Hamburg. Jump House und Rabatzz verzeichnen teils deutlichen Rückgang der Besucherzahlen. Bürgermeister lädt zum Krisengipfel.

Seit wenigen Tagen geht es im Poppenbütteler Jump House im wörtlichen Sinne für Kämpfer wieder in den Himmel hinauf: Der „Sky Ninja“ kehrte zurück ins Angebot. In acht Meter Höhe können sich Sportler über Tritte und Haltegriffe an der Wand fortbewegen. Zum Abschluss gibt es eine rasante Seilbahnfahrt durch die Halle. Weil das nicht ungefährlich ist, herrscht Gurtpflicht – und die war der Knackpunkt.

Bisher legten die Jump-House-Mitarbeiter den Kletterern den Gurt an. Dabei kommen sie zwangsläufig den Kunden nah. Deshalb verzichteten die Betreiber nach der Wiedereröffnung Ende Mai lange Zeit auf die Station. Schließlich ist Abstand halten in Corona-Zeiten das oberste Gebot. Nun wurde das Konzept geändert. Die Gäste müssen sich die Hände desinfizieren, im Gegensatz zu den anderen Sportbereichen in der Halle einen Mund-Nasen-Schutz tragen und sich den Gurt nach Anweisung selbst anlegen. Die Mitarbeiter schauen aus der richtigen Distanz zu und greifen, ausgestattet mit Handschuhe und Maske, nur ein, wenn sie es aus Sicherheitsgründen für nötig erachten. Der „Sky Ninja“ passt sich der neuen Corona-Realität an. Alles wie zuvor ist es im Jump House aber noch lange nicht. Der Standort Flensburg wurde sogar für immer geschlossen.

Im Rabatzz wurden teilweise die Erwartungen übertroffen

Die Freizeitbranche ist massiv von der Corona-Krise betroffen. Bereits Ende März schrieben insgesamt 40 Betriebe – darunter neben dem Jump House auch Besuchermagneten wie das Miniatur Wunderland und der Tierpark Hagenbeck – einen offenen Brief an den Senat. Tenor: Es gebe volles Verständnis dafür, dass die Gesundheit vorginge. Aber man habe große Sorgen, wie es in der Branche mit Tausenden Beschäftigten in der Hansestadt nach der angeordneten Zwangsschließung weitergehe. Daher bitte man um ein Gespräch – nun haben Branchenvertreter Gehör gefunden. Am nächsten Donnerstag wird es mit Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) ein Treffen geben, um über die Lage der Hamburger Wirtschaft zu reden. Mit Florian Ruckert wird auch ein Manager vom Jump House dabei sein, teilte das Unternehmen dem Abendblatt mit.

Zu dem Treffen im Rathaus seien Vertreter von kleinen und mittelständischen Firmen eingeladen worden, teilte die Senatskanzlei auf Anfrage mit. 25 Personen hätten bisher zugesagt. Sie kämen aus verschiedenen Branchen wie Gastronomie, Einzelhandel, Dienstleistungen und Unterhaltung. „Der Bürgermeister möchte ein authentisches Stimmungsbild einholen“, sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer. Wie wirkt sich Corona aus? Wie kommen die Hilfsmaßnahmen an? Welche weiteren Lösungen sind sinnvoll und machbar?

Auch der Finanzsektor soll bei Gespräch anwesend sein

Deshalb soll auch der Finanzsektor mit Vertretern von Haspa und Investitions- und Förderbank anwesend sein. Das Gespräch könne aus zwei Gründen erst jetzt stattfinden. Erstens, weil ein persönliches Treffen wegen der zuvor schärferen Corona-Bedingungen lange Zeit nicht möglich gewesen sei. Zweitens, weil die Ferien nun zu Ende seien und man allen die Teilnahme ermöglichen wollte. Ein Kernanliegen des Briefs – die Wiedereröffnung – setzten die meisten Freizeitspaßanbieter mittlerweile um. Das Abendblatt fragte daher in der Branche nach, wie es seitdem, insbesondere in den Sommerferien, ergangen ist.

„Da wir zur Einhaltung der Abstandsregeln weiterhin mit deutlich reduzierter Kapazität agieren, haben wir in Hamburg im Ferienzeitraum Umsatz- und Gästeeinbußen von 20 bis 30 Prozent, verglichen mit 2019, zu verzeichnen“, sagen Christoph Ahmadi und Till Walz, Gründer und Geschäftsführer vom Jump House. Nach der pandemiebedingten langen Schließzeit und aufgrund der eingeschränkten Reisemöglichkeiten seien die Hamburger „wieder auf der Suche nach Spaß und Freizeitbeschäftigung in der eigenen Stadt“ gewesen. Daher seien die Umsatzeinbußen „deutlich geringer“ ausgefallen als noch im Mai befürchtet – auch dank des lange Zeit eher verhaltenen Sommerwetters.

Mitarbeiter wurden aus der Kurzarbeit zurückgeholt

Mit Petrus zufrieden war man auch beim Stellinger Indoor-Spielplatz Rabatzz. „Wir sind extrem vom Wetter abhängig und hatten Glück, dass der Juli recht regnerisch und grau war“, sagt Betriebsleiterin Susanne Müller: „Wir hatten Tage, die unsere Erwartungen übertroffen haben.“ Teilweise musste sogar ein Buchungsstopp verhängt werden. Sonst wäre die Halle zu voll geworden. Aufgrund der Corona-Auflagen dürfen seit der Wiedereröffnung Ende Juni aber nur 300 statt früher bis zu 800 Besucher zeitgleich hinein. Ein kostendeckender Betrieb sei damit nicht möglich, hatte Rabatzz-Gründer Achim Landvogt im Juni gesagt: „Wir machen nur weniger Verlust.“

Im Vergleich zum Vorjahr halte sich der Besucherrückgang noch „im Rahmen“, sagt Müller. Besonders wenn es heiß ist – so wie derzeit – rennen die Besucher naturgemäß dem Indoor-Spielplatz nicht die Türen ein. Generell seien die Menschen aber bereit, Geld auszugeben, zum Beispiel bei Geburtstagsfeiern. Fast alle Mitarbeiter seien aus der Kurzarbeit zurückgeholt worden, sagt Müller: „Fürs Erste ist die Wiedereröffnung geglückt.“ Für den Rest des Jahres sei sie vorsichtig optimistisch – auch wenn die reduzierten Kapazitäten erst im Winter voll durchschlagen werden.

Langsamer Neustart bei Sprungraum

Profitiert in Corona-Zeiten der Freizeitspaß im Freien? „Die Leute kommen und freuen sich, dass sie nicht mit Maske ins Feld müssen“, sagt Karsten Eggert. Der 51-Jährige betreibt in Jersbek (bei Bargteheide) ein Maislabyrinth. Seit dem 25. Juli und noch bis zum 27. September können sich Jung und Alt auf den sechs Kilometer langen Irrgarten-Wegen verlaufen. 400 Besucher habe er bisher an seinen besten Tagen gezählt. „Es läuft gut, ein bisschen besser als in den vergangenen Jahren“, sagt Eggert. Auch im Gastronomiebereich würden die Leute verweilen. Einen Ansturm auf Rekordniveau gebe es an der Hotline. Die Menschen wollten wissen, ob das Labyrinth aufhabe. Die Verunsicherung bei ihnen sei sehr hoch.

Coronavirus – die Fotos zur Krise

Diese Erfahrung machte man auch bei Sprungraum. Ab Mitte Mai eröffnete der Jump-House-Konkurrent seine bundesweit vier Trampolinhallen nach und nach wieder. Doch zunächst sei es sehr langsam angelaufen, sagt Gründerin und Geschäftsführerin Nadira Stahl-Essberger. Der Juni sei „grauenhaft“ gewesen. Über 40 Gäste pro Tag war sie froh. Normalerweise füllen die Hallen dann Schüler, die vor den Sommerferien die Klassenkasse leeren. Das blieb aus – ein enormer Umsatzausfall, der zu der langen Schließzeit in der Corona-Krise seit März noch erschwerend hinzukam. „Insgesamt liegt der Schaden an allen Standorten zusammen im deutlich siebenstelligen Bereich“, sagt Ehemann Helge Stahl, der ebenfalls Geschäftsführer des Hamburger Unternehmens mit einer Halle in Wandsbek ist.

Beim Jump House ist Optimismus wieder eingekehrt

Doch langsam ginge es aufwärts. „Von Woche zu Woche wurden es mehr Gäste“, sagt Stahl-Essberger. Der Juli sei vom Umsatz identisch mit dem Vorjahresmonat gewesen und sorgte für zufriedene Gesichter. Zwei Gründe nennt sie dafür: Es seien weniger Bundesbürger verreist – und das Wetter. Der August mit dem Schulstart sei traditionell schwach. Die Hitzeperiode kommt dieses Jahr noch obendrauf. Für den Rest des Jahres gibt es aber Hoffnung. „Wir sind eigentlich optimistisch ab Oktober, falls nichts Dramatisches mehr passiert“, sagt Stahl. Die große Angst ist ein weiteres starkes Ansteigen der Infektionen, was zu einem erneuten Lockdown führen würde. Generell seien die Rückmeldungen der Kunden – auch zu den Hygienemaßnahmen – aber positiv. Das nährt die Zuversicht des Ehepaars.

Lesen Sie auch:

Optimismus ist auch beim Jump House wieder eingekehrt. Dazu habe neben dem Feedback der Gäste die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Wochen beigetragen, sagen die Gründer Ahmadi und Walz: „Wir haben uns nun sogar entschlossen, demnächst an unserem Standort in Stellingen eine kleinere Re-Investition in neue Attraktionen zu tätigen.“ Um was es sich genau handelt, wollen die beiden Gewinner des Hamburger Gründerpreises 2016 nicht verraten. In Corona-Zeiten sind die Pläne aber deutlich geschrumpft. Eigentlich war ein größerer Umbau der Halle an der Kieler Straße geplant. Durch die Krise sei das Vorhaben komplett auf Eis gelegt gewesen, sagen Ahmadi und Walz: „Nun sind wir aber optimistisch, zumindest einen Teil der Pläne nach Möglichkeit noch dieses Jahr umsetzen zu können.“