Hamburg. A380-Maschinen befinden sich schon an der Endmontage. Trotzdem soll die Fluggesellschaft die Abbestellung vorbereiten – so Insider.

Emirates ist traditionell der größte Befürworter des A380 unter den Fluglinien. Schließlich verdanken die Scheichs aus Dubai dem Riesen-Airbus ihren Aufstieg zum internationalen Drehkreuz der Luftfahrt. Doch nach der Corona-Krise wird nichts mehr so sein wie vorher.

„Wir wissen, dass die Zeit des A380 vorbei ist“, sagte Emirates-Präsident Tim Clark Anfang Mai der Zeitung „The National“ aus Abu Dhabi. 115 Exem­plare des größten Passagierflugzeugs der Welt hat die arabische Fluglinie in ihrer Flotte, acht weitere stehen noch in den Auftragsbüchern bei Airbus – womöglich werden sie aber gar nicht mehr ausgeliefert.

Emirates wird die letzten fünf A380 wohl nicht mehr abnehmen

Emirates wolle die letzten fünf Flieger nicht mehr abnehmen und bereite eine Abbestellung vor, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider. Die anderen drei Maschinen sollen laut Planespottern schon fertig gebaut sein und bis März 2021 an Emirates übergeben werden.

Für die anderen Jets sollen nach Abendblatt-Informationen alle Teile fertig produziert sein. Schließlich dauert die Bauzeit vom ersten bis zum letzten Arbeitsschritt etwa zwei Jahre. Alle Komponenten befinden sich dem Vernehmen nach an der Endmontagelinie in Toulouse, wo aus den insgesamt rund vier Millionen Einzelteilen ein Flugzeug entsteht.

Bei Emirates hält man sich zu dem Bericht bedeckt. „Wir stehen mit Airbus weiterhin im regelmäßigen Austausch über unsere Flottenanforderungen“, sagte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage und ergänzte, dass man sich zum Inhalt der Gespräche nicht äußere. Bei Airbus heißt es offiziell nur: „Wir sind aktuell in Gesprächen mit allen unseren Kunden, um einvernehmliche Lösungen zu finden. Aber die kommentieren wir nicht“, sagte Sprecher Stefan Schaffrath.

Passagierrückgang – A380 rechnet sich nicht mehr

Klare Dementis klingen anders. Angesichts der Lage der Branche wäre ein vorzeitiges Aus für den A380 auch keine Überraschung. Der Flugverkehr ist weltweit durch die Pandemie nahezu zum Erliegen gekommen. Zwar werden langsam Maschinen zurück in den Betrieb gebracht, und Airlines kündigen an, ab Juni wieder mehr Flüge anzubieten. Aber bis das Vorkrisenniveau erreicht ist, dürfte es dauern. Mindestens für die nächsten zwei Jahre werde der Bedarf nach Flugreisen niedriger sein als vor der Krise, und zwar um 20 bis 30 Prozent, sagte Clark.

Das erhöht den Druck auf den A380. Wie viele der Maschinen künftig fliegen werden, ist offen. Einige Insider gehen davon aus, dass Emirates nur noch 69 A380 einsetzen möchte. Andere Quellen sprechen sogar von nur 20 Fliegern. Bei geringer Auslastung rechnet sich der Einsatz des viermotorigen Schwergewichts für rund 500 Passagiere nicht. Kleinere Maschinen dürften zum Einsatz kommen, bei Emirates also Boeings 777.

Emirates und Airbus schacherten jahrelang um Auftrag

In der Zukunft könnte das auch eine Airbus-Maschine sein. Im November gab Emirates bekannt, 50 Exemplare des Großraumjets A350 zu bestellen. Dem Auftrag war ein jahrelanges Geschacher vorausgegangen. Airbus drängte auf eine Neubestellung seines Hauptkunden, um das A380-Programm fortzuführen. Eine bereits angesetzte Pressekonferenz ließ Emirates kurz vor der Unterzeichnung platzen und bestellte stattdessen bei Boeing – ein Affront für das Airbus-Management.

Anfang 2018 orderte Emirates den A380 dann doch 20-mal. Der A380 galt als gerettet. Bis ein Jahr später beide Seiten die Stornierung der Bestellung und die Einstellung der A380-Produktion für 2021 bekannt gaben. Emirates bestellte stattdessen zunächst 30 A350 und 40 A330neo. Neun Monate später war plötzlich von 50 A350 die Rede, dafür vom A330neo gar nicht mehr.

Emirates drohen hohe Vertragsstrafen

Das Hickhack zeigt, wie kompliziert die Gespräche zwischen den beiden sein dürften. Letztlich geht es wohl ums liebe Geld. Während des Baus von Flugzeugen zahlen Airlines immer wieder Teilsummen des Kaufpreises. Die Hauptzahlung erfolgt bei der Auslieferung des Jets. Emirates möchte diese offenbar vermeiden. Das Problem: Die Airline aus Dubai muss sich mit Airbus einigen. Gibt es keinen Kompromiss, drohen Emirates laut Bloomberg Vertragsstrafen von 70 Millionen Dollar – pro Maschine.