Hamburg. In Deutschland bangen zwei Drittel der Cityhändler um ihre Existenz. Otto Group setzt in Innenstädten auf strukturelle Veränderungen.

Die Otto Group setzt in den Innenstädten auf strukturelle Veränderungen - auch in Hamburg. „Innenstädte werden keine Orte bleiben können, wo man vor allem einkaufen kann“, sagte Marcus Ackermann, Multichannel-Distanzhandel-Vorstand von Deutschlands zweitgrößtem Online-Händler. Nötig seien neue Ansätze in der Stadtplanung, um zum Beispiel mehr Wohnraum, Kinos, mehr Kulturangebote und mehr Restaurants anzusiedeln. Aufsichtsratschef Michael Otto habe zuletzt von einer italienischen Piazza gesprochen. „Ich glaube, das ist ein schönes Bild, weil es eigentlich das ist, was wir alle toll finden. Da trifft man Menschen, redet, trinkt Cappuccino“, so Ackermann.

„Warenhäuser werden es immer schwerer haben, es wird auch mehr Druck auf kleinere Unternehmen geben“, so die Einschätzung des Managers. Für die Zukunft von Städten sei das bedauerlich, „weil das, was wir uns alle wünschen, eben interessante, spannende Innenstädte sind, wo man etwas erleben kann, und es eben nicht überall gleich aussieht“. Doch die Stärke von Warenhäusern, an einem Ort ein großes Sortiment anzubieten, könnten Onlinehändler genauso. „Ich käme schon lange nicht mehr auf die Idee, in die Stadt zu fahren, um mir beispielsweise einen Kochlöffel zu kaufen.“

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„An jedem Tag des Lockdowns steigt die Zahl der Geschäfte, die akut existenzbedroht sind“

Das erledige er in maximal 30 Sekunden über das Handy. Für die Geschäfte in den Innenstädten komme es darauf an, den Kunden nicht nur Ware, sondern auch Unterhaltung zu bieten. Der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof hatte Mitte Oktober an der Hamburger Mönckebergstraße gleich zwei Kaufhäuser geschlossen. Nach wie vor unklar ist, wie die nun leerstehenden riesigen Verkaufsflächen genutzt werden sollen. Hinzu kommt, dass der Handelsverband Deutschland (HDE) wegen der Corona-Pandemie mit weiteren Geschäftsschließungen rechnet.

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Nach einer aktuellen Trendumfrage unter mehr als 700 Händlern sehen sich angesichts des aktuellen Lockdowns knapp zwei Drittel der Innenstadthändler in Existenzgefahr. Drei Viertel der Händler geben an, dass die staatlichen Hilfen nicht ausreichen, um eine Insolvenz abzuwenden. „Für viele Händler ist es schon kurz nach zwölf. Allein in der vergangenen Woche verlor der vom Lockdown betroffene Einzelhandel fünf Milliarden Euro Umsatz. Im gesamten Jahr 2020 waren es 36 Milliarden Euro“, sagte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth und forderte angesichts der möglichen Verlängerung der Schließungen weitere Unterstützung.

„An jedem Tag des Lockdowns steigt die Zahl der Geschäfte, die akut existenzbedroht sind“, sagte auch die Hamburger Geschäftsführerin des Handelsverbands Nord, Brigitte Nolte. Sie schätzt, dass schon während des Lockdown Light bis Mitte Dezember mehr als ein Drittel der etwa 1000 Betriebe in der City betroffen. In der Hansestadt gehen durch die Schließungen jeden Tag 27 Millionen Euro Umsatz verloren. Täglich bekomme sie Anrufe von verzweifelten Geschäftsleuten. „Der Druck ist groß. Wir merken die Not bei den Unternehmen.