Düsseldorf. Vergangenes Jahr wurde die Warenhauskette verkauft. Nun hat die Zerschlagung begonnen. Wie es mit den Geschäften weitergeht.
- Real wurde an mehrere Unternehmen wie etwa Edeka oder Kaufland verkauft
- Doch was passiert mit den Läden und Mitarbeitern?
- Darüber gibt es nun Klarheit
Über den ersten Real-Märkten hängt am Eingang bereits das Kaufland-Schild, andere sind bereits geschlossen oder stehen kurz davor. Die Zerschlagung der traditionsreichen SB-Warenhauskette hat begonnen. Geräuschlos verschwindet die Marke Real aus der deutschen Handelslandschaft.
Es war am 24. Juni des vergangenen Jahres, als der Düsseldorfer Metro-Konzern den zähen Verkaufsprozess abschließen und Real den neuen Eigentümern übergeben konnte.
Real-Mitarbeiter müssen vorerst übernommen werden
Der Verhandlungspoker mit dem russischen Finanzinvestor SCP war von massiven Protesten der Gewerkschaft Verdi begleitet worden. Der aufgebaute Druck hat sich offenbar gelohnt.
Beim Weiterverkauf der einst 256 Märkte mit 34.000 Beschäftigten müssen Erwerber wie Kaufland, Edeka oder Globus die Real-Mitarbeiter übernehmen. Zumindest für ein Jahr.
Kaufland darf 92 Real-Standorte übernehmen
Klarheit haben inzwischen die Beschäftigten, deren Real-Filialen zu dem Paket gehören, das der Wettbewerber Kaufland übernehmen kann. Das Bundeskartellamt hatte kurz vor Weihnachten bekannt gegeben, dass die SB-Warenhauskette, die wie der Discounter Lidl zur Schwarz-Gruppe gehört, 92 Real-Standorte übernehmen darf. Nach eigenen Angaben will Kaufland nun Real Standort für Standort ins eigene Unternehmen integrieren und entsprechend umflaggen.
Mit der Lidl-Schwester hat die Arbeitnehmerseite augenscheinlich die geringsten Probleme. „Aus der Sicht der Beschäftigten kann Kaufland die übernommenen Real-Märkte am ehesten zukunftsfest aufstellen und Vereinbarungen wie Weiterbeschäftigung, Tariflohn und Mitbestimmung gewährleisten“, sagt Orhan Akman, Fachgruppenleiter Einzelhandel im Verdi-Bundesvorstand, im Gespräch mit unserer Redaktion. Lesen sie hier: Real: Hätte der Wirtschaftsminister mehr Jobs retten können?
Kartellamt machte Edeka einen Strich durch die Rechnung
Die Konzepte und Sortimente von Real und Kaufland ähneln sich noch am meisten. „Bei Kaufland gibt es keine Fachverkäufer und Fachverkäuferinnen etwa für Auto- oder Fahrrad-Zubehör. Dafür gibt es Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Abteilungen wie im Verkauf oder an der Kasse“, meint Akman. Der Übergang zu Kaufland verlaufe für die Real-Mitarbeiter weitgehend reibungslos.
Anders sieht es bei dem zweiten großen Bieter, dem Lebensmittelriesen Edeka, aus. Die Hamburger Genossenschaft wollte ursprünglich 72 Real-Standorte übernehmen. Unlängst machte das Kartellamt ihr aber einen Strich durch die Rechnung.
Damit Edeka ihre Vormachtstellung nicht noch weiter ausbaut, erlauben ihr die Wettbewerbshüter nur, 51 Real-Filialen zu übernehmen. Lesen Sie hier: Smarter Edeka: Wie das Einkaufen ohne Kasse funktioniert
Edeka: Bundeskartellamt fürchtete Einschnitte im Wettbewerb
Dass Edeka auf rund ein Drittel der geplanten Käufe verzichten muss, begründete Kartellamtspräsident Andreas Mundt mit wettbewerbsrechtlichen Motiven. „Wir müssen sicherstellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher auch in Zukunft zwischen verschiedenen Lebensmittelhändlern auswählen können“, sagte er.
An bundesweit sechs Standorten muss Edeka überdies Flächen untervermieten. Von der Entscheidung des Kartellamts dürften regionale mittelständische Händler profitieren, die nun an den Standorten zum Zuge kommen, die Edeka nicht schlucken darf. Auch interessant: Kartellamt will Datensammeln bei Google und Apple begrenzen
Verdi erhöht den Druck auf Edeka
Die Strategie trifft bei Verdi auf Sympathie. Die Gewerkschaft liegt seit Jahren mit den selbstständigen Kaufleuten, die Edeka-Märkte betreiben, im Clinch, weil sie zumeist nicht dem Flächentarifvertrag angehören und zum Teil gegenläufige Auffassungen über Mitbestimmung haben.
Verdi-Mann Akman macht deshalb Druck: „Unser Eindruck ist, dass sich Edeka bei der Übernahme von Real-Mitarbeitern und der Einhaltung von Tarifverträgen alle Optionen offenhalten will. Wir erwarten, dass Edeka endlich die Karten auf den Tisch legt und die Beschäftigten nicht so in der Luft hängen lässt“, fordert er und warnt vor einer weiteren „Hängepartie für die Real-Mitarbeiter“.
Für Verdi sei „derzeit nicht zu erkennen, was Edeka genau mit den Flächen der Real-Märkte vorhat und wie sie weiterentwickelt werden sollen“. Lesen Sie hier: Edeka will Coronaviren in Filialen mit UV-C-Licht töten
Globus übernimmt 24 Real-Märkte
Das dritte größere Real-Paket hat sich der vergleichsweise kleine saarländische SB-Warenhausbetreiber Globus mit bislang nur 48 Standorten bundesweit gesichert. Das Kartellamt hat ihm gestattet, bis zu 24 Real-Märkte zu übernehmen.
Globus will vor allem auf dem hart umkämpften nordrhein-westfälischen Lebensmittelmarkt stärker Fuß fassen, aber offenbar auch in Hamburg. Einen entsprechenden Bericht der „Lebensmittelzeitung“ wollte Globus auf Anfrage nicht kommentieren.
Rund 50 Standorte muss SCP bis Sommer 2022 betreiben
Nachdem Real bereits selbst die Schließung von 19 Märkten verkündet hatte, bleiben noch rund 50 Standorte, die SCP bis zum Sommer 2022 selbst betreiben muss. Das war der Wunsch von Metro-Chef Olaf Koch, als er im vergangenen Jahr seine Unterschrift unter den Verkaufsvertrag setzte.
Aus SCP-Kreisen ist zu hören, dass Real als Unternehmen dann abgewickelt und für die verbliebenen Filialen ein neuerlicher Verkaufsprozess eingeleitet werde. 50 Märkte allein zu betreiben, sei wirtschaftlich nicht darstellbar, heißt es. Lesen Sie hier: Kelloggs & Co.: Warum Rewe Produkte aus dem Sortiment wirft
Zu Details will sich SCP nicht äußern. Ein Sprecher erklärt nur so viel: „SCP sucht stets den Dialog mit Arbeitnehmervertretern, der Real-Geschäftsführung und lokalen Verantwortlichen, um die beste Lösung zu finden. Zudem haben wir klare Prozesse und Verantwortlichkeiten für den Verkauf der Märkte etabliert.“
Die Rechnung scheint aufzugehen. Eine Hängepartie wie beim Verkauf der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann Ende 2016 an Edeka und Rewe bleibt Real offenbar erspart. Der Streit dauerte mehr als zwei Jahre und konnte letztlich nur mit einer Ministererlaubnis des damaligen Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD) durchgesetzt werden.