Hamburg. Mit 162 Antennen versorgt der Konzern knapp drei Viertel der Hamburger mit neuem 5G-Mobilfunk. Handys dafür sind noch selten.

Nicht nur wegen der erneuten Corona-Beschränkungen klingt dies noch wie eine Zukunftsvision: Ein Stadionbesucher richtet die Kamera seines Smartphones auf das Fußballfeld und bekommt auf dem Bildschirm als Live-Information angezeigt, wie schnell der Mittelstürmer gerade sprintet oder mit welchem Tempo er den Ball in Richtung Tor wuchtet.

Möglich werden solche so genannten Echtzeit-Anwendungen durch den neuen Mobilfunkstandard der fünften Generation, kurz 5G. Am heutigen Donnerstag schaltet der Handynetz-Betreiber Vodafone in Hamburg 162 Antennen an 54 Standorten, verteilt über fast die ganze Stadt, auf den neuen Standard um.

Noch nicht abgedeckt werden Gebiete wie Marienthal und Horn sowie Sasel und Volksdorf. Nach Angaben von Vodafone werden knapp drei Viertel aller Hamburger mit der mobilen Breitbandtechnologie versorgt.

Erst wenige Apps nutzen das Potenzial der neuen Technologie

Nutzen können sie diese jedoch in der Regel noch nicht. Denn bisher haben erst die wenigsten Smartphone-Besitzer ein 5G-taugliches Gerät. Laut der Marktforschungsfirma Strategy Analytics machten sie gerade einmal sieben Prozent aller im ersten Halbjahr 2020 in Westeuropa verkauften Mobiltelefone aus. So ist etwa das erste 5G-fähige Smartphone von Apple, das iPhone 12, in Deutschland erst seit wenigen Tagen im Handel erhältlich.

Außerdem gibt es bisher nur wenige Apps, die speziell auf den neuen Standard hin entwickelt wurden und sein Potenzial ausschöpfen. „Noch ist die Zahl der Anwendungen, die nur mit 5G funktionieren, überschaubar“, sagte Vodafone-Technikchef Gerhard Mack dem Abendblatt. „Das wird sich in den nächsten Jahren ändern – genau wie es beim LTE-Standard war.“ Dieser habe ja zum Beispiel die heute üblichen Taxi-Apps überhaupt erst möglich gemacht.

„An manchen Stellen ist das Netz nun vier- oder fünfmal so schnell wie bislang“

5G hingegen ermögliche Funktionen aus dem Bereich der virtuellen oder der erweiterten Realität. So könnte sich ein Tourist, der mit dem Taxi durch Hamburg fährt, auf dem Smartphone in Echtzeit Informationen zu den Gebäuden und Orten, auf die er die Handykamera richtet, einblenden lassen.

Vodafone hat zwar als erster Anbieter in Deutschland schon Mitte Juli 2019 einzelne 5G-Antennen für die öffentliche Nutzung in Betrieb genommen – auch in Hamburg. Dies diente zunächst allerdings eher Versuchszwecken. Dagegen startete die Telekom ihr Netz in der Hansestadt erst im Dezember 2019, hat es seitdem aber Schritt für Schritt ausgebaut.

Östliche Stadtgebiete, unter anderem in Bramfeld, Volksdorf und Rahlstedt, werden noch nicht versorgt. Größere Lücken gibt es, wie die Telekom-Netzabdeckungskarte im Internet zeigt, aktuell auch noch in Ottensen und in den Elbvororten. Als dritter Anbieter aktivierte Telefónica (O2) Anfang Oktober die ersten 5G-Antennen in Hamburg.

Keine neuen Sendemasten für 5G-Technik

Üblicherweise handelt es sich nicht um komplett neue Sendemasten. „Zunächst nutzen wir vielerorts die bestehende Infrastruktur, indem wir die neue 5G-Technik an zahlreichen LTE-Stationen aktivieren, die bereits im Einsatz waren“, erklärt Vodafone-Geschäftsführungsmitglied Mack: „Damit verdoppelt sich die Kapazität, die den Nutzern mit ihren Smartphones zur Verfügung steht. An manchen Stellen ist das Netz dann sogar vier- oder fünfmal so schnell wie bislang.“

Mit speziell für den neuen Standard gebauten Antennen steigt die Geschwindigkeit künftig noch weiter. „Es wird dann aber natürlich einige Jahre dauern, bis die vollen Vorteile von 5G jedermann in ganz Deutschland nutzen kann“, so Mack.

Manche fürchten jedoch auch Nachteile durch die neue Technologie. So forderte Manfred Braasch, Hamburger Landesgeschäftsführer der Umweltorganisation BUND, im Februar einen Stopp der Verbreitung von 5G in der Hansestadt. Der Ausbau dürfe „nicht ohne Prüfung der Gesundheits- und Umweltverträglichkeit und nicht ohne die vorgeschriebene Technikfolgenabschätzung erfolgen“, sagte Braasch.

Die Erforschung von Folgen für Gesundheit und Umwelt müsse von unabhängigen Instituten vorgenommen werden „und auf keinen Fall im laufenden Betrieb – in einem Feldversuch an Mensch und Umwelt,“ ergänzte Ellen Kruse, Sprecherin des BUND-Arbeitskreises Elektrosmog.

Bundesamt für Strahlenschutz rät zu „umsichtigem Ausbau“

Zwar gibt es Studien aus den USA und aus Italien, wonach es bei Mäusen und Ratten, die lange Zeit ununterbrochen einer außergewöhnlich hohen Mobilfunkstrahlung ausgesetzt wurden, zu einer erhöhten Zahl von Tumoren kam. Diese Tierversuche beziehen sich aber nicht auf 5G, sondern auf die bisherige Technik. Vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) heißt es dazu, die Wirkung elektromagnetischer Strahlung des Mobilfunks auf den Menschen sei „gut erforscht“, unterhalb der Grenzwerte – die in Deutschland auch eingehalten würden – seien „keine gesundheitlichen Auswirkungen nachgewiesen“. Das gelte jedoch noch nicht für höhere Frequenzen, die im Rahmen von 5G in einigen Jahren hinzukommen sollen. Das Bundesamt rät daher zu einem „umsichtigen Ausbau“ des neuen Netzes.

Vodafone-Manager Mack sieht keinen Grund für Bedenken: „5G nutzt ähnliche Funkfrequenzen wie das heimische WLAN. Hier gibt es keinen Ausschlag nach oben.“ Zudem bauten „intelligente“ 5G-Antennen sehr zielgenau Verbindungen mit den einzelnen Smartphones auf, die das schnelle Netz gerade nutzen wollen. Das reduziere den Energiebedarf.

Handy-Tarife werden durch 5G häufig nicht teurer

Mobilfunkanbieter, die in das Rennen um den 5G-Markt einsteigen wollen, mussten im vorigen Jahr einen hohen Eintrittspreis zahlen: Zusammen fast 6,6 Milliarden Euro überwiesen die Telekom, Vodafone, Telefónica sowie der vierte Wettbewerber 1&1 Drillisch nach der Netzfrequenz-Auktion an den Bund. Außerdem wurden sie verpflichtet, bestehende Mobilfunklücken an Autobahnen und Bundesstraßen zu schließen – alles in allem investieren die vier Anbieter einen zweistelligen Milliardenbetrag.

Durch höhere Preise für Privatkunden holen sie ihn jedenfalls nicht herein, denn in vielen neueren Handytarifen gibt es für sie die 5G-Option ohne Aufpreis. Laut Check24.de kosten die günstigsten Tarife weniger als 20 Euro im Monat.

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Es werden wohl eher die maßgeschneiderten Lösungen für Firmenkunden sein, die das Geld bringen. Man habe bereits erste 5G-Anwendungen mit Industriepartnern gestartet, sagt Mack. „und wir sind mit mehr als 200 Unternehmen im Austausch, um weitere 5G-Innovationen in den Fabrikhallen zu aktivieren, zum Beispiel für die Steuerung und Überwachung von Robotern.“