Hamburg. Das Start-up Chimpy verleiht Powerbanks an Hamburger Bahnhöfen und in Kiosken. Jetzt gibt es die Ersatz-Akkus auch im Automaten.

Ob digitaler Impfpass, aktuelles Corona-Testergebnis oder Kontaktdaten-Abfrage beim Einkaufen und im Restaurant – ohne Mobiltelefon geht gerade kaum noch was. Zwischendurch noch mal schnell kontaktlos ein Ticket für den HVV buchen oder mit dem Smartphone die Lebensmittel bezahlen. „Noch nie war ein funktionsfähiges Handy wichtiger als in Zeiten der Pandemie“, sagt Fabian Arioli, Deutschlandchef des Start-ups Chimpy.

Wenn man dann auch noch mal eine Nachricht schreibt, seinen Account in den sozialen Medien checkt, sich den Weg per Navigations-App anzeigen lässt oder telefoniert, ist der Akku spätestens nachmittags gerade noch bei zehn Prozent. Da hilft ein Ladekabel oder ein Ersatz-Akku, eine sogenannte Powerbank. Das Problem: Meistens hat man gerade weder das eine noch das andere zur Hand, sondern zu Hause in der Schublade. Das ist oft ärgerlich, kann aber auch zu echten Schwierigkeiten führen.

Hamburger Start-up verleiht Powerbanks fürs Handy

Hier kommt Chimpy ins Spiel. Das Unternehmen verleiht Powerbanks an Bahnhöfen, in Kiosken, Bars und Restaurants oder auf Festivals – als Nothelfer bei leeren Handys. „Man plant ja nicht, dass man keine Akku-Leistung mehr hat“, erklärt Andreas Braendle den Bedarf. Der 42-Jährige ist einer von vier Gründern, die Chimpy in Zürich gegründet haben.

Schon 2013 hatten sie einen Ladeservice mit Mignon-Akkus als Ersatz für AA-Batterien gestartet. Kurz darauf waren sie in das Geschäft mit den Miet-Powerbanks eingestiegen. Die Idee war in einer Bar entstanden, als Braendle einen dringenden Anruf erledigen musste und der Akku seines Mobiltelefons leer war. „Ich dachte, es wäre doch prima, wenn man sich einen Ersatz-Akku ausleihen und später wieder zurückgeben könnte. So wie eine Pfandflasche“, erzählt der Unternehmer.

Chimpy-Ersatzakkus an allen Hamburger Bahnhöfen

Inzwischen ist die Idee zu einem Geschäft mit erheblichem Wachstumspotenzial in ganz Europa geworden. In Hamburg managt Fabian Arioli zusammen mit einem kleinen Team den Aufbau von Chimpy in Deutschland. Das Prinzip ist einfach: Powerbank mit passendem Kabel ausleihen, Handy unterwegs laden, Mietgerät an einem beliebigen Chimpy-Standort zurückgeben.

Das Unternehmen garantiert bei einer Leistung von 5000 Milliamperestunden (mAh) mindestens eine komplette Telefonladung. Für einen Zeitraum von sieben Tagen werden 3 Euro Gebühren fällig. Plus Pfand, aber ohne Registrierung. „In Hamburg kann man sich an den Kiosken aller U-, S- und Fernbahnhöfe einen Chimpy-Ersatzakku ausleihen“, sagt Deutschlandchef Arioli.

Bundesweit 500 Leihstationen

Insgesamt an mehr als 150 Standorten, die über eine App gefunden werden können. Zweiter Schwerpunkt ist derzeit Berlin. Bundesweit gibt es inzwischen 500 Leihstationen. „Bis zum Jahresende wollen wir in weiteren Großstädten starten und die 1000er-Marke knacken“, sagt der 28 Jahre alte Betriebswirt.

Gerade ist Chimpy mit der Deutschlandzentrale in das Kraftwerk Bille in Hammerbrook umgezogen. Wo vor mehr als 100 Jahren aus Kohle Strom gemacht wurde, laden die Start-up-Unternehmer von August an mit Solarenergie externe Akkus für Mobiltelefone. „Unser Ziel ist ein funktionierender Kreislauf“, sagt Fabian Arioli und erklärt damit die hohe Pfandgebühr von 15 Euro.

Jede Chimpy-Powerbank wird getestet und gereingt

Jede Chimpy-Powerbank, die zurückkommt, wird geladen, gereinigt und getestet, bevor sie in den nächsten Zyklus geht. Das funktioniert ziemlich gut. In Deutschland liegt die Rückgabequote bei mehr als 90 Prozent. Im Schnitt behalten die Nutzer, zumeist junge Leute und viele Pendler, die grüne Powerbank mit dem Affen-Logo drei bis fünf Tage. Ab dem achten Tag wird eine Verzugsgebühr von 2 Euro pro Woche fällig. Wenn jemand das Leihgerät gar nicht zurückgibt – auch kein Problem. Dann ist es quasi über das Pfand bezahlt.

Chimpy gibt es inzwischen in sechs europäischen Ländern, darunter in Spanien und Österreich. Gerade ist das Verleihsystem in der norditalienischen Metropole Mailand gestartet. Kernmarkt ist weiterhin die Schweiz mit mehr als 2000 Standorten. „Wir arbeiten profitabel“, sagt Gründer Braendle. Er sieht enormes Expansionspotenzial. „Ein leerer Akku unterwegs ist ja kein Schweizer Problem, sondern kommt auf der ganzen Welt vor.“ In den vergangenen Monaten hat die Corona-Pandemie das Wachstum deutlich beschleunigt. Für Deutschland beziffert es Regionalchef Arioli „im dreistelligen Prozentbereich“.

„Die Prototypen und die App sind fertig“

Chimpy ist nicht die einzige Firma, die einen Verleihservice anbietet. Vor allem in China und anderen asiatischen Ländern gibt es an jeder Ecke Handy-Ersatzakkus. Die Anbieter verzeichnen jährlich mehrere Milliarden Ladevorgänge. In Hamburg steht RechargeNow in den Startlöchern. Das Konzept Rent-a-Powerbank soll bei dem Start-up an eigenen Stationen funktionieren, über die man mit einer App einen Ersatzakku ausleihen kann.

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„Die Prototypen und die App sind fertig“, sagt Co-Gründer Alexander Vellguth. Jetzt suchen die Jung-unternehmen einen Investor. „Das Thema Akkukapazitäten wird uns noch länger begleiten“, sagt der Hamburger. Zwar seien die Akkus in den vergangenen Jahren immer leistungsstärker geworden, aber zudem sei auch der Stromverbrauch etwa für hellere Displays oder beim Umstieg ins 5-G-Mobilfunknetz gestiegen.

Verleihautomaten von Chimpy in Hamburg

Auch Chimpy hat inzwischen erste Verleihautomaten in Hamburg aufgestellt – in den ECE-Einkaufszentren Hamburger Meile, Elbe-Einkaufszentrum und Billstedt Center. In den nächsten Wochen folgen weitere Standorte in Hamburg und Berlin. Dabei erfolgt die Vermietung über einen QR-Code, der zur Internetseite mit den Zahlungsmodalitäten führt. Die Powerbanks, die der Automat ausspuckt, sind etwas größer als die Urversion und mit den drei gängigen Ladekabeltypen ausgerüstet. Die günstigste Gebühr liegt bei 1,50 Euro für 30 Minuten.

Chimpy-Gründer Andreas Braendle denkt inzwischen schon weiter. Künftig will das Start-up auch in den Markt mit Ersatzakkus für andere mobile Geräte einsteigen, etwa für Uhren wie die Apple Watch, Fitnesstracker, E-Scooter oder auch Elektrofahrräder. Es gibt auch noch eine weitere Idee. „Wir haben es geschafft mit unserer Chimpy-Powerbank ein Produkt in den Einzelhandel zu bringen, das man nicht kauft, sondern leiht“, sagt er. „Das könnte man für andere Kategorien wie Werkzeuge oder Spielsachen weiterentwickeln.“