Berlin. Große Pappe, wenig dahinter: Millionen Tonnen Verpackung lassen sich einsparen, wenn Hersteller auf Mogelpackungen verzichten.
In den Kühlregalen sind sie oft die Regel: Fleisch, Fisch oder Wurst wird auf schwarzen Plastiktellern drapiert und in Plastikhüllen verpackt. Cornflakes sind nicht nur in einem Frischhaltebeutel abgefüllt, sondern bekommen zusätzlich noch eine Pappschachtel verpasst. Anti-Falten-Cremes in Drogerien werden nicht nur in einer Dose angeboten, sondern erhalten noch eine Zusatzverpackung aus Pappe, damit sie noch ansprechender für die Kundinnen und Kunden aussehen.
Wenn die Hersteller auf solche teils unnötigen oder überdimensionierten Verpackungen verzichten würden, könnten jedes Jahr drei Millionen Mülltonnen à 240 Liter eingespart. Dies hat eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung und der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) ergeben, die dieser Redaktion vorliegt. Wenn darüber hinaus Verpackungen verkleinert, die Füllgrößen optimiert und formstabile Verpackungen durch Beutel ersetzt würden, wären weitere Müllvermeidungen möglich.
Verbraucherzentralen-Chef Müller stellt Forderung an Bundesregierung
Für die Studie wurden verschiedene Bereiche unter die Lupe genommen, über die sich Verbraucherinnen und Verbraucher regelmäßig bei den Verbraucherzentralen und der Stiftung Warentest beschweren. Dazu gehören etwa Teebeutel, Waschmittelpackungen oder Beutel für Süßigkeiten. Manchmal handelt es sich dabei um so genannte Mogelpackungen – also Verpackungen, die mehr Inhalt vortäuschen als die Produkte tatsächlich enthalten. Lesen Sie auch: Wie Coca-Cola, Aldi & Co. Plastikbergen den Kampf ansagen
Obwohl Verbraucherschützer diese Praxis seit Jahren kritisieren, nimmt der Verpackungsmüll von Jahr zu Jahr zu. „Überflüssige Zusatzverpackungen, etwa Pappschachteln bei Zahnpastatuben, befeuern diese Entwicklung, obwohl Maßnahmen gegen den Anstieg auf dem Tisch liegen“, kritisierte der Vorstands des vzbv, Klaus Müller. Die nächste Bundesregierung müsse endlich „überflüssige Zusatz- und Mogelpackungen abschaffen, um den Verpackungsmüll zu reduzieren und in der Konsequenz CO2-Emmissionen einzusparen“. Das schone nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel der Verbraucher.
Ein Viertel weniger Material durch kleinere Verpackungen möglich
Allein durch überdimensionierte Verpackungen lassen sich 27 Prozent des Verpackungsmaterials einsparen, heißt es in der Studie. Durch überflüssige Zusatzverpackungen, die weder für den Produktschutz noch für eine Information notwendig sind, liege das Einsparpotenzial sogar bei 73 Prozent des Volumens. Durch die Präsentation muten die Waren manchmal hochwertiger an, „obwohl es nicht immer zutrifft und oftmals optisch ein größeres Inhaltvolumen suggeriert wird“, kritisieren die Verbraucherschützer.
Die Verpackungsflut ist aus Sicht der Verbraucherschützer auch nicht im Sinne der Konsumenten: Die Mehrheit der Verbraucher – 96 Prozent – wünschen sich laut einer Umfrage weniger Verpackungsmüll und umweltfreundlichere Verpackungen.
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