Hamburg. Frachter liegen noch bis Herbst hinter dem Fahrplan. Vorstandschef Habben Jansen sagt, wie viel Geld das die Reederei wohl kostet.
Ende März atmeten die global operierenden Reedereien und mit ihnen die Weltwirtschaft hörbar auf: Nach der fast einwöchigen Blockade des Suezkanals durch den havarierten Containerfrachter „Ever Given“ war eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten des Welthandels wieder frei. Der Schiffsstau im und vor dem Kanal begann sich aufzulösen. Das ist längst geschehen, aber die Folgen der Blockade sind für die Reedereien wie Hapag-Lloyd aus Hamburg weiterhin deutlich spürbar – und werden es nach Einschätzung von Vorstandschef Rolf Habben Jansen noch über Monate sein.
„Einige unserer Schiffe liegen derzeit etwa zweieinhalb Wochen hinter dem Fahrplan zurück“, sagt Habben Jansen. Zeitweise hatten neun Containerfrachter des Hamburger Traditionsunternehmens im Suezkanalstau gelegen. Als sie dann in ihren Zielhäfen eintrafen, kamen dort gleichzeitig die Frachter anderer Reedereien an – was zu weiteren Verzögerungen beim Löschen der Ladung führte.
Nun sind die Containerriesen, die Ende März auf dem Weg von Asien nach Europa waren, auf der Rückreise dorthin. Zum Teil mit erhöhter Geschwindigkeit – und deshalb mit höherem Treibstoffverbrauch. Voraussichtlich erst im dritten Quartal werden die Verzögerungen aufgeholt sein, heißt es. Innerhalb weniger Wochen sei das nicht machbar.
Suezkanal-Blockade verursacht hohe Kosten
Wie hoch die Mehrkosten durch die Blockade für Hapag-Lloyd sind, stehe noch nicht fest, sagt Habben Jansen. „Wir haben das bisher nicht ermittelt. Ich schätze, es handelt sich um einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag.“ Das sei aber keine entscheidende Größe, so der Vorstandsvorsitzende. Denn voraussichtlich werde die Reederei das Geld nicht von den Verantwortlichen oder der Versicherung einfordern. „Ich bezweifle, dass wir das tun werden. Es handelt sich um einen bedauerlichen Unfall. So etwas passiert. Für uns steht im Vordergrund, die Folgen zu bewältigen.“
Diese Suezkrise war das spektakuläre Ereignis, das die sensiblen Transportketten der Containerschifffahrt immer noch kräftig durchschüttelt. Das andere sind die Corona-Pandemie und ihre Folgen. Sie führen schon seit Monaten dazu, dass viele der Transportboxen sich nicht an dem Punkt auf der Welt befinden, wo sie gerade benötigt werden. So fehlen etwa in Asien leere Container, in die sich in Europa sehnlichst erwartete Produkte wie Laptops, E-Pianos oder Fahrradteile verpacken lassen. Auf sowas müssen Händler und Kunden hierzulande jetzt oft monatelang warten.
Containermangel hat schwere Folgen
Das Ungleichgewicht in der Containerverteilung betreffe aber nicht allein den Verkehr zwischen Asien und Europa, sagt Habben Jansen. Auch Transporte in die oder aus den USA seien betroffen. „Früher dauerte es etwa 50 Tage, bis ein Container zu uns zurückkam, jetzt sind es etwa 60. Wir benötigen zurzeit also 20 Prozent mehr Boxen, insgesamt etwa 600.000.“ Bislang habe das Unternehmen rund 350.000 Container beschaffen können. Dennoch sieht Habben Jansen eine Entspannung der Situation. „In drei Monaten sollte sich die Lage weitgehend normalisiert haben.“
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In den maßgeblichen Geschäftszahlen für die ersten drei Monate 2021, die Hapag-Lloyd am Mittwoch bekannt gab, spiegelt sich die Kanalblockade allenfalls am Rande. Dass die Schiffe zwischen Anfang Januar und Ende März insgesamt 3,3 Prozent weniger Container transportierten als im Vorjahreszeitraum ist vornehmlich eine Folge der Verwerfungen durch die Pandemie. Das verspätete Reiseende einiger Schiffe erst Anfang April trug nur wenig dazu bei.
Dennoch Milliardengewinn für Hapag-Lloyd
Und die geringere Zahl der transportierten Boxen ist ohnehin eine Randnotiz in den Quartalszahlen. Die sind prächtig, die Reederei spricht hanseatisch zurückhaltend von einem „starken Start ins Jahr“: Der Umsatz stieg auf knapp 4,07 Milliarden Euro, im Vorjahreszeitraum waren es 3,35 Milliarden gewesen. Der Quartalsgewinn von Steuern und Zinsen (EBIT) kletterte im Jahresvergleich von 1,1 auf 1,3 Milliarden Euro.
Das liegt einerseits an niedrigeren sogenannten Bunkerkosten – die Reederei konnte den Schiffstreibstoff zu geringeren Preisen einkaufen. Wichtiger noch für den Umsatz- und Gewinnsprung waren die höheren Frachtraten, die traditionell in US-Dollar angegeben werden. Zum Jahresstart berechnete die Reederei im Schnitt etwas mehr als 1500 Dollar für den Transport einer Box. Vor Jahresfrist waren es nur knapp 1100 Dollar gewesen. Schon absehbar sind hohe Gewinne auch im zweiten Quartal. Für das Gesamtjahr erwartet Habben Jansen nun Ergebnisse „deutlich über Vorjahresniveau“.
HHLA schlägt weniger Container um
Ganz ähnlich wie bei der Traditionsreederei entwickelten sich Geschäfte für das Hafenunternehmen HHLA, Hamburgs größten Terminalbetreiber. Der zudem in Tallin und Odessa operierende Konzern hievte zwar im ersten Quartal 6,6 Prozent weniger Container über die Kaikanten. In Hamburg allein betrug die Einbuße sogar 7,2 Prozent. Der Konzernumsatz aber wuchs um knapp vier Prozent auf annähernd 350 Millionen Euro, der operative Gewinn um mehr als ein Viertel auf über 46 Millionen Euro.
Auch bei der HHLA trugen die Pandemiefolgen dazu bei. Weil mehr Container auf der Schiene transportiert wurden, war die Bahntochter Metrans sehr gut im Geschäft. Hohe Einnahmen gab es auch aus dem Lagergeld für Container. Weil viele Schiffe verspätet eintrafen, während die für sie bestimmten Container bereits von Speditionen angeliefert wurden, mussten und müssen die Boxen häufig viele Tage zwischengelagert werden – unter anderem auf einem dafür aktivierten 10-Hektar-Areal in Altenwerder. Dafür berechnet die HHLA das Lagergeld.
Was die Aussichten für das Gesamtjahr 2021 angeht, ist die HHLA-Vorstandsvorsitzende Angela Titzrath nach dem ersten Quartal jedoch weniger optimistisch als Hapag-Lloyd-Chef Haben Jansen. Titzrath erklärte: „Auf Basis der Geschäftsentwicklung in den ersten drei Monaten des Jahres sind wir zuversichtlich gestimmt, was die Erreichung unserer Geschäftsjahresziele 2021 anbelangt.“