Hamburg. Die Tourismusbranche hat ein Mitarbeiterproblem. Bundestagskandidaten fordern: Flüchtlinge sollen Fachkräftemangel beheben helfen.
Klartext sprach Wolfgang Raike gleich zur Begrüßung beim 20. Tourismuspolitischen Frühstück im Hotel Grand Elysée an der Rothenbaumchaussee. „Der Tourismus wird von der Politik stiefmütterlich behandelt, obwohl es in dieser Branche rund 10.000 Betriebe und etwa 100.000 Beschäftigte gibt. Wir wünschen uns mehr Aufmerksamkeit“, sagte Raike, der Vorsitzender des Tourismusverbandes Hamburg (TVH) ist.
Zumindest am Freitagmorgen im Veranstaltungsraum Oval Office in der sechsten Etage mit Blick über die Baumwipfel der Moorweide war der Branche die Aufmerksamkeit der Politik sicher. Fünf Bundestagskandidaten von CDU, Grünen, FDP, Linken und SPD, die bei der Wahl am 26. September antreten, waren zum Tourismuspolitischen Frühstück erschienen und versicherten ihre Unterstützung für die Branche.
Der Tourismus hat ein Mitarbeiterproblem
Und die hat viele Sorgen: Existenzbedrohend ist für einige Betriebe das Personalproblem. „Wir sprechen hier nicht mehr von einem Fachkräftemangel, sondern von einem Arbeitskräftemangel. Die Gastronomie und Hotellerie bekommt einfach keine Mitarbeiter mehr“, sagte Christina Block, Vize-TVH-Vorsitzende und Gesellschafterin der Block Gruppe, zu der unter anderen das Grand Elysée und die Block-House-Restaurants gehören.
„Wir müssen die Zuzugsbedingungen für die Menschen aus dem Ausland vereinfachen, die hier arbeiten und mit anpacken möchten. Allerdings stehen wir dabei auch im Wettbewerb mit anderen Ländern wie Österreich oder Italien. Und deshalb müssen wir eine wettbewerbsfähige Steuerpolitik haben. Das heißt, die Arbeitnehmer dürfen nicht belastet, sondern müssen entlastet werden“, sagte der Hamburger CDU-Spitzenkandidat Christoph Ploß, der auch Landeschef seiner Partei ist.
Weniger Bürokratie, mehr schnelle Hilfe
Der SPD-Politiker Carsten Gerloff, der auf Platz zehn der Landesliste für den Bundestag kandidiert, betonte: „Es ist wichtig, dass man vor allem Geflüchtete als Arbeitskräfte gewinnt. Denn es gibt viele Jobs in dieser Branche, die man schnell lernen kann. Aber damit die Geflüchteten die Erlaubnis bekommen, hier zu arbeiten, muss es einen Bürokratieabbau geben.“
Das wünscht sich auch Dehoga-Vizepräsident Jens Stacklies, der mehrere Restaurants und die Fischauktionshalle betreibt. „In unserer Branche werden Mitarbeiter dringend gesucht. Und natürlich spielen dabei die Menschen mit Migrationshintergrund, die zu uns ins Land kommen, eine große Rolle. Wir brauchen diese Menschen, egal, welchen Aufenthaltsstatus sie haben. Arbeit ist das beste Mittel zur Integration, wer hier nach Deutschland kommt, müsste auch sofort arbeiten dürfen.“
Bislang sei das aber ein riesiger bürokratischer Aufwand. Und Stacklies, der rund 250 Mitarbeiter beschäftigt, machte noch auf ein anderes Problem aufmerksam: „Unser Personalchef versucht immer wieder, über die Arbeitsagentur Mitarbeiter zu bekommen. Aber da passiert gar nichts, und wenn dann mal Termine für Vorstellungsgespräche vereinbart werden, kommt keiner.“
Hamburger Innenstadt: Touristische Angebote ausbaufähig
Ein weiteres Thema war die Hamburger Innenstadt, vor allem die Erreichbarkeit mit dem Auto, denn das spielt auch für viele Touristen eine große Rolle. „Wer sich hier nicht auskennt, der findet aufgrund der Baustellen nur mit großen Schwierigkeiten die Parkhäuser in der Innenstadt“, sagte Citymanagerin Brigitte Engler. Das war eine Steilvorlage für CDU-Politiker Christoph Ploß, der den Senat für die „katastrophale Baustellenkoordination“ kritisierte.
Natürlich ging es auch wieder um die Belebung der Innenstadt, vor allem in den Abendstunden. „Die großen Plätze müssten regelmäßig mit Kulturveranstaltungen bespielt werden, und wir brauchen mehr attraktive Gastronomie in der City“, forderte FDP-Spitzenkandidat Michael Kruse.