Hamburg. Der Hamburger Kupferkonzern will einen Großteil des Batteriemetalls zurückgewinnen. Trotz Corona stieg der Gewinn.

Eine ganze Reihe großer Industriebetriebe in der Hansestadt treiben derzeit ihre Pläne zum Einsatz von Wasserstoff in der Produktion voran. So soll im Hamburger Stammwerk des Kupferkonzerns Aurubis im Januar ein Großversuch starten, bei dem bisher in der Produktion des Edelmetalls eingesetztes Erdgas durch Wasserstoff ersetzt wird.

„Wir werden das im Hamburger Werk im industriellen Maßstab testen“, sagte Aurubis-Vorstandschef Roland Harings dem Abendblatt am Rande der Bilanzpressekonferenz zum Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr 2019/20. An mehreren Tagen werde dabei für jeweils mehrere Stunden das Erdgas durch Wasserstoff ersetzt. Der Test solle zeigen, ob im Produktionsalltag ebenso möglich sei, was in Laborversuchen funktioniere. Durch den Einsatz von Wasserstoff könnte der Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) durch die Kupferhütte reduziert werden.

Vorstandschef lobt grünen Umweltsenator

Harings lobte die Pläne von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) zum Aufbau eines Wasserstoff-Leitungsnetzes. Der Senator hatte Anfang der Woche angekündigt, dass in den nächsten Jahren südlich der Elbe ein Leitungsnetz entstehen soll, aus dem insbesondere Industriebetriebe mit sehr hohem Energieverbrauch Wasserstoff beziehen können. Auch Aurubis. „Das ist ein sehr guter Ansatz und ein sehr wichtiges Konzept. Wir hoffen, dass es realisiert wird“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Konzerns, der als zweitgrößter industrieller Energieverbraucher in der Hansestadt gilt.

Harings betonte allerdings, dass er für den Einsatz von Wasserstoff sehr enge Grenzen sieht. „Wasserstoff ist derzeit noch etwa sechsmal teurer als Erdgas. Aus wirtschaftlichen Gründen können wir ihn noch nicht dauerhaft einsetzen, weil Aurubis im weltweiten Wettbewerb steht und zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren muss.“

Vom Trend zur Elektromobilität will der Kupferkonzern künftig stärker als bisher profitieren. „Aurubis setzt etwa 15 Prozent seiner Kupferprodukte in der Autoindustrie ab. Wir erwarten, dass dieser Anteil steigen wird“, so Harings. Die Vorzeichen stehen günstig, denn in batteriebetriebenen Fahrzeugen wird ein sehr viel höherer Anteil von Kupfer und anderer Metalle, die das Unternehmen herstellt, verbaut als in herkömmlichen Autos. „Bei herkömmlichen Modellen sind es etwa 20 bis 25 Kilo, bei einem E-Fahrzeug jedoch bis zu 90 Kilogramm, insbesondere in der Verkabelung.“

Rohstoff Metallschrott

Doch das Unternehmen hat auch bereits die Wiedergewinnung von Metallen aus ausgedienten E-Autos im Blick. „Wir arbeiten an einem Recyclingsystem etwa für die Verwertung ausgedienter Batterien und Kabel. Das Ziel ist, letztlich mindestens 85 bis 90 Prozent der eingesetzten Metalle wieder in den Wertstoffkreislauf zu bringen“, sagte Harings.

Metallschrott ist neben Kupfererzen von jeher eine wichtige Rohstoffquelle für den Konzern. Er hatte Mitte des Jahres das belgisch-spanische Recyclingunternehmen Metallo übernommen. Das E-Auto-Recycling werde aber voraussichtlich erst am Ende der Jahrzehnts eine größere Rolle für das Unternehmen spielen, sagte Harings.

Rentierzüchter protestieren

Er verteidigte die Pläne, im Hamburger Werk künftig auch Kupfererz aus einer umstrittenen Mine in Nordnorwegen zu verarbeiten. Aurubis hatte sich im Sommer für einen Zeitraum von zehn Jahren die gesamte Produktionsmenge der Mine gesichert – eine wichtige Voraussetzung dafür, dass der Erzabbau dort wieder startet. In der Region gibt es Proteste von Rentierzüchtern und Umweltschützern gegen das Projekt. Harings sagte: „Die Mine produziert komplett CO2-frei, das Erz kann innerhalb weniger Tage per Schiff nach Deutschland gebracht werden. Aus unserer Sicht ist das ein sehr wichtiges und nachhaltiges Projekt.“

Die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen auf die Weltwirtschaft gingen im Tagesgeschäft zwar nicht spurlos an Europas größtem Kupferproduzenten vorüber – hatte unter dem Strich aber keine negativen Folgen. Der Vorsteuergewinn (Ebt) stieg gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent – von 192 Millionen (2018/19) auf 221 Millionen Euro. „Wir sind sehr gut durch die Krise gekommen und sind stolz darauf, dass das Ergebnis gesteigert werden konnte“, sagte Harings. Er hatte den Vorstandsvorsitz im Sommer 2019 übernommen. 2019/2020 war das erste volle Geschäftsjahr des Konzerns unter seiner Führung. Die Aktionäre sollen vom höheren Gewinn durch eine höhere Dividende profitieren. Der Vorstand schlägt 1,30 Euro pro Anteilsschein vor – fünf Cent mehr als im Vorjahr.

Am Standort Hamburg werden mehr als 200 Jobs abgebaut

Durch eine effizientere Produktion – aber auch durch einen Personal- und Arbeitsplatzabbau – will der Vorstand den Gewinn bis zum Geschäftsjahr 2022/23 um etwa 100 Millionen Euro steigern. Unternehmensweit sollen binnen zwei Jahren 300 Jobs abgebaut werden, mehr als 200 davon allein in der Konzernverwaltung und im Werk an der Hovestraße auf der Veddel. Die Bedingungen dafür hatten Vorstand und Betriebsrat unlängst ausgehandelt. „Wir setzen dabei vor allem auf die natürliche Fluktuation, sehen aber auch bei älteren Beschäftigten Interesse zum Beispiel an Altersteilzeitregelungen“, sagte Harings.

Für das Anfang Oktober begonnene neue Geschäftsjahr gibt der Vorstand nun eine etwas optimistischere Prognose als vor Jahresfrist. Er erwartet einen Vorsteuergewinn in einem Korridor zwischen 210 Millionen und 270 Millionen Euro. Das kam bei Anlegern nicht gut an, diese hätten offenbar mehr erwartet, sagte ein Börsenhändler. Der Kurs des Aurubis-Papiers fiel zeitweise um mehr als zwei Prozent.