Hamburg. Etablierte Banken kassieren Verwahrentgelte, Spezialinstitute bieten noch eine kleine Rendite. Was beim Anlegen zu beachten ist.

Der Druck auf Hamburger Sparer kommt von allen Seiten. Die Banken drängen Kunden, hohe Geldbestände auf Giro- und Tagesgeldkonten in alternative Anlagen umzuschichten. Statt Guthaben- gibt es bei den meisten Geldinstituten Strafzinsen, oft schon ab 50.000 oder 10.000 Euro. So wächst die Verunsicherung der Sparer.

In dieser Geldanlage-Serie zeigt das Abendblatt, wie kleinere und größere Beträge sinnvoll angelegt werden können: Von der von Kursschwankungen unabhängigen Zinsanlage über Aktien und Investmentfonds bis zu Immobilien und Edelmetallen. Oft wird in der Mischung der Anlagen die beste Strategie liegen.

Im Schnitt haben die Hamburger Senioren, die von Strafzinsen besonders betroffen sind, rund 80.000 Euro auf der hohen Kante, bei Immobilienbesitzern sind es sogar 144.000 Euro. Im ersten Teil der Serie geht es vor allem um grundsätzliche Überlegungen zur Geldanlage und sichere Zinsanlagen. Welche Banken zahlen noch Zinsen? Wie finde ich die besten Angebote? Wie sicher ist mein Geld bei ausländischen Banken?

Warum ist die Lage für Sparer derzeit so schwierig?

Seit Jahren sinken die Zinsen. Die durchschnittlichen Zinssätze für Tagesgeld liegen aktuell bei 0,01 Prozent und für ein einjähriges Festgeld bei 0,11 Prozent, wie eine Übersicht der FMH-Finanzberatung zeigt. Doch gerade ältere Sparer bevorzugen sichere Zinsanlagen. „Sparer sollten sich für einen überschaubaren Zeitraum von zwei bis maximal drei Jahren binden“, sagt Anke Puzicha von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Bisher haben sie sich immer geärgert, weil sie sich zu kurz gebunden haben.“

Bei der Wiederanlage des Geldes waren die Zinsen häufig noch niedriger. „Es ist so, dass mit zunehmendem Alter Geld auf Girokonto und Sparbuch angehäuft wird“, bestätigt Christian Schley, Leiter der Haspa-Filiale an der Reeperbahn. „Mit Blick auf die steigende Inflation ist das keine gute Entscheidung. Sie resultiert häufig daraus, dass sich Kunden in Bezug auf die Geldanlage zu wenig Gedanken machen. Der schöne Schein trügt, der Kontostand bleibt zwar unverändert, aber das Geld verliert an Kaufkraft.“

Bei 100.000 Euro und einer Inflationsrate von aktuell 2,5 Prozent beträgt die Kaufkraft bei null Prozent Zinsen nach fünf Jahren nur noch 88.385 Euro. Wenn auch noch 50.000 Euro davon einem Strafzins von 0,50 Prozent unterliegen, dann schwindet die Kaufkraft um rund weitere 1200 Euro. Inzwischen haben rund 430 Geldhäuser einen Negativzins für Privatkunden eingeführt, darunter auch die Haspa und die Hamburger Volksbank.

Wie kann man reagieren?

Auch wenn die Zinsen niedrig sind und auf dem Girokonto sogar Negativzinsen drohen, ist das Tagesgeldkonto bei einer Bank, die noch Zinsen zahlt, die Basis einer jeden Geldanlage. „Dort können ein bis drei Monatsgehälter oder Renten für Notfälle liegen, die plötzlich höhere Ausgaben erfordern“, sagt Puzicha. Wie viel Geld darüber hinaus noch festverzinslich angelegt wird, hängt von den persönlichen Umständen ab. Grundsätzlich raten Verbraucherschützer – soweit möglich – erst Kredite zu tilgen, bevor Geld angelegt wird.

„Sehr viel hängt von den persönlichen Umständen ab: Reicht die Rente für die laufenden Ausgaben oder muss sie aufgestockt werden? Welche zusätzlichen Mittel werden für geplante Reisen benötigt? Soll für Kinder oder Enkel vorgesorgt werden?“, sagt Bankberater Schley. „Abseits der reinen Geldanlage gibt es auch andere Aspekte, die man berücksichtigen sollte, etwa Geld oder Immobilien vorzeitig zu vererben. Manche sorgen auch mit einer Sterbegeldversicherung vor, anderen Kunden ist eine Unfallversicherung mit Assistenzleistungen wichtig. Die Versicherung kommt dann für Hilfsleistungen im Haushalt auf. Liquides Geld kann auch in eine Sofortrente investiert werden. Auch die Beimischung von Gold über einen Sparplan ist denkbar.“

Ob sich Renten- und Sterbegeldversicherungen noch lohnen und wie risikoreich Gold ist, wird in weiteren Serienteilen erläutert. Zunächst geht es vor allem um Zinsanlagen. Aber damit kann eben nicht einmal mehr die Inflation ausgeglichen werden. Deshalb sollte vor allem bei hohem Geldvermögen nicht der gesamte Betrag in Zinsanlagen fließen.

Lohnt Tages- und Festgeld noch?

Vermehrt werden kann Geld so nicht mehr, dennoch kann es gute Gründe für eine solche Anlage geben, etwa wenn das Kapital in wenigen Jahren wieder zur Verfügung stehen soll. Die Höhe der Zinsen von bis zu 1,15 Prozent für ein dreijähriges Festgeld sind im Ausland deutlich höher als bei deutschen Direkt- und Filialbanken, die zum Teil auch schon Negativzinsen verlangen (s. Tabellen). Wer nur der deutschen Einlagensicherung vertraut, muss sich mit geringeren Zinsen abfinden.

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So bietet die ABC Bank ein halbes Prozent Zinsen für eine dreijährige Anlage, und vier weitere Geldinstitute mit deutscher Einlagensicherung liegen knapp darunter. Dazu gehört auch die Ziraat Bank, die in Hamburg eine Filiale hat. Beim Tagesgeld liegen die höchsten Zinsen zwischen 0,25 Prozent (deutsche Einlagensicherung) und 0,40 Prozent (ausländische Banken). Anleger müssen sich bei diesem Produkt auf weiter fallende Zinsen einstellen.

Wie finde ich aktuell noch gute und sichere Sparangebote?

Dazu gibt es im Internet verschiedene Vergleichsportale wie Biallo und FMH. Das Abendblatt hat mithilfe des Vergleichsportals www.kritische-anleger.de verschiedene Zinsangebote herausgefiltert (s. Grafik). Dort können Sparer die Banken nicht nur nach Laufzeit und Zinshöhe auflisten, sondern erfahren auch etwas über das Rating der Bank, des Landes und über die Höhe der sogenannten Deckungsquote. Sie zeigt das Verhältnis der Einlagen der Bank im Vergleich zu den Mitteln der jeweiligen Einlagensicherung. Je höher die Prozentzahl, desto besser.

Extrem hohe Prozentzahlen zeigen, dass das Geldinstitut sehr klein ist und geringe Einlagen hat. Im Umkehrschluss bedeutet das: Eine Pleite ist für die jeweilige Einlagensicherung kein Problem. Gleichzeitig darf die Deckungsquote nicht überbewertet werden, denn es ist vollkommen ausgeschlossen, dass die Einlagen einer jeden Bank eines Landes zu 100 oder auch nur zu zehn Prozent abgesichert werden.

Das geplante Absicherungsniveau in der Europäischen Union liegt bei mindestens 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen. Dieses Ziel muss erst 2024 erreicht sein. „Kriselnde Banken kann der Verbraucher kaum im Vorfeld erkennen“, sagt Sandra Klug von der Verbraucherzentrale Hamburg. Deshalb sei es immer wichtig auf die Höhe der Einlagensicherung zu achten und nicht mehr Geld, als abgesichert ist, anzulegen.

Immobilienfonds – eine Alternative?
Knapp acht Milliarden Euro haben Anleger im vergangenen Jahr in offene Immobilienfonds in Deutschland investiert. Das Geld der Anleger fließt in Büroimmobilien, Einkaufszentren, Hotels und Logistikzen­tren. Anleger schätzen die geringen Schwankungen der Fonds. Die Rendite bleibt allerdings überschaubar. Die Experten der Ratingagentur Scope rechnen in diesem Jahr mit einer jährlichen Rendite von im Schnitt 1,5 Prozent nach 2,1 Prozent im vergangenen Jahr. Fonds mit vielen Hotels und Shopping-Centern leiden unter der Corona-Pandemie. Mietzahlungen flossen nicht wie vereinbart, Leerstände sind ein Problem. Ein Nachteil ist auch der hohe Ausgabeaufschlag von bis zu fünf Prozent beim Erwerb der Fonds.  Mit der wirtschaftlichen Erholung kann sich die Lage bei den Fonds aber wieder bessern. Dennoch gibt es Hürden für Sparer bei der Verfügbarkeit. Die Anteile müssen mindestens zwei Jahre lang gehalten werden. Wer dann wieder an sein Geld möchte, muss eine einjährige Kündigungsfrist beachten. Offene Immobilienfonds eignen sich höchstens als Beimischung, sie sind aber kein Ersatz für Tages- und Festgeld.

Wir arbeiten Vermittlerportale?

Einige Angebote aus den Tabellen wie bei der kroatischen Bank Kovanica oder dem italienischen Geldinstitut Progetto können nicht direkt über die Internetseite der Bank, sondern nur über die Vermittlerportale Weltsparen aus Berlin und Zinspilot aus Hamburg, die jetzt ihre Fusion bekannt gegeben haben, abgeschlossen werden. Bei diesen Vermittlerplattformen gibt es Tages- und Festgeldangebote von rund 160 vorwiegend ausländischen Banken aus Europa.

Die Zinsen sind deutlich höher als bei Filial- und Direktbanken in Deutschland. Der Kunde muss sich registrieren und eröffnet ein Verrechnungskonto bei einer deutschen Bank, mit denen die Portale zusammenarbeiten. Von dort wird dann das Geld an die Bank überwiesen, bei der angelegt werden soll – und nach Ablauf fließt es wieder auf das Verrechnungskonto zurück.

Der Vorteil ist, dass sich der Kunde nicht für jedes neue Zinsangebot legitimieren muss. „Weltsparen arbeitet ausschließlich mit voll lizenzierten Finanzinstituten zusammen, die der Einlagensicherung unterliegen und sowohl der jeweiligen Bankenaufsicht des Landes, als auch weiteren Kontrollgremien unterliegen“, sagt Unternehmenssprecherin Nicole Breforth.