Hamburg. Trotz der Corona-Krise startet Schmidt & Schmidtchen den Betrieb dreier neuer Cafés. Das sind die besonderen Standorte.
Falk Hocquél greift nach den Sternen. Zumindest im übertragenen Sinn. Der Chef der Konditorei- und Bäckereikette Schmidt & Schmidtchen zieht mit seinem neuesten Standort ins Planetarium. „Eigentlich wollten wir Anfang April eröffnen“, sagt der Gastronom. Die Corona-Pandemie machte ihm einen Strich durch die Rechnung. In den vergangenen Wochen gab es immerhin schon einen Außer-Haus-Verkauf. Der reguläre Betrieb startet am Mittwoch zusammen mit der Wiedereröffnung des Planetariums nach der Corona-Schließung.
Die Hamburger Café-Kette löst den vorherigen Betreiber ab, der Insolvenz angemeldet hatte. Im Erdgeschoss des denkmalgeschützten Gebäudes gibt es jetzt das bekannte Schmidtchen-Sortiment mit Kaffee, Kuchen, Törtchen und Snacks. 80 Plätze sind in dem umgestalteten Raum und weitere 100 auf der Terrasse zum Stadtpark vorgesehen. Aktuell sind es wegen der Hygieneauflagen und Abstandsregel deutlich weniger.
Für Inhaber Hocquél ist der Start im Planetarium die dritte Neueröffnung in fünf Wochen. „Alle waren lang geplant, aber die Termine haben sich wegen Corona deutlich verschoben“, sagt der 50-Jährige. Seit Ende Mai statt wie geplant seit März läuft der Betrieb im Schmidtchen City am Bleichenfleet in der Einkaufspassage Galleria. Auch in der Zentralbibliothek im Hühnerposten gibt es jetzt eine Schmidtchen-Dependance. Im komplett umgestalteten Erdgeschoss hat die Cafeteria geöffnet.
Unternehmen setzt den Expansionskurs fort
Ein Café mit zunächst 80 Plätzen soll Mitte August folgen. Damit setzt das Unternehmen mit einem Jahresumsatz von fünf Millionen Euro den Expansionskurs fort. Schon im vergangenen Sommer war der Firmensitz mit deutlich größerer Backstube und Konditorei auf das Gelände des Fleischgroßmarkts gezogen. Einzige Delle in der Erfolgsbilanz: die Schließungen der Cafés in Ahrensburg 2019 und im April 2020 in der HafenCity. Aktuell gibt es 15 Schmidt & Schmidtchen in Hamburg, darunter sechs Cafés in öffentlichen Einrichtungen wie dem Altonaer Museum, dem Jenischhaus oder im Dialog-Haus in der Speicherstadt.
„Für mich ist es eine Mission, an diesen Orten ein hochwertiges Café anzubieten“, sagt Hocquél. Das hat mit seiner Geschichte zu tun. Der gebürtige Leipziger kommt aus der Kulturszene, hat als Schauspieler und Regisseur gearbeitet und später mit der Pony Bar auf dem Uni-Campus, dem Kulturhaus 73 auf der Schanze oder der Astra Stube an der Sternbrücke die ersten Gastro-Projekte erfolgreich umgesetzt. Vor sechs Jahren war er in den heutigen Betrieb, der seine Wurzeln im Othmarschener Traditionscafé Schmidt hat, eingestiegen und hatte ihn kurz darauf komplett übernommen.
Gäste legen Wert auf Handwerk, Nachhaltigkeit und Regionalität
Gerade die Gäste in Museen, Theatern und anderen Kulturorten legten Wert auf Handwerk, Nachhaltigkeit und Regionalität. „Das passt perfekt zu unserem Konzept“, sagt der Unternehmer, der sich als Mittler zwischen Kulturschaffenden und Gastro-Branche sieht. Die Zusammenarbeit nennt er eine „Win-win-Situation“. So seien etwa im Altonaer Museum die Besucherzahlen gestiegen, nachdem Schmidt & Schmidtchen das Café 2017 übernommen hatte. „Das wünschen wir uns auch für die Zentralbibliothek und das Planetarium.“
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Dass das in Zeiten von Corona-Beschränkungen kein Selbstgänger ist, hat der erfolgsverwöhnte Schmidt-und-Schmidtchen-Inhaber in den vergangenen Monaten gespürt. „Wir hatten nie ganz geschlossen, aber wir haben deutlich weniger verkauft“, sagt er. Neben Brot und Backwaren, die auch in der harten Shutdown-Phase in neun Cafés erhältlich waren, hatten er und sein Team das Sortiment sogar noch um andere Grundnahrungsmittel wie Milch, Eier und Äpfel erweitert und dem Ganzen einen griffigen Namen gegeben: Tante Schmidtchen. Vor allem Stammkunden seien gekommen, sagt Hocquél. „Trotzdem liegen die Umsatzverluste durch Corona im sechsstelligen Bereich.“ Und auch seit alle Cafés wieder öffnen dürfen, ist der Betrieb noch weit von der Normalität entfernt. „Wir machen ein Drittel weniger Umsatz.“
Eine wichtige Hilfe war das Kurzarbeitergeld
Dennoch sieht er optimistisch in die Zukunft. „Das Unternehmen ist bislang gut durch die Krise gekommen“, sagt Hocquél. Im April hatte die Hamburger Soforthilfe in Höhe von 30.000 Euro zumindest die Hälfte der Kosten für Mieten und Nebenkosten gedeckt. In der Folge konnte er mit den Vermietern je nach Standort Lösungen aushandeln. Eine weitere wichtige Hilfe war das Kurzarbeitergeld. Zeitweilig war die Hälfte der 150 Mitarbeiter mit unterschiedlichen Zeitbudgets in Kurzarbeit.
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Auch jetzt ist an einigen Standorten noch weniger Personal im Einsatz. Die Cafés im Dialoghaus in der Speicherstadt und im Altonaer Theater sind weiterhin geschlossen. „Ich weiß, dass sich die Erwartungshaltung bei den Kunden zunehmend normalisiert. Aber der Betrieb muss sich auch rechnen“, sagt der Geschäftsmann. Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen verringerten den Umsatz – und kosteten zudem Geld. „Egal, wie des jetzt weitergeht, wir werden überleben.“
Lerneffekt in der Corona-Krise
Der Unternehmer sieht in der Krise auch einen Lerneffekt. „Wir hatten eine lange Zeit, in der nie etwas schiefgegangen ist“, sagt er. „Die aktuelle Situation ist für uns als expansives Unternehmen auch extrem lehrreich.“ Trotzdem hat Hocquél, der in den vergangenen Monaten in der Hälfte der Woche zusätzlich zum Job seine beiden Töchter während der Schulschließungen zu Hause hatte, einige Projekte in der Planung. So läuft gerade die Umstellung und Zertifizierung der Backstube auf Bioland-Qualität.
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Zudem war gerade die Grundsteinlegung für das Körber-Haus in Bergedorf, in dem ebenfalls ein Schmidt & Schmidtchen einziehen soll. Und auch das Langzeitprojekt im historischen Gewächshaus im Jenischpark hat eine entscheidende Hürde genommen. Die Baugenehmigung des Bezirks Altona liegt seit Januar vor. „Wir machen jetzt die Ausschreibungen für die Gewerke und wollen spätestens 2021 anfangen zu bauen“, sagt Falk Hocquél.
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Für die Zukunft sieht er noch Potenzial für sein Konzept. Auch die Innenstadt brauche angesichts der Krise im Einzelhandel zusätzliche Anziehungspunkte, sagt der Mann, der sich als Problemlöser bezeichnet. Warum also nicht ein Schmidt & Schmidtchen am Jungfernstieg oder auf dem Rathausmarkt.
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- Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
- Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
- Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
- Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
- Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden