Berlin. Die Branche erholt sich langsam. Gewinner sind Fahrradläden und Onlinehändler, Verlierer Modegeschäfte. Kleines Umsatzplus erwartet.
Der Einzelhandel sieht langsam wieder positiv in die Zukunft. Nach dem historisch stärksten Umsatzeinbruch durch den Corona-Lockdown geht es in vielen Unternehmen wieder bergauf. Für das Gesamtjahr erwartet der Handelsverband Deutschland (HDE) für dieses Jahr ein Umsatzplus von 1,5 Prozent. Allerdings sind die Zuwächse unter den verschiedenen Bereichen so ungleich verteilt wie nie zuvor.
Die Corona-Krise hat in der Branche sowohl Gewinner wie Verlierer hervorgebracht. Zu den klaren Profiteuren zählen Fahrradhändler, die ihren Umsatz in den Monaten Januar bis Juli im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 29 Prozent steigern konnten, gefolgt vom Internet- und Versandhandel (20,6 Prozent). Kräftig zulegen konnten auch Bau- und Heimwerkermärkte (14,2 Prozent) sowie der Lebensmittel-Handel (8,7 Prozent).
Mode- und Schuhgeschäfte sind größte Umsatzverlierer
Die höchsten Einbußen verzeichnen in den ersten sieben Monaten unterdessen Bekleidungsgeschäfte (-29,2 Prozent), Schuhläden (-26,9 Prozent) sowie Spielwarengeschäfte und Schmuckläden (jeweils -15,8 Prozent), berichtet der HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth: „So eine gegensätzliche Entwicklung haben wir noch nie zuvor erlebt.“
Im Frühjahr waren zeitweise 200.000 Geschäfte komplett geschlossen. „In einzelnen Branchen sind deshalb nach wie vor viele Unternehmen und Arbeitsplätze in ihrer Existenz gefährdet“, sagte Genth. Für die Mehrheit der Unternehmen (59 Prozent) hat sich die Geschäftslage im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert. Nur 25 Prozent sprechen von einer Verbesserung, wie eine Verbandsumfrage unter 100 Mitgliedsfirmen ergeben hat.
Läden in den Innenstädten stehen am stärksten unter Druck
Insbesondere Läden in den Innenstädten stehen massiv unter Druck. 77 Prozent der Ladenbesitzer berichten von einer Verschlechterung ihrer Lage. In ländlichen Gemeinden sagen dies nur 46 Prozent der Befragten.
Am stärksten belasten die hohen Mietzahlungen. Viele Händler können ihre Miete längst nicht mehr in vollem Umfang begleichen, sagte Genth. Ein Drittel der Modehändler berichten, dass ihr Mietzins gesenkt wurde, ein Viertel konnte Stundungen aushandeln.
Doch viele stoßen bei ihren Vermietern auch auf taube Ohren. „Vor allem große institutionelle Vermieter kommen dem Handel dabei oft nicht ausreichend entgegen“, so Genth. Der Verband fordert deshalb eine entsprechende Gesetzesänderung. „Es muss das Recht geben, Mieten zu senken, wenn die Geschäftsgrundlage durch die Pandemie erheblich gestört ist“, so Genth.
Handel wünscht sich verkaufsoffene Sonntage in der Vorweihnachtszeit
Die Corona-Pandemie hat dem Online-Handel unterdessen einen enormen Schub verpasst. Auch wenn sich der Höhenflug langsam zugunsten des stationären Handels wieder etwas abflacht, stehe fest, so der HDE-Chef: „Wir müssen den Handel digitaler machen.“
Angesichts der immer noch stabilen Einkommensentwicklung und Lage am Arbeitsmarkt erwartet der Verband auch im ersten Corona-Jahr ein Weihnachtsgeschäft. „Vielleicht wird dieses digitaler und auch früher - schon im Oktober - beginnen“, vermutet Genth. Denkbar sei auch, dass es im Advent in zahlreichen Städten mehrere verkaufsoffene Sonntage geben wird, um die Kundendichte zu entzerren.
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