Hamburg. Exklusiv: Der Corona-Shutdown könnte laut einer Studie von CrifBürgel schlimmere Folgen als die Finanzkrise haben.

Die Auswirkungen der Coronakrise auf die deutsche Wirtschaft werden mindestens so gravierend sein wie die der Weltfinanzkrise in den Jahren 2008 und 2009. Diese Einschätzung wird mittlerweile von den meisten Wirtschaftsexperten geteilt. Und nicht wenige gehen schon weiter. Die aktuelle Krise sei „weit existenzieller“ als die vor zwölf Jahren, weil viel mehr Unternehmen, Beschäftigte und Selbstständige betroffen seien, warnte der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) bereits vor Wochen. Die Auswirkungen würden diejenigen im Jahr 2008 noch übertreffen.

Diese Einschätzung wird jetzt von einer Prognose über die Entwicklung von Firmeninsolvenzen gestützt, die der Hamburger Wirtschaftsinformationsdienst CrifBürgel exklusiv für das Abendblatt erstellt hat. Demnach könnte bundesweit die Zahl der Unternehmenspleiten 2020 gegenüber dem Vorjahr um fast 55 Prozent nach oben schießen – von zuletzt 19.005 auf knapp 29.400 (2008: 30.400).

Warnung des Gastroverbands Dehoga

Dazu würde es nach Ansicht der Bonitätsprüfer kommen, wenn sich die beiden Krisen in vergleichbarem Umfang auswirken. Der Gastroverband Dehoga jedoch hatte jüngst gewarnt, bundesweit drohe allein 70.000 Restaurants und Hotels in der Coronakrise die Insolvenz.

In der Hansestadt wären die Auswirkungen nicht ganz so dramatisch, aber immer noch drastisch. „Es könnte einen Zuwachs um knapp 40 Prozent gegenüber 2019 geben“, sagt Studienautor Oliver Ollrogge. Demnach würden gut 940 Firmen in die Zahlungsunfähigkeit rutschen und damit sogar mehr als 2008 (904). 2019 hatte CrifBürgel gut 670 solcher Insolvenzen gezählt.

Anstieg der Insolvenzen erwartet

Bislang kann von einer Pleitewelle zwar keine Rede sein, die Zahl der Bekanntmachungen des Hamburger Insolvenzgerichts ist fast konstant. Doch das kommt für die Bonitätsprüfer nicht überraschend: „Wir erwarten einen Anstieg der Insolvenzen vor allem im zweiten Halbjahr“, sagt CrifBürgel-Deutschlandchefin Ingrid Riehl. Neben Restaurants und Hotels werde auch die Messebaubranche stark betroffen sein.

Ingrid Riehl, Geschäftsführerin von CrifBürgel
Ingrid Riehl, Geschäftsführerin von CrifBürgel © Michael Rauhe | Michael Rauhe

Überraschend sei es nicht, dass viele Unternehmen bereits nach vier Wochen mit geringem oder ganz ohne Umsatz in Existenznöte geraten, so Ollrogge. Während des Wirtschaftswachstums der vergangenen zehn Jahre hätten viele Unternehmen mit schwachen Geschäftsmodellen überlebt, die nun keine Rücklagen haben. Ein Abflachen der Kurve ist nicht zu erwarten. „Für 2021 gehen wir von weiter steigenden Insolvenzen aus“, sagt CrifBürgel-Chefin Ingrid Riehl.

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