Hamburg. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum Hilfspaket, das die Folgen des “Lockdown light“ abmildern soll.

In ungewöhnlichen Zeiten kann sogar die Politik auch einmal ungewohnt schnell handeln: Nur wenige Tage benötigten die Bundesminister Olaf Scholz (Finanzen, SPD) und Peter Altmaier (Wirtschaft, CDU), um zusammen mit den Ländern ein neues Corona-Hilfspaket zusammenzustellen, das die Auswirkungen des Teil-Lockdowns im November auf die davon betroffenen Firmen und Selbstständigen abfedern soll. Das Paket umfasst immerhin zehn Milliarden Euro – für einen einzigen Monat. Es gehe darum, „nicht zu kleckern, sondern zu klotzen“, sagte Altmaier.

Doch wer kann die Unterstützung erhalten? Und wie beurteilt man in der Hamburger Wirtschaft die bisherigen Corona-Hilfen? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:

Für wen ist die „Lockdown Light“-Hilfe gedacht und wie sieht sie aus?

Auch wenn der November längst begonnen hat, ist nach Angaben der Hamburger Finanzbehörde und der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB) manches an dem jüngst von der Bundesregierung angekündigten Hilfspaket, das den Unternehmen die Ausfälle aufgrund des „Lockdown light“ in diesem Monat ersetzen soll, noch unklar.

Sicher ist aber: Anspruchsberechtigt sind Betriebe und Selbstständige, die direkt von den angeordneten Betriebsschließungen betroffen sind, also zum Beispiel Restaurants, Bars, Hotels, Fitnessstudios, Kinos, Spielhallen, Kosmetikstudios, aber auch Theater und Vereine. Weil die Hilfe den Bundesministern zufolge „einfach und unbürokratisch“ gestaltet sein soll, erhalten Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten einen Pauschalbetrag von 75 Prozent des Umsatzes, der im November 2019 erwirtschaftet wurde. Dabei wird der Unterstützungsbetrag jedoch mit anderen Corona-Hilfen, etwa dem Kurzarbeitergeld, verrechnet. Für Firmen mit mehr als 50 Beschäftigten bemisst sich die November-Hilfe am EU-Beihilferecht.

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Bei Neugründungen, die im November des vorigen Jahres noch gar nicht existierten, gelten die Umsätze aus dem Oktober 2020 als Bezugspunkt und Soloselbstständige können dafür auch den durchschnittlichen Monatsumsatz des Jahres 2019 zugrunde legen. Nach Angaben des Bundes soll „zeitnah“ geklärt werden, was für Betriebe gilt, die nur indirekt durch die Corona-Anordnungen für den November betroffen sind – etwa weil sie als Dienstleister weitestgehend von einem nun geschlossenen Betrieb abhängen.

Die Anträge sollen über die IT-Plattform der schon im Frühjahr eingeführten Corona-Überbrückungshilfe laufen (ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de). Dass sich die neue Hilfe am Umsatz orientiert, dient zwar der Vereinfachung. Weil ein Betrieb, der nun geschlossen ist, aber auch sehr viel geringere Kosten haben dürfte als sonst, kann die Unterstützung bei manchen Unternehmen dazu führen, dass sie sogar einen höheren Gewinn erzielen als im November 2019.

Woher stammt das Geld und wann soll es ausgezahlt werden?

Das neue Paket von zehn Milliarden Euro konnte auch deshalb so schnell beschlossen werden, weil das Geld aus einem schon vorhandenen Topf kommt: Für die so genannten Überbrückungshilfen, mit denen man ursprünglich den von der Pandemie besonders hart getroffenen Firmen einen Großteil ihrer Fixkosten erstatten wollte, hatte der Bund 25 Milliarden Euro bereitgestellt.

Es sind bisher aber nur Anträge über gut eine Milliarde Euro bewilligt worden, in Hamburg sind bislang gerade einmal 48 Millionen Euro geflossen. Viele Unternehmen hatten kritisiert, dieser Baustein der Corona-Hilfen sei zu bürokratisch, die Kriterien seien zu restriktiv gesetzt worden. So musste zunächst ein Umsatzeinbruch um mindestens 60 Prozent nachgewiesen werden können. Wann die nun angekündigte neue Unterstützung tatsächlich ausgezahlt wird, ist noch nicht bekannt. Mindestens Abschlagszahlungen solle es noch vor Ende November geben, sagte Altmaier.

Welche neuen Hilfen gibt es außerdem für Hamburger Firmen?

Erst vor wenigen Tagen hat der Senat den „Hamburg Stabilisierungsfonds“ auf den Weg gebracht. Zielgruppe sind Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten. Bis zu einer Milliarde Euro steht dafür zur Verfügung. Mit stillen Beteiligungen in mindestens sechsstelligem Umfang will man Firmen stützen, bei denen andere Hilfen nicht mehr greifen.

Darüber hinaus kann der so genannte Schnellkredit der staatlichen Förderbank KfW demnächst auch von Kleinbetrieben mit bis zu zehn Mitarbeitern beantragt werden. Die Darlehen (bis zu 300.000 Euro, drei Prozent Zinsen) werden über die jeweilige Hausbank ausgegebenen.

Wie viel Geld an Corona-Hilfen ist in Hamburg bisher geflossen?

Die größten Posten steht gar nicht auf der Liste der konkreten Unterstützungsprogramme: Laut Finanzbehörde wurden den Unternehmen der Hansestadt Steuerermäßigungen von 2,85 Milliarden Euro sowie Steuerstundungen von 1,3 Milliarden Euro gewährt. Ebenfalls einen Milliardenbetrag machen das Kurzarbeitergeld sowie die über die Hausbanken vergebenen Hilfskredite von KfW und IFB aus.

Allein über die Hamburger Sparkasse, nach eigenen Angaben die größte Mittelstandsbank der Metropolregion, wurden mehr als 300 Millionen Euro solcher Darlehen bereitgestellt. Unter den Zuschussprogrammen machen die Soforthilfen mit mehr als 500 Millionen Euro den größten Betrag aus.

Wie zufrieden ist die Hamburger Wirtschaft mit den Corona-Hilfen?

„Die bisherigen und jetzt angekündigten Corona-Hilfen haben dazu beigetragen, dass die Wirtschaft bisher mit einem blauen Auge davongekommen ist“, sagt Uli Wachholtz, Präsident der Unternehmensverbände Nord. Auch der Hamburger Stabilisierungsfonds gehe „in die richtige Richtung“, so Wachholz. Doch damit sei es nicht getan: „Für die Zukunft gilt es jetzt, einen wirksamen Fahrplan zu entwickeln, der nicht alle zwei Monate einen neuen Lockdown vorsieht“, mahnt der UVNord-Präsident an.

Ähnlich sieht das Malte Heyne, Hauptgeschäftsführer der Hamburger Handelskammer. „Die finanziellen Hilfen des Bundes begrüßen wir“, so Heyne. Diese seien allerdings nur „kurzfristige Überbrückungsmaßnahmen, um eine Insolvenzwelle zu verhindern, bieten aber keine Perspektive.“ Man benötige von der Politik unbedingt Konzepte zum Umgang mit weiter hohen und steigenden Infektionszahlen: „Weitere ‘Lockdown-Monate’ wären verheerend“, sagt der Hautotgeschäftsführer.

Kann die steigende Staatsverschuldung auch wieder abgetragen werden?

Nach Angaben der Bundesregierung sind die seit Ende März auf den Weg gebrachten Corona-Finanzhilfen „das größte Hilfspaket in der Geschichte der Bundesrepublik“. Aufgebracht wird das Geld mittels einer Neuverschuldung von mehr als 200 Milliarden Euro allein im Jahr 2020. Zwar erscheint eine solche Zahl beängstigend hoch.

Für Ökonomen ist jedoch nur die relative Höhe der Verschuldung, gemessen an der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt, BIP), wirklich bedeutsam. Man erwarte, dass die Staatsschulden Deutschlands aufgrund der Corona-Pandemie auf rund 75 Prozent des BIP klettern werden, erklärt dazu Jochen Intelmann, Chefvolkswirt der Haspa. Zum Vergleich: Ende 2019 lag die Quote knapp unterhalb von 60 Prozent, zehn Jahre zuvor war sie als Folge der Finanzkrise und der damit verbundenen Bankenrettungspakete aber sogar auf 82 Prozent gestiegen.

„Wenn die Wirtschaft künftig um ein Prozent jährlich wachsen sollte und die Inflation bei ebenfalls einem Prozent liegt, wären wir nach zehn bis zwölf Jahren aus den zusätzlichen Corona-Schulden herausgewachsen und wieder bei einer Staatsschuldenquote von 60 Prozent angekommen“, so Intelmann – natürlich unter der Voraussetzung, dass bis dahin nicht abermals eine hohe Kreditaufnahme erfolgen muss.