Hamburg. Einige Anbieter haben Funklöcher in dem modernen Hamburger Quartier. Der 5G-Standard lässt – zum Teil – auf sich warten.

Im Harburger Binnenhafen herrscht vielerorten Frust über mangelhaften Telefonempfang. In einem gemeinsamen, für die nächste Bezirksversammlung vorbereiteten Antrag regen SPD und Grüne an, die Wirtschafts- und Wissenschaftsbehörde einzuschalten. Sie solle aufgefordert werden, dafür zu sorgen, dass im Harburger Binnenhafen möglichst bald der neue Mobilfunkstandard der fünften Generation, kurz 5G , zur Verfügung steht. Das entscheiden zwar keine Behörden, sondern die Netzanbieter, aber die Stadt soll Druck machen. Den Antrag hatten die Parteien schon im Frühjahr formuliert. Coronabedingt wird er jetzt behandelt.

Glaubt man der Telekom, ist der Antrag überholt: Laut Netzabdeckungskarte des Branchenriesen ist der Binnenhafen mittlerweile mit dem 5G--Standard abgedeckt. Andere Netzbetreiber sind da allerdings noch nicht so weit. Und: Im Binnenhafen gibt es Menschen, die froh sind, wenn sie überhaupt Mobilfunkempfang haben. Mitten im High-Tech-Quartier scheint es eklatante Funklöcher zu geben.

Videojournalist hat nur im Schlafzimmer Empfang

Philipp H. ist freier Videojournalist. Als solcher ist er eigentlich selten zu Hause. Drehbesprechungen, Schneidetermine, Redaktionskonferenzen, Drehs am Ort des Geschehens: Erreichbar ist H. eigentlich nur mobil. Das klappt meistens auch ganz gut. Nur zu Hause im Harburger Binnenhafen nicht. „Das ist mir erst in der Corona-Zeit so richtig aufgefallen, als es auf einmal auch für mich hieß, vermehrt aus dem Home Office zu arbeiten“, sagt er.

„Aber es ist höchst ärgerlich, denn es ist sehr schwierig, Termine zu machen oder Geschichten zu recherchieren, wenn ständig das Gespräch abbricht oder verzerrt wird. Und ausgerechnet im Wohn- und Arbeitszimmer ist der Empfang am schlechtesten. Oft muss ich auf den Balkon, um halbwegs Empfang zu haben. Bei Wind oder Regen ist das natürlich ganz schlecht und Notizen machen kann man sich im Stehen auf dem Balkon natürlich auch nicht.“

Im Schlafzimmer, so berichtet der Journalist, sei der Empfang etwas besser, als im Wohnzimmer. „Aber wenn ich im Wohnzimmer ein Gespräch annehme und dann ins Schlafzimmer gehe, reißt das Gespräch oft ganz ab, weil ich dafür durch den Flur muss, wo gar kein Empfang herrscht.“

H.s Telefonanbieter ist eine Vertriebsmarke der spanischen Telefonica. Deren nächst gelegener Sendemast, heute heißt das übrigens Basisstation, befindet sich auf dem Dach der Harburg-Arcaden. Das ist eigentlich nicht weit weg, aber zwischen der Basisantenne und H.’s Wohnung stehen der Channel-Tower und noch diverse weitere Wohnblöcke und Geschäftshäuser, allesamt aus Stahlbeton. Stahlbeton ist ein veritables Funkhemmnis. Große Gebäude werfen oft so genannte Funkschatten. Denen kommt man nur mit einem dichten Sendernetz bei, mit dem die in einer Richtung abgeschatteten Bereiche aus einer anderen Richtung abgedeckt werden.

Große Anzahl Telefone

Im Binnenhafen kommt hinzu, dass sich eine große Anzahl Telefone die Frequenzen teilt. Die Telefon-Datenpakete werden ab dem 3-G-Standard abhängig vom Bedarf in unterschiedlich große Pakete aufgeteilt und den einzelnen Geräten zugeordnet. Ist der Bedarf zu groß, kommt es zu Lücken. Fällt der Übertragungsstandard unter 3G, ändert sich auch die Art der Paketzuteilung – eine weitere Fehlerquelle. „Ich merke, dass es zu bestimmten Tageszeiten besonders schlimm ist“, sagt Philipp H. „Abends geht es meistens etwas besser.“

Von 5G sind viele Binnenhafenbewohner und -Anlieger also noch weit entfernt. Ist also der Antrag der rot-grünen Koalition doch noch nicht verjährt? „Es ist erklärtes Ziel der Stadt, von der Schlachthofstraße im Osten bis Bostelbek im Westen eine Innovationsachse unter der Bezeichnung „Innovation City Harburg“ zu errichten“, sagt die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Natalia Sahling. „Der Binnenhafen ist im Zentrum dieser Achse.

Den Zielbranchen Maritimes/Luftfahrt, Digitalisierung und Mobilität und den dazugehörigen Forschung- und Entwicklungseinrichtungen, ist eigen, dass sie allesamt an autonomen Systemen arbeiten. All diese Forschung-und Entwicklungsbereiche benötigen einen extrem schnellen Datenaustausch, den lediglich der neue Mobilfunkstandard 5G gewährleisten kann.“

Betonbauten könnenein Funkhindernis darstellen

Was das reine Telefonieren angeht, können Philipp H. und seine Nachbarn sich vielleicht Hoffnung machen: „Die beschriebenen Betonbauten können in der Tat ein Funkhindernis darstellen“, heißt es aus der Telefonica-Zentrale in München, „Gerne werden wir uns das neue Wohnquartier im Detail anschauen und für die weitere Planung bewerten, ob und wie eine mögliche Verbesserung des Empfangs vor Ort erzielt werden kann.“