Hamburg. Was Unternehmen wie Otto, Beiersdorf, Tchibo und Aurubis über Flüge für geschäftliche Zwecke in der Zukunft sagen.

Neben den Hotels ist die Lufthansa wohl das Unternehmen in Deutschland, das am stärksten unter dem nahezu totalen Stopp der Geschäftsreisen während der Corona-Pandemie gelitten hat. Doch nun macht sich Konzernchef Carsten Spohr wieder Mut. Je länger die Krise dauere, desto geringer werde der Anteil der Reisen, die vollständig durch Online-Konferenzen ersetzt würden, sagte Spohr vor wenigen Tagen der „Süddeutschen Zeitung“, denn: „Die Leute haben genug von Begegnungen per Videokonferenz. Sie wollen und müssen sich wieder persönlich sehen.“

Auch langfristig werde das Minus bei den Dienstreisen im Vergleich zum Niveau vor Corona „eher zehn als 20 Prozent erreichen“, so Spohr – und einer Umfrage des zur Lufthansa gehörenden Geschäftsreise-Dienstleisters AirPlus unter Managern von weltweiten Großkunden zufolge erwarten 48 Prozent in den kommenden zwei bis drei Jahren sogar mehr Geschäftsreisen als vor der Pandemie. Weitere 31 Prozent rechnen mit einem vergleichbaren Niveau.

Hamburger Unternehmen: Rückgang von Dienstreisen

Berthold Huber, Personenverkehrsvorstand der Deutschen Bahn, ist ebenfalls vom Comeback der Dienstreisen überzeugt. „Die Geschäftsreisenden werden wieder in die Züge zurückkehren“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Dabei werde die Bahn besonders von einer wieder zunehmenden Dienstreiseaktivität profitieren, weil diese bei immer mehr Firmen möglichst klimafreundlich abgewickelt werden sollen.

Doch die Ergebnisse einer Abendblatt-Umfrage unter großen Hamburger Unternehmen wecken Zweifel, dass der Optimismus von Spohr und Huber gerechtfertigt ist: Überwiegend wollen die Konzerne auf absehbare Zeit weiter sehr zurückhaltend mit Geschäftsreisen umgehen – ganz besonders gilt das für Flüge. Hier die Antworten:

Beiersdorf

Bei dem Nivea-Hersteller erfolgen Dienstreisen nach Angaben einer Sprecherin seit Ende Februar 2020 „nur aus geschäftskritischen Gründen und nach sorgfältigem Abwägen“. Vor dem Hintergrund der restriktiven Richtlinien lag die Reisetätigkeit bei den deutschen Gesellschaften des Beiersdorf-Consumer-Bereichs „in den vergangenen Monaten durchschnittlich bei nur rund fünf Prozent des Vor-Corona-Niveaus“.

Man erwarte nicht, dass „zeitnah“ wieder eine Reisetätigkeit erreicht wird, die dem Niveau vor der Pandemie entspricht: „Die Erfahrungen der Corona-Zeit haben gezeigt, dass viele Reisen durch virtuelle Alternativen, wie Telefonie- und Videokonferenzen, abgelöst werden können.“

Jungheinrich

Beim Gabelstaplerbauer gilt bis auf Weiteres der Grundsatz: Dienstreisen sind weitestgehend zu vermeiden. Zwar seien die internen Freigabeprozesse für Reisen mit dem Abflauen der Pandemie „teilweise erleichtert“ worden, sagt eine Firmensprecherin. Man gehe aber davon aus, dass Dienstreisen auf einem „niedrigen Niveau“ bleiben werden.

Philips

„Es gilt nach wie vor, Dienstreisen auf die absolut notwendigen zu beschränken“, sagt Thomas Piehler, Arbeitsdirektor bei Philips für Deutschland, Österreich und die Schweiz: „Wie schnell Infektionszahlen exponentiell steigen können und eine neue Virusvariante eine alte verdrängen kann, hat Deutschland im Winter 2020/2021 erlebt und ist derzeit zum Beispiel in Großbritannien, Russland und Portugal mit der Verbreitung der Delta-Variante zu sehen“, erklärt Piehler.

Die Zahl der Dienstreisen liege auf einem „gleichbleibend niedrigen Niveau“ und sei weit von den Größenordnungen aus der Zeit vor Covid-19 entfernt. Eine explizite Anweisung, auf Flüge zu verzichten, gebe es zwar nicht. „Während der Pandemie hat sich allerdings gezeigt, dass manche Angelegenheit, für die man früher eine aufwendige Flugreise unternommen hätte, dank der Technik gut per Videokonferenz geregelt werden kann“, so Piehler.

Tchibo

Dienstreisen würden bis auf weiteres „nur bei dringender betrieblicher Notwendigkeit“ unternommen, heißt es vom Unternehmen. Und weiter: „Wir erwarten, dass die Anzahl der Dienstreisen auch mittelfristig geringer sein wird als vor der Pandemie.“

Lichtblick

Der Ökoenergieanbieter mit gut 400 Beschäftigten in Hamburg schätzt, dass in der Nach-Corona-Zeit etwa 60 Prozent der zuvor üblichen Dienstreisen wegfallen werden. „Video-Meetings mit Partnern und Dienstleistern sind zur Routine geworden – und das wird oft auch so bleiben. Das spart Zeit, Kosten und schont das Klima“, sagt Lichtblick-Unternehmenssprecher Ralph Kampwirth. Bis Ende Juni waren Dienstreisen bei Lichtblick komplett untersagt, derzeit fänden nur einige wenige statt, heißt es. Und wenn, dann in der Regel per Zug oder Elektroauto. Kampwirth: „Als nachhaltiges Unternehmen verzichten wir, wo immer möglich, auf Dienstreisen und auf Flüge.“

Otto Group

„Die Sicherheit und Gesundheit aller Kolleginnen und Kollegen in der Otto Group bleibt weiterhin unsere oberste Priorität, so dass wir, auch wegen der noch unklaren Situation durch die Ausbreitung der Delta-Variante, Reisen weiterhin auf ein Minimum beschränken“, sagt eine Sprecherin des Versandhandelskonzerns. Nach mehr als einem Jahr des Dienstreiseverbots seien solche Reisen inzwischen grundsätzlich wieder möglich, „dies wird aber nicht zuletzt mit Blick auf die aktuelle Ferienzeit kaum genutzt.“

Für die kommenden Monate sei eine wieder steigende Zahl der Geschäftsreisen zu erwarten – aber die Akzeptanz von Videogesprächen habe durch die Pandemie deutlich zugenommen, „auch bei komplexeren Themen“. Das vergangene Jahr habe deutlich gezeigt, „dass der virtuelle Austausch hervorragend funktioniert und im Hinblick auf Zeitersparnis, Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz auch jede Menge Vorteile bringt.“ Bereits vor Corona seien die Beschäftigten gehalten gewesen, auf Flugreisen, wo immer möglich, zu verzichten und stattdessen den Zug zu nehmen: „Das hat vor März 2020 bereits gut geklappt, insofern werden wir daran auch zukünftig in jedem Fall festhalten.“

Aurubis

Unabhängig von der Corona-Lage setze das Unternehmen bei der Mitarbeitermobilität auf Nachhaltigkeit, heißt es bei der Hamburger Kupferhütte. Sie lässt jetzt auf Betriebsparkplätzen 150 Ladesäulen für E-Autos von Beschäftigten und Besuchern errichten. Flugreisen als Alternative zu Bahn oder Auto werden nur genehmigt, wenn die Reisezeit mehr als drei Stunden beträgt. Grundsätzlich gelte bei Aurubis weiter die Regelung, Dienstreisen auf ein Minimum zu reduzieren. Nur unbedingt erforderliche Reisen würden deshalb derzeit genehmigt, heißt es. Ein „gewisser Anteil“ von Dienstreisen werde sich künftig durch Videokonferenzen ersetzen lassen.

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Hapag-Lloyd

„Wir sind nach wie vor außerordentlich vorsichtig und verhalten uns entsprechend zurückhaltend“, teilt die Reederei mit: „Wo immer es möglich und sinnvoll ist, werden wir Dienstreisen künftig vermeiden und durch Videocalls ersetzen.“ Allerdings seien aufgrund der „internationalen Aufstellung“ auch weiterhin persönliche Begegnungen mit Mitarbeitern, Kunden und Partnern im In- und Ausland notwendig.

Olympus

Der Medizingerätehersteller hat die Reiserichtlinie für die gut 1300 Beschäftigten in der Zentrale für Europa, Afrika und den Mittleren Osten in Hammerbrook bereits angepasst. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien nun „angehalten, bei notwendigen Dienstreisen in der Regel Alternativen zum Flugverkehr zu prüfen und vorrangig in Anspruch zu nehmen“, sagt eine Olympus-Sprecherin.

Ende Juli gelte weiter die Maßgabe, dass weitestgehend auf Dienstreisen verzichtet werden soll und stattdessen digitale Plattformen genutzt werden. Reisen in Nicht-Risikogebiete mit dauerhaft niedriger Corona-Inzidenz würden aber „moderat“ wieder aufgenommen. Vor allem im Außendienst gebe es daher einen geringen Anstieg von Dienstreisen. Das Niveau der Zeit vor Corona werde die Zahl in diesem Jahr aber nicht erreichen, heißt es.

Eppendorf

Beim Hamburger Laborgeräte-Hersteller gilt bis zum endgültigen Ende der Pandemie, dass alle unnötigen Geschäftsreisen zu vermeiden sind. „Geschäftliche Reisen in Risikogebiete sind gänzlich untersagt“, sagt ein Unternehmenssprecher der Eppendorf AG. Die Zahl der Dienstreisen werde in absehbarer Zeit nicht das Vor-Corona-Niveau erreichen. Eine generelle Richtlinie zum Verzicht auf Flüge gibt es bei dem Unternehmen mit gut 1000 Beschäftigten in der Hansestadt aber nicht.