Hamburg. Auch Laien können sich jetzt künftig aufs Virus testen. Firma Lissner Qi aus Hamburg zählt zu den ersten Lieferanten der Prüfkits.
Eine gewisse Hektik kann Philipp Lissner in diesen Tagen nicht verhehlen. Beim Interview mit dem Abendblatt, nach seinem Arbeitstag abends gegen 18 Uhr, entschuldigt er sich höflich und isst nebenbei. Dazu sei er noch gar nicht gekommen, sagt der Unternehmer, während nebenan seine kleine Tochter zu hören ist. Der Hamburger steht nicht ohne Grund unter Zeitdruck. Millionen von Menschen warten auf ein Produkt, das der studierte Kaufmann auf den Markt bringt: Die Corona-Tests für zu Hause.
Seit einigen Tagen sind diese Produkte für Laien in Deutschland zugelassen. Sie sollen neben Impfungen den Weg zurück in ein möglichst normales Leben ebnen. Die Tests seien in der nächsten Zeit das „zentrale Instrument“, sagte Kanzleramtschef Helge Braun. „Wir werden in Zukunft alle wesentlich häufiger getestet werden“, prophezeit der CDU-Politiker.
Einsatz der Selbsttest auch in Schulen und Kitas geplant
Auch in Schulen und Kitas sollen Selbsttests die Abläufe sicherer machen. Die Firma Lissner Qi aus Hamburg wird dabei eine entscheidende Rolle spielen. Insgesamt 15,5 Millionen Tests kann das Unternehmen mit Sitz am Jungfernstieg liefern – im Monat. „Das Testkit kommt von einer chinesischen Firma“, sagt Lissner. Mit dem Unternehmen, das er an seinem Sitz in der Nähe von Shanghai schon mehrfach besucht hat, pflegt der 39-Jährige schon lange Geschäftsbeziehungen. „Früher haben wir über die Firma unsere Ware in den chinesischen Markt gebracht“, berichtet der Händler über die Produkte zur Immunabwehr, die er in der Volksrepublik verkauft hat. Jetzt läuft der Warenverkehr in die andere Richtung.
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Lissner ist ein Profi in Sachen Markteinführung und Zertifizierungen, die gerade dann nötig sind, wenn medizinische Güter in den Verkehr gebracht werden. „Da sind die Chinesen teilweise strenger als wir“, sagt Lissner über die Asiaten, die in seinem Unternehmen eine tragende Rolle spielen: Die Mitinhaberin von Lissner Qi ist Chinesin, Xin Qi hat in Deutschland studiert und arbeitet bereits seit Jahren mit Lissner in der gemeinsamen Firma für Produkte und Dienstleistungen für Pharmazie, Agrarwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie.
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„Wenn die Ware schnell durch den Zoll geht, können die ersten Lieferungen nächste Woche in Hamburg sein“, sagt Lissner über die Pakete, die per Flugzeug aus China kommen. In der Hansestadt wird die Ware dringend benötigt. Denn die neuen Laien-Tests sollen die für den 15. März vorgesehene Öffnung der Schulen sicherer machen. „Wir haben zwei Millionen Selbsttests geordert, von denen die ersten 200.000 in der kommenden Woche eintreffen werden“, sagt Martin Helfrich von der Gesundheitsbehörde. Angewendet werden sollen sie dann etwa von Lehrern und Erziehern. Auch für Lissners Tochter soll es dann wieder losgehen, ihre Kita habe bereits Tests bestellt, sagt der stolze Vater.
Lissner Qi aus Hamburg ist eine von vier Firmen mit Sonderzulassung
Die Laientests, die in Österreich schon üblich sind, wurden in Deutschland lange erwartet. Zuletzt wurde der Prozess auch hier über eine Sonderzulassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beschleunigt. Eine europaweite Prüfung mit der CE-Kennzeichnung, wie sie für solche Produkte normalerweise vorgeschrieben ist, wird so abgekürzt.
Lissner Qi ist jetzt eine von vier Firmen, denen das BfArM die ersten Sonderzulassungen für die Selbsttests erteilt hat. Neben den Hamburgern gehören bisher eine Firma, hinter der als Vertriebspartner der Pharmakonzern Roche steht, ein österreichisches Unternehmen und Siemens zu den Antragstellern, welche die Zulassung für verschiedene chinesische Produkte und einen Test aus den USA bekommen haben. Die Firmen haben sich unter Dutzenden Bewerbern durchgesetzt: Bisher sind beim BfArM für die Laientests immerhin rund 50 Anträge auf Sonderzulassung gestellt worden. Übrigens steht auch die Hamburger Firma Medsan in den Startlöchern, wenn es um Tests für daheim geht. Hier fehlt jedoch noch die Zulassung.
Voraussetzung für die jetzt erlaubten Produkte war vor allem, dass sie auch Menschen ohne Fachkenntnisse korrekt anwenden können. Dabei spielt die Gebrauchsanweisung eine große Rolle. Denn oft basiert die Ware auf jenen Tests, die bereits als Schnelltests im Markt waren, aber bisher von medizinischem Fachpersonal angewendet wurden. Dies ist auch bei Lissner Qi mit seinem Produkt LYHER Covid-19 Antigen Schnelltest (Nasal) der Fall.
Einen gleichnamigen Test bietet die Pinneberger Firma Viromed bereits in ihrem Onlineshop an. Eine Packung mit 25 Stück kostet demnach 247 Euro, Lieferzeit: fünf bis sieben Tage.
So funktionieren die Selbsttests für zu Hause
Die Tests funktionieren allesamt ähnlich. Ein Tupfer wird im unteren Bereich der Nasenlöcher gedreht. Anschließend steckt man ihn in ein Plastikröhrchen, in das man vor dem Abstrich schon eine Lösung hineingeträufelt hat. Eine Minute einwirken lassen, die Stoffspitze ausdrücken und schließlich vier Tröpfchen aus dem Röhrchen auf die Testkassette träufeln. Nun heißt es warten, eine Viertelstunde lang. Am Ende sind auf der Testkassette ein oder mehrere Striche zu sehen. Das heißt dann entweder negativ. Oder bei zwei Strichen positiv.
Für die Verbraucher sind die Tests auch im stationären Handel schon bald erhältlich: Der Drogeriemarkt dm teilte mit, dass die Schnelltests in wenigen Tagen verfügbar seien, frühestens ab dem 9. März, „sofern die Lieferzusagen des Herstellers eingehalten werden können“, sagt dm-Geschäftsführer Sebastian Bayer.
„Wir gehen davon aus, dass Budni auch von der nächsten Woche an Selbsttests verkauft. Bestellt sind sie“, sagt Budnikowsky-Geschäftsführer Christoph Wöhlke. Auch Apotheken und Supermärkte dürften bald nachziehen.
Wie viel die Tests kosten werden, ist noch unklar
Wie viel die Tests für den Verbraucher kosten werden, ist noch unklar. „Es wird wohl auf einen Betrag von unter zehn Euro hinauslaufen“, schätzt Lissner. Er freut sich, dass er in der Pandemie helfen kann. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zuletzt offen gelassen, ob die Tests bezuschusst werden. Ursprünglich hatte Spahn erwogen, die Selbsttests mit einer Eigenbeteiligung von einem Euro abzugeben.
Die Zuverlässigkeit der Prüf-Kits wurde vom Paul-Ehrlich-Institut analysiert und für gut befunden. Dennoch ist Vorsicht geboten. Das Robert-Koch-Institut warnt, ein negatives Ergebnis sei nur eine Momentaufnahme und schließe eine Infektion nicht aus. Bei einem positiven Ergebnis solle man sich sofort isolieren und das Gesundheitsamt oder seinen Hausarzt kontaktieren, um das Testergebnis mit einem PCR-Test, der weiter als „Goldstandard“ gilt, zu bestätigen. Für Lissner ist die Pandemie eine Zeit der vielen Arbeit, die sich aber lohne, wenn schon bald Lockerungen in Sicht seien. „Eine Urlaubsreise würde ich dann gerne mal wieder machen“, sagt er. Und er könnte wieder nach China reisen. Zu den Geschäftspartnern, zu Freunden und Familie. Seine Gattin ist Chinesin.