Hamburg. Arbeitnehmer protestieren gegen Sparpläne der großen Terminalbetriebe. Mit Corona hat das allerdings nichts zu tun.

Als im Frühjahr infolge der sich ausbreitenden Corona-Pandemie der Welthandel ins Stocken geriet waren die Befürchtungen im Hamburger Hafen groß. Vor allem nach dem Shutdown in China und dann in immer weiteren Teilen der Welt brachen Lieferketten kurzfristig zusammen, Produktionen in Fabriken wurden stillgelegt. Schlagartig reduzierten sich die Warenlieferungen in den Häfen, Schiffe stellten den Betrieb ein.

Einen Umschlagrückgang von bis zu 50 Prozent befürchtete der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) für die besonders betroffenen Monate April und Mai. Und die Umschlagbetriebe im Hafen stellten sich auf schlimme Zeiten ein. Sie schlossen mit der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di eine Vereinbarung zur Kurzarbeiterregelung ab.

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Ganz so hart kam es dann doch nicht. Verzeichnete Hamburgs Hafen von Januar bis Juni 2020 noch ein Umschlagminus von zwölf Prozent, lag dieses im August nur noch bei 7,2 Prozent. Chinas Wirtschaft erholte sich von dem Corona-Schock rasch und auch der US-Handel war weniger stark betroffen als befürchtet. Hinzu kam eine steigende Konsumfreude in Deutschland. So wuchs auch im Hafen wieder der Optimismus „Wir gehen nun von einem Umschlagsrückgang zwischen drei und vier Prozent aufs Gesamtjahr 2020 aus“, sagte der UVHH-Präsident, Gunther Bonz, Ende Oktober.

Dennoch hatte es für die Hafenarbeiter zwischenzeitlich schwere Monate gegeben. Auch der zweitgrößte Umschlagbetrieb Eurogate musste für einen Teil seiner 966 in Hamburg Beschäftigten in den zwei Frühjahrsmonaten Kurzarbeit anmelden. „Am Eurogate Container Terminal Hamburg hat es nur über einen kurzen Zeitraum Kurzarbeit gegeben. Nachdem sich die Auftragslage im Sommer 2020 wieder stabilisiert hat, konnte der Terminal die Kurzarbeit beenden“, sagt ein Unternehmenssprecher. Auch beim Gesamthafenbetrieb (GHB) mit seinen rund 1000 Beschäftigten brach das Arbeitsaufkommen zwischenzeitig ein.

HHLA ist bisher ohne Kurzarbeit durch die Krise gekommen

„Es gab Tage, an denen hatten bis zu 600 Beschäftigte nichts zu tun“, sagt Felix Pospiech, Betriebsratsvorsitzender des GHB. Noch heute befände sich ein Großteil der Belegschaft in Kurzarbeit. Zuletzt habe sich die Lage aber stark verbessert. „Es gibt auch wieder Tage, an denen 300 Arbeitskräfte fehlen.“

Der GHB ist der Personaldienstleister des Hafens. Er bildet einen Pool gut ausgebildeter Hafenarbeiter, aus dem die Umschlagbetriebe kurzfristig zusätzliche Kräfte anfordern, um die Spitzen in ihrem Umschlag abzudecken. Darüber hinaus vermittelt der GHB auch tageweise Aushilfskräfte an die Betriebe der Hafenwirtschaft. Gibt es wenig Arbeit, werden die GHB-Beschäftigten wieder zurückgeschickt. Er merkt also als erster, wenn es schlecht läuft. Lediglich der größte Hamburger Hafenkonzern, die HHLA ist bisher ohne Kurzarbeit durch die Krise gekommen. Und so bezeichnen viele Arbeitnehmervertreter das Jahr 2020 für die Arbeitsplätze im Hafen im Rückblick als „schwer aber nicht katastrophal“.

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HHLA und Eurogate wollen 2021 mit Sparprogrammen beginnen

Große Sorgen bereitet ihnen aber 2021. Beide großen Terminalbetreiber HHLA und Eurogate wollen im kommenden Jahr nämlich mit Sparprogrammen beginnen, mit denen sie ihre Ausgaben in zweistelliger Millionenhöhe absenken wollen. Eurogate will in Hamburg bis 2024 insgesamt 38 Millionen Euro einsparen Die HHLA will bis 2025 allein am Containerterminal Burchardkai (CTB) die Kosten strukturell um 50 Millionen Euro jährlich reduzieren. In erster Linie geht es darum, die Terminalabläufe sowie den Hafenumschlag effizienter zu gestalten und zu automatisieren.

Zwar hat die HHLA in ihrer Arbeitsplatzprognose angegeben, dass sie 2021 etwa gleich viele Beschäftigte haben wird wie in diesem Jahr. Gewerkschaft und Betriebsräte rechnen aber mittelfristig mit einem größeren Arbeitsplatzabbau: „Die Einsparungen sollen ausschließlich beim Personal erfolgen. Das Gesamtarbeitsvolumen am CTB soll dadurch bis zum Jahr 2025 auf fast die Hälfte fallen“, sagt der Konzernbetriebsratschef der HHLA, Norbert Paulsen. Damit wollen sich die Hafenarbeiter nicht abfinden.

Demonstration wegen des neuen Lockdowns abgesagt

Eigentlich war für den 19. Dezember eine große Demonstration gegen die Sparpläne der Terminalbetriebe vorgesehen, diese musste infolge des zweiten Lockdowns kurzfristig abgesagt werden. Der Protestzug soll nach der Aufhebung der Beschränkungen nachgeholt werden. Insgesamt befürchten die Arbeitnehmervertreter den Wegfall von mindestens 500 Jobs im Hafen. Eurogate hat mit der Restrukturierung bereits begonnen und schließt betriebsbedingte Kündigungen nicht aus.

Noch ein zweiter Punkt bereitet den Hafenarbeitern Sorge: HHLA und Eurogate verhandeln derzeit über einen Zusammenschluss ihrer deutschen Containerterminals. Dann könnten sie ihre Arbeitskräfte in einen gemeinsamen Pool zusammenführen. Der GHB würde damit überflüssig. „Wir sehen die Arbeitskraftreserve des Hamburger Hafens akut bedroht“, sagt Stephan Gastmeier, Gewerkschaftssekretär bei Ver.di.

Selbst wenn die deutsche Wirtschaft also die Folgen der Corona-Krise 2021 in den Griff bekommt, kehrt im Hamburger Hafen wohl keine Ruhe ein.

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