Hamburg. Start-up Blæk entwickelt Luxus-Instantkaffee aus hochwertigen Bohnen. Eine Tasse kostet mehr als einen Euro. Kann das funktionieren?

In Zeiten, in denen die perfekte Zubereitung von Kaffee bisweilen mit geradezu religiösem Eifer zelebrieren und die Espresso-Maschine in der Küche quasi der Normalfall in deutschen Haushalten ist, hat eine Tasse Instantkaffee fast schon etwas Anrüchiges. Dose auf, ein bis zwei Teelöffel des Extrakts in die Tasse, mit heißem Wasser aufgießen – fertig. Der Geschmack, na ja. Hauptsache Koffein.

Das muss nicht so bleiben, haben sich die Hamburger Gründer Luis Herget und Edgar Kirst gesagt. Um die langen Nächte in der Bibliothek während ihres Studiums in Kopenhagen zu überstehen, hatten die beiden unzählige Tassen mit löslichem Kaffee in sich reingeschüttet. „Praktisch, aber es hatte wenig mit Kaffeegenuss zu tun“, sagt Kirst. Das war der Anfang eines Plans.

Start-up-Unternehmer aus Hamburg bringen eigenen Instantkaffee auf den Markt

Jetzt haben die Start-up-Unternehmer ihren eigenen Instantkaffee auf den Markt gebracht. Er heißt Blæk , das ist das dänische Wort für Tinte. „Wir verwenden nur hochwertige Kaffeebohnen“, erklärt Herget die Geschäftsidee. Und anders als bei anderen Herstellern in dem Segment lässt sich das auf der Packung auch genau nachlesen. Für die erste Sorte namens Blæk NØ.01 hat das Duo bei einer Kaffee-Kooperative in Kolumbien Arabica-Bohnen eingekauft.

Auch die Art der Röstung (medium) und die Geschmacksnoten (fruchtig-karamellig) sind angegeben. Damit wollen die bekennenden Kaffee-Junkies in der Liga der Spezialitätenkaffees mitmischen. „Wir sehen einen neuen Trend“, sagt Co-Grüner Kirst. Parallel zu den Instantkaffee-Revoluzzern aus Hamburg sind auch in den USA Start-ups mit diesem Ansatz gestartet. „Unsere Zielgruppe sind Menschen, die guten Kaffee gut finden, aber auch die praktische Zubereitung schätzen. Da ist bislang eine Marktlücke.“

Firmensitz in Hamburg-Ottensen mit Küche für Geschmacksvergleiche

Ihre Mission treiben Kirst und Herget vom Firmensitz in Ottensen voran. Über eine Eisentreppe geht es auf die Empore des Konzeptstores „The Box“. In einer improvisierten Küche stehen Geräte zur Kaffeezubereitung – Porzellanfilter, French-Press-Kanne, Espresso-Maschine und ein normale Kaffeemaschine. Das zeigt den Anspruch bei Geschmacksvergleichen.

An den Wänden hängen Gestaltungsentwürfe für Werbematerialien, immer im puristisch-skandinavischen Blæk-Design. Auf einem langen Tisch haben die 25 und 27 Jahre alten Gründer eine Verkostungsstation aufgebaut. Herget schaltet den Wasserkocher an. „Viele wissen nicht, dass löslicher Kaffee nicht mit kochendem Wasser aufgossen werden muss, weil der Brühprozess ja schon bei der Produktion abgeschlossen worden ist“, sagt der gebürtige Wiener. Einige Minuten später gießt er 80-Grad-heißes Wasser in eine Tasse, in die er vorher ein Portionstütchen Blæk-Pulver geschüttet hat. Sofort zieht ein angenehmer Kaffeeduft durch den Raum.

Deutsche trinken mehr löslichen Kaffee

Kaffee ist das Lieblingsgetränk der Deutschen, mit einem Pro-Kopf-Konsum von 166 Litern im Jahr 2019 liegt der Koffeinspender noch vor Mineralwasser. Der Anteil von Filterkaffee beträgt etwa 60 Prozent. Rund jede zwölfte Tasse Kaffee aber wird mit Instantkaffee zubereitet. „Löslicher Kaffee erfreut sich seit einigen Jahren zunehmender Beliebtheit“, sagt Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbands. „So ist der Absatz von 2009 bis 2019 um 15 Prozent gewachsen.“ Im Corona-Jahr 2020 zeigen die vorläufigen Zahlen einen Anstieg von 1,5 Prozent. Dabei bestimmen wenige große Anbieter den Markt.

Neben der wohl bekanntesten Marke Nescafé des Schweizer Lebensmittelkonzerns Nestlé ist das in Deutschland vor allem die Hamburger Cafea-Gruppe, die mit der Deutschen Extrakt Kaffee (DEK) löslichen Kaffee für Handelsmarken der großen Lebensmittelketten wie Edeka oder Aldi herstellt.

Neues Produktionsverfahren entwickelt

Diesen Massenmarkt wollen die Blæk-Gründer mit ihrer Interpretation von Instantkaffee nun aufmischen. Dafür haben sie sich, kaum hatten sie ihren Abschluss an der Copenhagen Business School in der Tasche, fast zwei Jahre lang mit dem Herstellungsprozessen von gefriergetrocknetem Kaffee beschäftigt. „Erst haben wir versucht, mit großen Produzenten Kontakt aufzunehmen. Aber die haben abgewinkt, weil unsere Mengenvorstellungen viel zu gering waren“, sagt Kirst.

Gemeinsam mit einem Spezialisten für Gefriertrocknungsverfahren haben sie so lange getüftelt, bis sie mit der Qualität zufrieden waren. Ihre Kriterien: hochwertige Kaffeebohnen, eine eher milde Röstung und eine niedrige Extraktionsrate. „Damit bekommen wir ein besseres Aroma und der Kaffee schmeckt nicht bitter“, sagt Herget. Um ihren Idee vom besseren Instantkaffee umzusetzen, haben die beiden Gründer ihre kompletten Rücklagen investiert, Familie und Freunde angepumpt. Inzwischen haben sie eine Firma gefunden, die das Kaffeepulver nach ihrem Verfahren produziert. Seit Juli ist der Blæk-Kaffee auf dem Markt.

Kaffee-Paket mit sechs Portionen für 6,95 Euro

Auch bei der Verpackung gehen die Jung-Unternehmer neue Wege. Ihren Pulverkaffee verkaufen sie nicht im handelsüblichen Schraubglas sondern in einer zigarettenschachtel-großen Pappbox mit jeweils sechs Portionstütchen á 3,45 Gramm. „Das ist genau die Menge für eine Tasse“, sagt Kirst. Mit einem Preis von 6,95 Euro, also umgerechnet 1,16 Euro pro Tasse, liegt ihr Instantkaffee zwar deutlich über den Sorten im Supermarktregal, die erste Resonanz sei aber gut. Den größten Teil der ersten Produktion haben sie über den eigenen Online-Shop verkauft, außerdem führen einige Geschäfte die neue Marke, in Hamburg etwa Mutterland.

Genaue Absatzzahlen wollen die Blæk-Macher nicht nennen. Klar ist, dass die Einnahmen noch nicht zum Leben reichen. Herget arbeitet deshalb als Barista in einem Kaffeeshop, Kirst hat einen Job als Barkeeper.

Kunden in Hotels, Büro und Outdoor-Bereich

Ihre Kunden sehen die Gründer im Outdoor-Bereich, in Büros, Hotels oder auch bei Konferenzen. „Wir wollen unser Produkt auch im Lebensmittelhandel platzieren“, sagt Kirst. Die zweite Produktion haben sie deshalb mit höheren Stückzahlen in Auftrag gegeben. Auch weitere Sorten sind für Anfang 2021 geplant. „Es gibt genau wie bei anderem Kaffee auch, nicht den einen, der für alle passt“, sagt Herget. Aktuell suchen die Start-up-Unternehmer einen Investor, um ihre Expansionspläne zu finanzieren. Geplant sind Bio- und Fairtrade-Varianten. Und eine neue Verpackungsgröße mit 20 Portionen. Ein weiteres Ziel: Der Preis des Blæk-Kaffee soll durch höhere Produktionsmengen sinken.

Schmeckt auch als Cappuccino

Dass ihr Instant-Kaffee einen Nerv trifft, da sind die Kaffee-Liebhaber sicher. Natürlich trinken sie ihn selbst auch. Segler Kirst hat immer einige Päckchen an Bord seines Segelboots. Das Pulver schmeckt auch als schnelle Basis für Kaffeespezialitäten wie Cappuccino. „Es geht nicht darum, nur noch löslichen Kaffee zu trinken. Espresso aus der Siebträgermaschine ist ein anderes Erlebnis“, sagt Kirst. „Instantkaffe hat dann seine Stärke, wenn man sonst keine Alternative hat.“