Hamburg. Kunden erhalten bei Genossenschaftsbanken kaum noch Zinsen. Aber die Einlagen als Mitglieder werden gut verzinst. Die besten Tipps.

Zu attraktiven Konditionen Geld anzulegen ist kompliziert. Immer mehr Banken erheben Strafzinsen und bieten auf der anderen Seite weder Tagesgeldkonto noch Festgeld an, um sich vor neuen Spargeldern zu schützen. Auch die Hamburger Genossenschaftsbanken Sparda-Bank und Hamburger Volksbank setzen auf Negativzinsen (Abendblatt berichtete). Doch es gibt eine Alternative.

Denn gerade bei den rund 840 Volks- und Raiffeisenbanken (VR) kann die Geldanlage sehr attraktiv sein, wenn man sich als Mitglied mit einer Einlage beteiligt. Statt Nullzins oder Negativzins gibt es dann eine Dividende von durchschnittlich vier Prozent. Das Interesse der Kunden an den Geschäftsanteilen steigt, wie eine Umfrage des Abendblatts gemeinsam mit dem Verbraucherportal Biallo bei VR-Banken in Hamburg, dem Umland und bei Instituten, die auch Mitglieder von außerhalb ihrer Region akzeptieren, zeigt.

„Wir haben einen kontinuierlichen Zuwachs an Mitgliedern. Das liegt an dem Zuspruch zu unserem Geschäftsmodell und einer attraktiven Dividende“, so eine Sprecherin der Volksbank. Bundesweit gibt es 18,6 Millionen Genossenschaftsbankmitglieder, das sind fast doppelt so viele, wie es Aktionäre gibt. Bei welchen Instituten lohnt eine Mitgliedschaft? Was muss ich beachten? Welche Risiken gibt es? Lohnt die Geldanlage bei Wohnungsgenossenschaften noch? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wo lohnt in Hamburg und dem Umland eine Mitgliedschaft?
Von den Genossenschaftsbanken aus Hamburg und dem Umland macht die Hamburger Volksbank ein attraktives Angebot. Denn je nach Intensität der Geschäftsbeziehung können bis zu 100 Anteile (pro Anteil 50 Euro) erworben werden. Die Dividende ist mit drei Prozent seit 2016 konstant. Ebenfalls 100 Anteile können bei der Sparda-Bank Hamburg erworben werden, aber mit einer voraussichtlichen Dividende von einem Prozent für 2019 ist die Ausschüttung nicht sehr attraktiv.

Bei der VR Bank in Holstein beträgt zwar die Dividende für 2019 4,5 Prozent, aber es können nur fünf Anteile zu je 50 Euro gezeichnet werden. Bei der Volksbank Stade-Cuxhaven sind es immerhin zehn Anteile zu je 150 Euro, und für 2019 wurde eine Dividende von vier Prozent gezahlt. Manche Genossenschaftsbanken haben in diesem Jahr wegen der Pandemie auch noch nicht über die Ausschüttung für 2019 entschieden.

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Welche Banken eignen sich besonders für die Geldanlage?
Das sind Genossenschaftsbanken, die Anleger auch von außerhalb der Region akzeptieren und einen größeren Anteilserwerb ermöglichen. Bei den Genossenschaftsbanken Dortmund-Nordwest, Bad Salzungen Schmalkalden und Hochtaunus können fünfstellige Beträge angelegt werden, und die Dividende für das vergangene Geschäftsjahr liegt zwischen zwei und drei Prozent (siehe Grafik). Bei der Münchener Hypothekenbank können bis zu 70.000 Euro angelegt werden.

Das von der Europäischen Zentralbank (EZB) beaufsichtigte Institut wird für 2019 aber keine Dividende ausschütten, weil das die EZB-Regeln untersagen, wie es in einem Brief der Genossenschaftsbank an die Mitglieder heißt. Die Ausschüttung soll aber im nächsten Jahr nachgeholt werden. Hohe Zeichnungsmöglichkeiten bedeuten aber nicht, dass diese Summen ausgeschöpft werden müssen. Auch bei der Anteilszeichnung von Genossenschaftsbanken gilt die Regel: nicht alle Eier in einen Korb. „Aber gerade in Niedrigzinszeiten kann ein solches unternehmerisches Investment für Geldanleger als Beimischung interessant sein“, sagt Horst Biallo vom gleichnamigen Verbraucherportal.

Wie bekomme ich mein Geld zurück?
Die Anlage als Genosse sollte langfristig betrachtet werden. Um wieder an sein Geld zu kommen, gibt es Kündigungsfristen, die in der Regel zwischen drei Monaten (Volksbank Dortmund-Nordwest) und sechs Monaten zum Jahresende liegen. (VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden). Die Münchener Hypothekenbank hat eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Jahresende. Es kann wegen der Regularien ein Jahr und länger dauern, bis das Geld auf dem Konto wieder angekommen ist.


Was muss ich noch beachten?
„Wem die Zahl der Anteile zu gering erscheint, der kann natürlich auch zusammen mit seinem Partner Mitglied werden, das verdoppelt sie Zahl der möglichen Anteile“, sagt Biallo. „Es kann auch sein, dass man ein kostenpflichtiges Konto eröffnen muss, aber die Kosten dafür bleiben im Rahmen und schmälern die Dividende nur etwas.“ Aber es gibt auch Banken, die als Voraussetzung für die Zeichnung eine aktive Geschäftsbeziehung einfordern. So gibt es die zehn Anteile bei der Volksbank Stade-Cuxhaven nur, wenn man etwa zum Girokonto noch eine Kreditkarte nutzt. Sonst kann man nur fünf Anteile zeichnen. Bei den Banken, die für die Geldanlage im größeren Stil genannt werden, ist das aber nicht der Fall. Aber die jährlichen Dividenden sind nicht sicher, sie können sinken oder wieder steigen.

Wie risikoreich ist die Anlage als Mitglied einer Genossenschaftsbank?

Die Anleger müssen sich darüber klar sein, dass sie mit den Anteilen eine Beteiligung an einer Bank eingehen. „Wenn ein Geschäftsjahr damit endet, dass kein Überschuss, sondern ein Fehlbetrag im Jahresabschlusses steht, ist es möglich, dass die Geschäftsguthaben zur Verlustdeckung herangezogen werden“, sagt Steffen Steudel vom BVR.

Es besteht also das Risiko eines Anteilsverlusts. Außerdem gibt es nach dem Genossenschaftsgesetz eine Nachschusspflicht in Anteilshöhe. Aber diese Risiken sind eher theoretischer Natur. „Seit Bestehen der Genossenschaftsbanken ist es nicht vorgekommen, dass ein Mitglied dafür aufkommen musste“, sagt die Sprecherin der Hamburger Volksbank. Das bestätigt auch der BVR. „Wir haben unser Einlagensicherungssystem, dass bei drohender Schieflage einer Bank frühzeitig Maßnahmen eingreift, um das Institut wirtschaftlich wieder zu stabilisieren“, sagt Verbandssprecher Steudel.

Welche Zinsen bieten Wohnungsgesellschaften?
Stärker noch als bei den Genossenschaftsbanken gibt es bei den Wohnungsgenossenschaften eine strenge Regionalisierung. Die meisten stehen nur Sparern aus dem Einzugsgebiet offen. Doch Hamburg verfügt mit dem Altonaer Spar- und Bauverein (Altoba) über eine Genossenschaft mit einem umfangreichen Angebot an Sparprodukten, auch der Lübecker Bauverein ist für Hamburger offen. In der Regel sind es die Mitglieder selbst, die bei ihrer Genossenschaft sparen.

Doch auch ohne Wohnungswunsch lässt sich bei einer Wohnungsgenossenschaft sparen, oder man verbindet beide Ziele. Allerdings muss auch als Sparer mindestens ein Anteil gezeichnet werden, auf den es aber auch eine Dividende gibt. Die Zinsen, die noch gezahlt werden, sind deutlich höher als bei den Filialbanken. Beim Altoba sind die Sparbriefe mit jährlich steigenden Zinsen das attraktivste Produkt. Bei fünf Jahren steigt der Zins auf 0,50 Prozent. Zwar sind höhere Zinsen bis zu 1,50 Prozent für 15 Jahre möglich, aber der Zins rechtfertigt nicht den langen Anlagezeitraum. Denn während der Laufzeit kann nicht vorzeitig über das Geld verfügt werden. Beim Lübecker Bauverein lässt sich auch langfristig mit kleinen Beträgen sparen, die im sechsten Jahr mit knapp einem Prozent verzinst werden.

Was machen Wohnungsgesellschaften mit dem Geld der Anleger?
Das Geld der Sparer wird für Bauprojekte genutzt. „Wer bei Altoba spart, investiert sein Geld in die Neubau- und Modernisierungsprojekte der Genossenschaft in Hamburg“, sagt Sprecherin Silke Kok. Auch von unabhängiger Seite wird das bestätigt. „Viele Genossenschaften achten verstärkt auf Klimaschutz und bemühen sich in ihren Wohnanlagen um die besonderen Bedürfnisse von Senioren und Behinderten“, so Stiftung Warentest. Der Wohnraum, den sie zur Verfügung stellen, sei stärker sozial und ökologisch geprägt als sonst in Mietshäusern üblich.

Welche Risiken drohen bei einer Wohnungsgenossenschaft?
Das Einsammeln von Spargeldern von Wohnungsgenossenschaften erfordert eine sogenannte Spareinrichtung. Die Genehmigung dafür erhalten nur die wirtschaftlich stärksten Wohnungsgenossenschaften. Sie werden zudem durch die Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin und die Deutsche Bundesbank überwacht. Die Tatsache, dass die Genossenschaften keine zweckfremden Kredite vergeben und nicht mit Einlagen spekulieren dürfen, macht die Risiken durchaus überschaubar. Im Falle einer Pleite springt der Selbsthilfefonds des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen in die Bresche. Allerdings hat es seit der Gründung des Fonds im Jahre 1974 noch nie eine Pleite gegeben.