Hamburg. Der Österreicher kauft das Gebäude der früheren HSH Nordbank, die 2025 in den Elbtower ziehen soll. Doch der Zeitplan erscheint gewagt.

Mit leer stehenden Dachböden in bester Innenstadtlage Wiens hat alles begonnen. Der Innsbrucker Immobilienkaufmann René Benko verwandelte sie in hochpreisige Wohnflächen. Heute, gut 20 Jahre später, gehört die von dem Österreicher gegründete Signa-Gruppe mit einem Immobilienvermögen von rund 20 Milliarden Euro und einem Projektentwicklungsvermögen von weiteren gut zwölf Milliarden Euro zu den bedeutendsten Investoren der Branche in Europa.

„Offenbar habe ich auch ein glückliches Händchen für Trends und richtige Zeitpunkte“, sagt Benko über sich. Hoch hinaus über die Dächer will er gerade auch in Hamburg: Signa plant hier den Elbtower, der mit 245 Metern das höchste Gebäude Hamburgs werden soll. Seit einigen Jahren zeigt Benko ohnehin auffällig viel Interesse an der Hansestadt. Inzwischen gehören ihm hier unter anderem das Alsterhaus, das Kaufmannshaus zwischen den Großen Bleichen und dem Bleichenfleet, die Alsterarkaden, die Gänsemarkt-Passage und das Karstadt-Haus an der Mönckebergstraße.

Benkos Firma Signa übernimmt auch die Einkaufspassage „Perle“

In unmittelbarer Nähe des Karstadt-Standorts hat Signa jetzt eine weitere Immobilie in Hamburger Toplage erworben: Die Hamburg Commercial Bank (HCOB, früher: HSH Nordbank) hat ihren Hauptsitz an die Österreicher verkauft. Wie die Bank mitteilt, umfasst die Transaktion neben dem achtgeschossigen Bankgebäude mit 30.000 Quadratmetern Bürofläche am Gerhart-Hauptmann-Platz auch die Einkaufspassage „Perle Hamburg“ mit rund 6000 Qua­dratmetern. Über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden. Wie von Hamburger Immobilienfachleuten zu hören ist, dürfte es sich um einen Betrag von etwa 230 Millionen bis 250 Millionen Euro handeln.

Der Haupteingang der Hamburg Commercial Bank (HCOB) am Gerhart-Hauptmann-Platz in Hamburg
Der Haupteingang der Hamburg Commercial Bank (HCOB) am Gerhart-Hauptmann-Platz in Hamburg © HCOB | Thies Raetzke

Auf einen Büroumzug müssen sich die HCOB-Mitarbeiter aber noch nicht so bald einstellen. Denn für eine Übergangszeit von etwa vier Jahren mietet die Bank das Gebäude von Signa zurück. Anschließend, voraussichtlich im Jahr 2025, will die HCOB ihren neuen Hauptsitz im Elbtower im Osten der HafenCity einrichten.

„Mit dieser Vereinbarung macht die Hamburg Commercial Bank einen weiteren wichtigen Schritt in die Zukunft“, sagt dazu HCOB-Chef Stefan Ermisch. Für die Bank seien der „erfolgreiche Verkauf“ des bisherigen Hauptgebäudes und die weitere Nutzungsmöglichkeit der Räume bis zum Umzug in den Elbtower eine „ideale Lösung“.

Die kräftig schrumpfende HCOB braucht nicht mehr so viel Platz

Schon seit Längerem war bekannt, dass die HCOB einen neuen Standort in Hamburg sucht. Die bisherige Immobilie, die 1972 noch im Auftrag des Vorgängerinstituts Hamburgische Landesbank gebaut wurde, ist angesichts der zahlreichen Sparprogramme viel zu groß geworden. So hatte die HCOB zum Jahresende 2019 in Hamburg noch gut 800 Vollzeitstellen, Ende kommenden Jahres sollen es nur noch 550 sein. Zum Vergleich: Im Jahr 2007 beschäftigte die damalige HSH in Hamburg gut 1900 Personen.

Bereits Anfang 2020 hatte man vor diesem Hintergrund Gebäude an der Ferdinandstraße und an der Rosenstraße mit rund 13.000 Qua­dratmetern Nutzfläche veräußert – und im Elbtower sollen gerade noch rund 11.000 Quadratmeter mit der Option auf weitere 2000 Quadratmeter angemietet werden. Wie es von der HCOB außerdem heißt, ist die fast 50 Jahre alte Immobilie am Gerhart-Hauptmann-Platz „technisch nicht zeitgemäß ausgestattet“. So erfülle sie mit ihrer Vollklimatisierung unter anderem die heutigen Anforderungen an ein nachhaltiges Energiemanagement nicht. „Bis zur Fertigstellung des Elbtowers wird an dem HCOB-Gebäude nichts geändert, auch die ,Perle‘ bleibt“, heißt es von Signa. „Danach wollen wir moderne, attraktive Flächen in einem gemischt genutzten Gebäude anbieten.“

Gerät der Zeitplan für den Bau des Elbtowers ins Wackeln?

Allerdings waren zuletzt Zweifel aufgekommen, ob sich der Zeitplan für den Elbtower-Bau halten lässt. In der Hamburger Politik hatte man das Projekt gar infrage gestellt. Denn laut einem Beschluss der Bürgerschaft soll es eine Baugenehmigung nur geben, wenn Signa eine Vorvermietungsquote von 30 Prozent für die Büroflächen nachweisen kann. Das fiel den Österreichern wegen des Corona-bedingten Nachfrageeinbruchs offenbar schwer, sie wollten stattdessen eine Bankbürgschaft für die Finanzierung präsentieren. Zudem fand sich bisher kein Betreiber für das in dem Wolkenkratzer vorgesehene Hotel der Vier- oder Vier-Sterne-Plus-Kategorie.

Sollte sich Benko diesmal also – entgegen seiner Selbsteinschätzung – vielleicht verspekuliert haben? Der Österreicher ist zwar überzeugt, dass Innenstädte trotz des zunehmenden Onlinehandels eine „goldene Zukunft“ haben werden. Doch schon die Sanierung des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof, der seit Mitte 2019 vollständig zu Signa gehört, wird deutlich teurer, als man wohl erwartet hatte.

Der Bauantrag für den Wolkenkratzer soll noch vor Weihnachten kommen

Zumindest für den geplanten Wolkenkratzer an den Elbbrücken erwartet Signa trotz des politischen Wirbels um das Projekt aber keine nennenswerten Probleme: „Der Bauantrag für den Elbtower wird vor Weihnachten eingereicht, und wir rechnen weiterhin mit einer Fertigstellung im Jahr 2025.“ Nach Einschätzung von Richard Winter, dem Leiter der Hamburger Niederlassung der Immobilienberatung Jones­ Lang LaSalle (JLL), wird die jetzt bekannt gewordene Vereinbarung zwischen Signa und der HCOB hilfreich für die weitere Vermarktung sein: „Für den Elbtower ist ein Mieter wie die HCOB ein Glücksfall.“ Winter ist überzeugt: Der Elbtower wird „ein Begriff über die Landesgrenzen hinaus werden – so wie die Elbphilharmonie“.

Der JLL-Manager glaubt zudem, dass der Bedarf an modernen Büroflächen steigen wird – obwohl absehbar auch nach Ende der Pandemie mehr Beschäftigte im Homeoffice arbeiten werden: „Wir werden in den nächsten zehn Jahren eine fulminante Weiterentwicklung Hamburgs sehen.“ Sollte es tatsächlich so kommen, dann hätte Benko mit seinen Hamburger Investments eben doch ein „glückliches Händchen“ bewiesen.