Hamburg. Industrie, Banken und Versicherungen, Krankenhäuser – was die Betriebe in der Corona-Pandemie besonders bewegt.

Es ist eine Prognose, die Anlass zu mindestens verhaltenem Optimismus gibt. „Die Industrie ist das Zugpferd aus der Konjunkturkrise“, sagte Michael Hüther, der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), am Montag. Zugleich schränkte der Wirtschaftsforscher ein: „Voraussetzung ist aber, dass die Grenzen offen bleiben, Lieferketten nicht reißen und Kinder in Kitas und Schulen gehen können, damit Beschäftigte weiter arbeiten können.“

Ein bisschen Zuversicht in der Industrie

Laut einer aktuellen Umfrage des Instituts rechnen knapp die Hälfte der mehr als 40 Industriebranchen in Deutschland damit, dass im kommenden Jahr die Produktion höher sein wird als im Corona-Jahr 2020. Unter anderem der Maschinenbau, die Elektro- und die Chemieindustrie sind zuversichtlich, dass sie das Krisenjahr hinter sich lassen werden.

Was allerdings lediglich bedeutet, dass es besser laufen wird als in den vergangenen zwölf Monaten. Das Niveau von vor der Krise werde in vielen Branchen jedoch noch nicht wieder erreicht, so das IW. Und mehr als die Hälfte der Industriezweige geht laut Umfrage davon aus, dass die Zahl der Beschäftigten in den Betrieben sinken wird. IW-Direktor Hüther sagt trotzdem: „Ich sehe keinen Grund zu tiefem Pessimismus. Auch nach der weltweiten Finanzkrise 2008/2009 hat sich die deutsche Wirtschaft erholt.“

Was die Zahl der Beschäftigten angeht, starten auch die großen Hamburger Industriebetriebe abseits der Luftfahrtbranche mit sehr unterschiedlichen Erwartungen ins Jahr 2021. So haben klassische Maschinenbauer wie Körber oder Still bereits Arbeitsplätze abgebaut und wollen diesen Weg 2021 weiter gehen. Auch Jungheinrich hat am Ende dieses Jahres weniger Beschäftigte als zuvor, will nun aber Personal aufbauen. Der Gabelstapler- und Intralogistik-Konzern registrierte zuletzt eine steigende Nachfrage nach seinen Erzeugnissen.

Exklusive Liste: Die Top 200 der Hamburger Unternehmen

Die Medizintechnikbranche gilt als einer der Gewinner der Pandemie. So hat der Laborgerätehersteller Eppendorf AG den Personalbestand deutlich aufgestockt und plant, mehr als 100 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Philips und Olympus kündigen an, die Zahl der Beschäftigten am Standort Hamburg werde gleich bleiben.

Die großen Metallhütten hingegen wollen überwiegend Beschäftigung abbauen. Im Stahlwerk von ArcelorMittal brach die Nachfrage zeitweise deutlich ein. Der Kupferkonzern Aurubis war von der Corona-Krise zwar nur wenig betroffen, hat aber ein Sparprogramm aufgelegt, das in den nächsten Jahren am Standort Hamburg mehr als 200 Arbeitsplätze kosten wird. Das Hydro-Aluminiumwerk hingegen will die Zahl der seiner Beschäftigten halten.

Spieleentwickler: eine Branche wächst dank Corona

Etwa 200 Firmen in Hamburg entwickeln Spiele für Smartphones oder Konsolen. Tausende Programmierer und Designer arbeiten in der Hansestadt in der Branche. Sie erschaffen bei Unternehmen wie Innogames oder Goodgames virtuelle Abenteuer, die die Menschen in Parallelwelten eintauchen lassen und die Langeweile während der Corona-Pandemie vertreiben.

Das Virus beflügelt die Spiele-Entwickler. Denn längst begeistern sich viele Deutsche - Alt wie Jung, Frauen wie Männer - für Autorennen, Strategiehits wie „Forge of Empires“ und Sport am Rechner. Gleich zwei Hamburger Unternehmen entwickeln Neuheiten für die sehr stark nachgefragten Konsolen Playstation 5 und XBOX Series X: Daedalic Entertainment mit Sitz an der Papenreye kreiert das Fantasy-Abenteuer „Der Herr der Ringe: Gollum“, Deep Silver Fishlabs arbeitet an „Chorus“ für diese Plattformen.

Die Firmen suchen derzeit nach neuen Mitarbeitern. So will etwa Innogames die Zahl der Beschäftigten von gut 400 im nächsten Jahr weiter erhöhen. Seit der Gründung 2003 sei das Wachstum sehr nachhaltig, sagt Chef Hendrik Klindworth: „In diesem Jahr sind die Zuwächse aber besonders hoch.“

Versicherungen und Banken streichen Hunderte Jobs

Wie schon in den vergangenen Jahren leisten die Banken und die privaten Versicherer tendenziell weiterhin keinen positiven Beitrag zum Arbeitsmarkt in Hamburg. Unter dem Strich sind in diesem Wirtschaftszweig seit Januar nach den Angaben der in der Tabelle erfassten Unternehmen mehr als 500 Stellen weggefallen. Es gibt auch wenig Anlass, auf eine Tendenzwende im neuen Jahr zu hoffen: Nur fünf der 18 Arbeitgeber dieser Branche geben an, zusätzliche Jobs schaffen zu wollen.

Bei der Haspa ist der bereits im Dezember 2018 angekündigte Personalabbau nun in vollem Gang, aber auch bei der Commerzbank und bei der Hamburg Commercial Bank (HCOB) geht es deutlich weiter abwärts. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den meisten Versicherern in der Hansestadt.

Doch es gibt Ausnahmen: Die Signal-Iduna mit Doppelsitz in Dortmund und Hamburg baut die Belegschaft hier aus und auch der Wettbewerber HanseMerkur, das einzige bedeutende Versicherungsunternehmen mit Hauptsitz in Hamburg, schafft stetig neue Arbeitsplätze. Ansonsten sind es vor allem Spezialinstitute wie der Autofinanzierer Bank Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe, der Kfz-Versicherer Kravag und der Immobilienkreditspezialist DZ Hyp, die entgegen der Branchentendenz die Mitarbeiterzahl steigern.

Krankenhäuser und Pflegeheime stark gefordert

Es war ein aufregendes und arbeitsreiches Jahr für Hamburgs Gesundheitsbranche. Die Pandemie stellte Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen vor enorme Herausforderungen. Gerade im Frühjahr und seit dem Spätherbst haben die Kliniken in der Stadt mit Corona-Infizierten alle Hände voll zu tun. Die Kapazitäten in den Notaufnahmen mussten ständig so angepasst werden, dass neue Covid-19-Patienten aufgenommen werden konnten. Um dies zu gewährleisten wurden sogar nicht notwendige Operationen verschoben.

In den Pflegeeinrichtungen mussten die Betreiber vor allem sicherstellen, dass das Virus nicht in das jeweilige Pflegeheim gelangt. Besonders im Frühjahr galten harte Besuchsregeln, damit sich die älteren Bewohner, die zu den Hochrisikogruppen gehören, nicht anstecken.

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Die Belastungen für Ärzte, Pflegepersonal, Patienten, Heimbewohner und Verwandte waren immens. Gewerkschafter wiesen in der Pandemie immer wieder darauf hin, dass Corona zeige, wie sehr Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen personell an der Kapazitätsgrenze arbeiteten. In Hamburg zählen die Klinikbetreiber weiterhin zu den größten Arbeitgebern.

So rangiert Asklepios mit 15.000 Beschäftigten auf dem ersten Rang, auf Platz drei findet sich das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) mit 13.560 Arbeitnehmern. Aber auch viele andere Gesundheits- und Pflegeunternehmen rangieren unter den Top-40.

Schaut man auf die Job-Prognosen der Unternehmen aus diesem Bereich, so zeigt sich, dass nahezu alle Kliniken und Pflegeeinrichtungen auch im kommenden Jahr ihr Personal aufstocken oder zumindest konstant halten wollen