Hamburg. Konzernchef Ola Källenius zu Gast beim virtuellen Hamburger Übersee-Tag, um seine Vision der Automobilindustrie vorzustellen.

Der Tisch für die Ehrengäste im Festsaal des Hotel Atlantic ist gedeckt, aber es nimmt niemand daran Platz. Dennoch begrüßt Michael Behrendt, der Präsident des Übersee-Clubs, an diesem Abend die Teilnehmer des 71. Übersee-Tages hinter einem Rednerpult im sonst menschenleeren Saal – vor einer Kamera, denn in Corona-Zeiten kann die traditionsreiche Veranstaltung nur online stattfinden.

Dabei hatte Behrendt in diesem Jahr einen für die deutsche Wirtschaft besonders bedeutenden Festredner gewinnen können: Ola Källenius, den Vorstandsvorsitzenden des Daimler-Konzerns. Sein Thema: „Die Zukunft der Automobilindustrie – nachhaltig und digital“. Wie man sich bei Mercedes diese Zukunft vorstellt, demonstrierte Källenius am Beispiel des Modells EQS, des ersten vollelektrischen S-Klasse-Mercedes, der gerade im April Weltpremiere hatte: „Als weltweit erstes Serienfahrzeug kann der EQS ohne Insassen einparken“ – jedenfalls sobald die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen sind.

Bis 2030 soll jeder zweite Mercedes elektrisch fahren

„Wir wollen die begehrenswertesten Autos der Welt bauen“, sagte Källenius. Nur war zumindest der erste reine E-Pkw der Marke Mercedes, der seit etwa zwei Jahren gebaute Kompakt-SUV mit der Typenbezeichnung EQC, bei den Kunden offenbar nicht besonders gefragt. Mit dem Spitzenmodell EQS aber beginne „eine neue Ära bei Mercedes“, so Källenius. Der Konzernchef drückt nun mächtig aufs Tempo: Bis Ende des Jahres sollen neun vollelektrische Mercedes-Autos auf dem Markt sein, bis 2030 soll mindestens jedes zweite Fahrzeug der Marke einen E-Antrieb haben und bis 2039 jedes.

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In der Branche gilt Daimler zwar nicht gerade als Vorreiter der Elektromobilität. Källenius, der im Mai 2019 als Nachfolger von Dieter Zetsche an die Konzernspitze rückte, machte aber bereits zum Amtsantritt klar, dass er das Unternehmen wesentlich „grüner“ aufstellen will als sein Vorgänger.

So hat der gebürtige Schwede, der sein gesamtes Berufsleben bei Daimler verbrachte, auch für den Lkw-Bereich ehrgeizige Pläne: Noch in diesem Jahr soll ein vollelektrischer Kurzstrecken-Lastwagen mit einer Reichweite von mehr 200 Kilometern in Serie gehen. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts will man einen Brennstoffzellen-Lkw, der mit einer Wasserstoff-Tankfüllung mehr als 1000 Kilometer weit fahren kann, auf den Markt bringen.

2500 Menschen arbeiten im Hamburger Mercedes-Werk

Welche Rolle der Standort Hamburg mit immerhin etwa 2500 Beschäftigten für Mercedes spielt, erwähnte Källenius nicht. Das tat dafür Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), der ein Grußwort zum Überseetag sprach: „In jedem Auto der EQ-Reihe fährt ein Stück Hamburg mit“, denn die Antriebsstränge würden hier gefertigt.

Mit Blick auf die sinkenden Corona-Neuinfektionszahlen und den Fortschritt bei den Impfungen machte Tschentscher dem Übersee-Club Hoffnung, den 100. Gründungstag im kommenden Jahr in gewohnter Form feiern zu können: „2022 sollten wir uns wieder persönlich begegnen können.“