Hamburg. Nach der Insolvenz will N’deye Fall-Kuete ihre afrikanischen Saucen in die Supermärkte bringen. Ein neues Produkt ist auch in Arbeit.
N’deye Fall-Kuete sitzt an diesem Vormittag in ihrem kleinen Büro im Sauerberghof an der Grindelallee und ist fröhlich. Das ist sie fast immer. „Es läuft gut“, sagt die Frau, die vor 16 Jahren aus dem westafrikanischen Togo nach Hamburg kam und die seit Anfang Mai 2021 Millionen Menschen in Deutschland kennen.
Damals war die alleinerziehende Mutter zweier Teenager-Töchter mit einem hoch emotionalen Auftritt in der Investorenshow „Die Höhle der Löwen“ (DHDL) im TV-Sender Vox zu sehen. Die Zuschauer sahen ein Happy End. N’deye Fall-Kuete fand für ihre Geschäftsidee in Dagmar Wöhrl eine Investorin. Die sagte zu, sich mit mehr als 100.000 Euro an dem Firmenprojekt zu beteiligen, das Gewürzsaucen nach westafrikanischen Rezepten produziert und verkauft. Bei der Gründerin flossen Tränen der Erleichterung und des Glücks.
So wurde es vor vier Monaten im Fernsehen gezeigt. Es war nur ein kleiner und der unterhaltsame Teil der ganzen Geschichte von N’deye Fall-Kuete und der „Höhle der Löwen“. Denn zwischen der Aufzeichnung der Sendung und der Ausstrahlung fast ein Jahr später hatten sich die Dinge dramatisch zugespitzt: Wöhrl zog die Finanzierungszusage zurück.
"Höhle der Löwen": Viele Bestellungen bei Ndeyefoods
Die Gründerin konnte ihre Saucen wegen der Pandemie nicht wie geplant auf Märkten und bei Festivals verkaufen. Das Geld wurde knapp, die Saucenherstellerin musste zuerst ihre Produktionsküche aufgeben, schließlich sogar Privatinsolvenz anmelden. Und sie hatte vor der Sendung kaum vorproduzierte Saucen in Geschmacksrichtungen wie Mango-Chili, Erdnuss-Senf und Ingwer-Curry-Honig auf Lager.
Nach dem TV-Auftritt aber brachen die Onlinebestellungen wie eine riesige Welle über die zwischenzeitlich gegründete Firma Ndeyefoods UG herein. „Innerhalb der ersten Woche kamen 7000 rein“, sagt die Gründerin, und dabei ist ihr anzumerken, dass sie das noch immer stolz macht. Es war ein Riesenerfolg, mit dem sie nicht gerechnet hatte – und der deswegen zur nächsten Riesenherausforderung für sie wurde.
Ndeyefoods aus "Höhle der Löwen" beliebt
Die Folgen sind in den Google-Rezensionen des Unternehmens nachzulesen: Das Geschäftsgebaren und die Produkte polarisieren. Kunden vergeben mit fünf Sternen entweder die beste Bewertung oder mit nur einem die schlechteste – zumeist, weil sie viele Wochen auf die Lieferung warteten und keine Informationen bekamen. Die Höchstwertungen kommen von Kunden, nachdem sie ihr Paket mit den Saucen erhalten haben. Die Kommentare lauten dann oft „super lecker“ oder „das lange Warten hat sich gelohnt.“
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Dass es anfangs ziemlich hakelig lief bei der Produktion neuer Ware in der Mietküche des Foodlab in der HafenCity und beim Versand, hat die Gründerin zu spüren bekommen. „Es gab etwa 450 Stornierungen von Kunden, die nicht so lange warten wollten.“ Möglicher Umsatz ging verloren. Andererseits kam insgesamt ein niedriger sechsstelliger Euro-Betrag herein, mit dem die Gründerin neue Zutaten, Gläser und Pakete kaufen konnte, ihre Helferinnen und Helfer und die Mietküche bezahlen. „Die meisten Bestellungen nach der Sendung waren im Juli abgearbeitet“, sagt sie. Jetzt kehrt langsam Ruhe ein.
Hunderte gefüllte Saucengläschen und Tüten mit Spezialitäten wie handfrittierten Kochbananenchips stehen für den Versand bereit. „Pro Tag kommen etwa 15 bis 20 neue Bestellungen, ganz ohne Marketing.“ Die Saucen gibt es im Dreier-, Vierer- und Sechser-Set zu Preisen zwischen 21 und 41 Euro. Das sichert einen stetigen Geldfluss. N’deye Fall-Kuete hat Zeit, sich über die Weiterentwicklung ihres Sortiments und ihres Unternehmens Gedanken zu machen – und sie hat viele Pläne.
Ndeyefoods: Neue Kochboxen für afrikanische Gerichte
Zwei weitere Saucen mit exotischen Geschmacksrichtungen soll es noch vor Beginn des Weihnachtsgeschäfts geben, dann sind es insgesamt zehn. Für Mitte 2022 sind zudem Kochboxen für afrikanische Gerichte anvisiert: Das Rezept, eine Sauce und haltbare Zutaten wie Fonio-Hirse oder Schwarzaugenbohnen sollen darin liegen. Als Grundlage für ein Gericht mit frisch gekauftem Gemüse oder Fleisch.
Ihr größtes Ziel ist ambitioniert, das ist der Gründerin klar: „Ich würde die Saucen gern in die Regale der Supermärkte bringen, aber dafür sind sie noch zu teuer.“ Immerhin um die 7 Euro kostet ein Gläschen mit 165 Gramm Sauce im Onlineshop. Um den Verkaufspreis im Einzelhandel auf höchstens 4 Euro bis 5 Euro zu drücken, muss sie viel günstiger und auch in größerem Stil produzieren. Das schafft das Mini-Unternehmen aber nicht selbst. „Ich bin deshalb auf der Suche nach einem Produzenten“, sagt N’deye Fall-Kuete.
Dann und wann helfen Dagmar Wöhrl und ihr Team mit Ratschlägen. Auf diese Zusammenarbeit hat man sich nach dem gescheiterten DHDL-Deal geeinigt. Mit Hamburgs ehemaligem Wirtschaftssenator Ian Karan, der sich nach dem Abendblatt-Bericht über das DHDL-Drama gemeldet hatte, hat sich die Saucenmacherin mit den afrikanischen Wurzeln zwar einmal getroffen, doch der Kontakt ist abgerissen.
"Höhle der Löwen": Insolvenz ist Ndeyefoods-Gründerin unangenehm
„Ich wollte ihm eigentlich meine Geschäftszahlen zeigen, bin aber einfach nicht dazu gekommen. Es waren so viele andere Dinge zu tun“, bedauert sie. Das Privatinsolvenzverfahren läuft, die Firma ist davon nicht betroffen. N’deye Fall-Kuete hatte selbst engsten Bekannten nichts erzählt von ihren finanziellen Schwierigkeiten. Es war und ist ihr bis heute unangenehm, ja peinlich.
Was sie am Montagabend macht, wenn die nächste DHDL-Staffel startet, weiß sie noch nicht so genau. „Es ist viel zu tun, oft komme ich erst spätabends aus dem Büro.“ Vielleicht wird sie mal reinschauen in die Show, die ihr Leben so durcheinandergewirbelt hat. Vielleicht macht sie auch einfach ein Glas Erdnuss-Senf-Sauce auf und kocht was. Es ist die Lieblings-Geschmacksvariante im Dreifrauenhaushalt Fall-Kuete.