prüfungen sei, dass die Gewährung des Kurzarbeitergeldes zunächst nur vorläufig erfolgte, erklärt Fock. Darauf sei immer wieder hingewiesen worden – und auch darauf, dass am Ende eine Abschlussprüfung stehen wird. „Wir wissen, dass wir uns damit nicht auf der Beliebtheitsskala nach vorne arbeiten“, räumt Fock ein. Doch seine Mitarbeiter hätten keinen Ermessensspielraum, das Prüfungsverfahren sei gesetzlich so vorgesehen, schon um auch die Interessen der Beitragszahler zu schützen.
Nur wenige Firmen haben schnell reagiert
„Eine geringe Zahl von Unternehmen – gut zehn Prozent – reagiert sehr schnell auf unser Anschreiben“, so Fock. Die überwiegende Zahl der Betriebe tue das aber leider nicht. Ignoriere man die Aufforderung, ziehe das einen „Rattenschwanz an Folgen“ nach sich – von einem Bußgeld wegen der Ordnungswidrigkeit bis hin zur Rückforderung des Kurzarbeitergeldes. „Das ist nicht in unserem Interesse“, stellt Fock klar.
„Uns geht es auch nicht darum, nach Fehlern der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu suchen“, sagt Christian Kraiker, der mit einem Team von rund 50 Arbeitsagentur-Beschäftigten für die Abschlussprüfungen in Hamburg verantwortlich ist. Doch eine Vielzahl von Betrieben sei während der Corona-Krise erstmals überhaupt mit Kurzarbeit in Berührung gekommen.
Fehler werden gesucht
„Es wird Fälle geben, in denen Fehler gemacht worden sind – aber auch von unserer Seite“, so Kraiker. Bis zu 800 Personen, davon gut 200 befristet eingestellte Kräfte, waren in der Agentur für Arbeit Hamburg zeitweise damit beschäftigt, die Flut der monatlichen Anträge auf Kurzarbeitergeld zu bearbeiten. Zum Vergleich: Die Agentur hat aktuell rund 1500 Mitarbeiter. Sollte ein zu geringes Kurzarbeitergeld gewährt worden sein, könne sich aus der Abschlussprüfung durchaus auch eine Nachzahlung an den Betrieb ergeben, erklärt Kraiker.
„Die Kurzarbeit und die schnelle, vor allem unbürokratische Umsetzung der Agentur für Arbeit hat für die Unternehmen einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Corona-Pandemie geleistet“, sagt Michael Thomas Fröhlich, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein (UVNord).
9000 Firmen in der Prüfungs-Pipeline
Auch er weist darauf hin, dass viele der Betriebe mit dem Instrument der Kurzarbeit noch nicht vertraut waren. „Wir rufen alle Betroffenen auf, partnerschaftlich mit der Agentur für Arbeit im Kurzarbeitergeld-Prüfungsverfahren zusammenzuarbeiten, ganz ohne einen gewissen Zeitaufwand für die Bearbeitung wird es leider nicht gehen“, so Fröhlich.
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Aktuell befinden sich laut Kraiker schon etwa 9000 Hamburger Firmen in der „Prüfungs-Pipeline“. Sie müssen also demnächst die geforderten Unterlagen zur Verfügung stellen. „Gerade bei kleinen Betrieben ohne eigene professionelle Personalabteilung geht das nicht auf Knopfdruck“, sagt Kraiker, häufig müssten Steuerberater oder externe Lohnbüros mitwirken.
Kurzarbeitgeld – bei vielen Firmen noch Thema
„Hinzu kommt, dass viele Steuerbüros, die mit der Abrechnung beauftragt wurden, mit der Abwicklung der Coronahilfen noch vollständig ausgelastet sind“, ergänzt Fröhlich. In solchen begründeten Fällen wird eine Verlängerung der Abgabefrist gewährt, außerdem hat die Arbeitsagentur eine Hotline für Fragen zur Abschlussprüfung (040/2485 – 3330) eingerichtet.
Allerdings hat die Arbeitsagentur allein im August 2021 noch immer 117 Millionen Euro Kurzarbeitergeld ausgezahlt. Für fast 10.000 Hamburger Firmen ist dieses Kapitel noch nicht beendet.