Hamburg. Umsatzausfall im dreistelligen Millionenbereich – nun drohen Unternehmensinsolvenzen. Auch norddeutsche Standorte sind betroffen.
Für ein Telefongespräch über die Situation des Feuerwerksherstellers Weco hat der geschäftsführende Gesellschafter Thomas Schreiber derzeit keine Zeit. „Sicher ist nachvollziehbar, dass wir uns nun mit allen verfügbaren Kapazitäten dem Fortbestehen unseres Unternehmens widmen müssen“, teilt er nur schriftlich mit. „Unsere Verantwortung für unsere 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht für uns im Fokus.“
Nach dem am Wochenende von Bund und Ländern beschlossenen Verkaufsverbot von Silvesterfeuerwerk ist die gesamte Branche im Panikmodus. Denn anders als der Einzelhandel haben die Anbieter von Böllern und Raketen – in Norddeutschland gehört das Bremerhavener Unternehmen Comet mit bis zu 200 Beschäftigten dazu – kaum die Möglichkeit, die jetzt wegfallenden Erlöse nach dem Ende des Lockdowns nachzuholen. „Comet macht fast 100 Prozent seines Jahresumsatzes mit dem Silvestergeschäft“, sagt Firmenchef Richard Eickel.
Rund 3000 Beschäftigte hat die Branche in Deutschland
Weco-Chef Schreiber, der auch Vorstandsvorsitzender des Verbands der pyrotechnischen Industrie (VPI) ist, macht sich keine Illusionen darüber, welche Folgen das Verkaufsverbot haben kann: „Ohne sofortige Entschädigung für den Umsatzausfall droht nun die Insolvenz unseres Unternehmens sowie des gesamten Wirtschaftszweigs.“ Die Umsatzeinbußen lägen für die Branche im dreistelligen Millionenbereich. Im VPI sind 21 Firmen mit zusammen etwa 3000 Beschäftigten organisiert.
Als Branchenführer mit einem Marktanteil von mehr als 65 Prozent sieht sich Weco mit Sitz in Eitorf/Sieg (Nordrhein-Westfalen). Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben das einzige, das noch Feuerwerkskörper in Deutschland selbst fertigt – das Werk steht in Kiel. Außerdem unterhält Weco ein Importbüro im Hamburger Hafen. Die Firma beliefert 20.000 Verkaufsstellen im deutschen Handel mit Silvesterfeuerwerk. Ein Großteil der Ware sei bereits ausgeliefert, so Schreiber.
Anbieter müssen Ware auf eigene Kosten von den Händlern zurückholen
Doch damit hat nun keineswegs der Handel das Problem. „Da es sich um ein Kommissionsgeschäft handelt, liegt das Risiko vollständig bei der Industrie“, erklärt Schreiber: „Das heißt, wir müssen die Ware auf eigene Kosten zurückholen“. Das stelle das Unternehmen vor die nächsten Herausforderungen. Denn die Kundenaufträge würden von deutschlandweit rund 30 Lagerstandorten ausgeliefert, die nun ebenfalls ein komplettes Jahr finanziert werden müssten.
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Ähnlich ist die Situation bei Comet in Bremerhaven. Nachdem von der Ministerpräsidentenkonferenz Ende November zunächst kein generelles Feuerwerksverbot verhängt wurde, habe Comet mit den Hauptauslieferungen begonnen, so Eickel. „Darauf arbeitet unser Unternehmen das ganze Jahr hin.“ Weil man aber nahezu den kompletten Jahresumsatz innerhalb der drei zulässigen Verkaufstage vor Silvester erwirtschafte, habe Comet nach Einschätzung der eigenen Juristen keine Möglichkeit, auf die üblichen Corona-Überbrückungshilfen zuzugreifen. „Die Politik weiß das auch, und nicht erst seit heute“, sagt Eickel. Zahlreiche Kontaktversuche und „Hilferufe“ aus der Branche seien aber unbeantwortet geblieben.
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