Hamburg. Corona schlägt durch: Zahlreiche Schulabgänger ohne Lehrstelle. Nur in einem Bereich verzeichnet Arbeitsagentur Wachstum.

Die Corona-Pandemie schlägt voll auf den Hamburger Ausbildungsmarkt durch. Das zeigt die am Donnerstag vorgestellte Ausbildungsbilanz der Arbeitsagentur Hamburg. Danach sind noch 1305 Schulabgänger ohne einen Ausbildungsplatz.

Das sind 20,7 Prozent mehr als im Vorjahr und der schlechteste Wert seit 2017, als 1381 Schulabgänger leer ausgingen. Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen ging um 13,6 Prozent zurück und sank auf 9900. Die abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse verringerten sich um acht Prozent auf 17.825.

Die Corona-Pandemie verunsicherte Schulabgänger sowie Ausbildungsbetriebe. Außerdem mussten viele Unternehmen während des ersten Lockdowns schließen oder ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. „Der persönliche Kontakt zur Berufsberatung, zu den Lehrkräften und den Ausbildungsbetrieben war unterbrochen. Schul- und Betriebspraktika sowie Ausbildungsbörsen wurden abgesagt“, sagt Sönke Fock, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit.

Sönke Fock ist seit Mai 2011 Chef der Agentur für Arbeit in Hamburg.
Sönke Fock ist seit Mai 2011 Chef der Agentur für Arbeit in Hamburg. © HA | Michael Rauhe

DGB fordert mehr Ausbildung in Hamburg

Doch alle an der Ausbildung in Hamburg Beteiligten sind sich einig, so darf es nicht weitergehen. „Auszubilden ist kein Wunschkonzert, sondern gesellschaftliche Verpflichtung“ sagt Hamburgs Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Katja Karger. „Der Bund hat den Betrieben 500 Millionen Euro als Unterstützung zur Verfügung gestellt, damit sie dieser Verpflichtung nachkommen – die müssen nun auch abgerufen und genutzt werden.“

Dabei zeigt sich jetzt schon, dass die Betriebe auch nach einem Sommer der wirtschaftlichen Erholung weniger Lehrstellen als im Vorjahr bisher zur Verfügung gestellt haben. Bisher liegen mit 5500 Ausbildungsangeboten elf Prozent weniger als vor zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres.

„Eine Entwicklung wie in diesem Jahr darf sich nicht wiederholen, auch wenn wir das gesamte nächste Jahr noch unter Corona-Einschränkungen leben werden“, sagt Hjalmar Stemmann, Präsident der Handwerkskammer Hamburg. „Deshalb benötigen wir eine pandemiefeste Berufsorientierung in den Schulen und mehr Praxisprojekte in den Betrieben.“

Mehr Lehrstellen außerhalb von Hamburger Firmen

Die Behörde für Schule und Berufsbildung will dem geringeren Lehrstellenangebot mit einer Erhöhung außerbetrieblicher Ausbildungsmöglichkeiten entgegenwirken. Senator Ties Rabe (SPD) kündigte an, dass in der sogenannten Berufsqualifizierung an den Berufsschulen bis zu 800 Ausbildungsplätze geschaffen werden können. Dabei beginnt der Azubi bereits mit der Ausbildung und findet erst im Verlauf einen Ausbildungsbetrieb.

Es gibt allerdings einen Nachteil: Erst wenn ein Ausbildungsbetrieb gefunden ist, wird auch die Ausbildungsvergütung gezahlt. In der Ausbildungsvorbereitung, einer Übergangsmaßnahme, bis eine Lehrstelle gefunden ist, können bei Bedarf bis zu 2200 Plätze geschaffen werden.

„Um den Schulabgängern eine gute Perspektive zu geben, haben wir die Zahl der schulischen Ausbildungsplätze – beispielsweise in den Gesundheitsberufen oder den pädagogischen Berufen – um 4,3 Prozent auf rund 5490 Ausbildungsplätze bedarfsgerecht erhöht“, sagt Rabe zur Ausbildungsbilanz 2020. So begannen 1920 Schulabsolventen eine Ausbildung in den Gesundheitsberufen, was einem Plus von 2,7 Prozent zum Vorjahr entspricht.

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Deutliche Einschnitte bei den Ausbildungsverträgen verzeichneten dagegen Handelskammer (minus 15 Prozent) und die Handwerkskammer mit einem Rückgang von zwölf Prozent. Mit 12.335 Schulabgängern starteten knapp 13 Prozent weniger in eine duale Berufsausbildung. Davon betroffen sind vor allem die Gewerke Elektrohandwerk und Kfz-Handwerk sowie die Branchen Kosmetik, Einzelhandel und Gastronomie, die weniger Ausbildungsplätze zur Verfügung stellten.

„Das Wichtigste ist jetzt angesichts der Corona-Beschränkungen die Existenz der Betriebe zu sichern, die Basis für künftige Ausbildungen“, sagt Handelskammer Vizepräses Astrid Nissen-Schmidt. An die Jugendlichen appellierte sie, früh nach einem Ausbildungsplatz zu suchen.